41. Die ganze Wahrheit

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Nachdem mir Nate nach meiner ersten Vorlesung quasi im Gang aufgelauert und sich partout nicht abschütteln lassen hatte, sah ich mich genötigt mich von ihm zum Treffen mit Quinn chauffieren zu lassen. Nun saßen wir also in seinem Auto und waren auf dem Weg zu dem Treffen mit Quinn, welches ich in meine montäglichen Freistunden gelegt hatte. Es sollte im Black Coffee stattfinden. Was ich dabei nicht bedacht hatte, war mein Exfreund ‚Josh', der in diesem Café kellnerte und dem ich das letzte Mal auf eben diese Weise nach Jahren des Kontaktverlusts wieder über den Weg gelaufen war. Die Wahrscheinlichkeit ihn dort wieder anzutreffen war demnach ziemlich hoch. Ich hoffte inständig, er würde heute nicht arbeiten. Schließlich war es seit unserem letzten Treffen ohnehin schon unangenehm genug. Dass ich ausgerechnet mit Nate dort auftauchen würde, würde die Sache sicherlich nicht angenehmer machen und ich würde sicherlich implodierten.

Gut, das war vielleicht etwas überdramatisch. Doch angenehm wäre es unter keinen Umständen.

In einer schmalen, gepflasterten Straße vor dem Eingang des Black Coffees parkte Nate seinen Wagen.

Angespannt fuhren meine Hände über den Stoff meiner Jeans.

Wer wusste schon, was Quinn mir gleich erzählen würde. Oder ob sie mir überhaupt etwas sagen würde und nicht gleich wütend aus dem Raum stürmte, sobald sie erfuhr weshalb ich mich wirklich mit ihr traf.
Mal ganz davon abgesehen, dass noch immer die Möglichkeit bestand, dass sie es sich anders überlegt hatte und gar nicht erst auftauchte. Kein Wunder, dass mir mein Herz bis zum Hals schlug und ich gehörig nervös war.

Den ganzen Morgen war ich in meinem Kopf mögliche Formulierungen durchgegangen, mit denen ich ihr den ganzen Sachverhalt angemessen nachdrücklich erläutern könnte, um sie auf unserer Seite zu ziehen. Dabei würde ich in dem Moment vermutlich ohnehin etwas vollkommen anderes sagen, falls ich etwas herausbekam.

Ich atmete noch ein Mal kräftig durch, ehe ich nervös meine Tasche schnappte, einen letzten unsicheren Blick zu Nate auf der Fahrerseite warf und die Beifahrertür aufstieß, um ins Freie zu treten.

Gerade als ich die Tür hinter mir schließen wollte, sah ich wie Nate ebenfalls aus dem Wagen gestiegen war.

„Eh, was machst du da?", irritiert hob ich eine Augenbrauen und schmiss die Tür zu.

„Ich komme mit.", er schloss die Tür ebenfalls und verschloss sein Auto: „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dich allein da rein gehen lasse.", selbstverständlich zog Nate ebenfalls eine Augenbraue nach oben.

„Ich schaffe das schon.", wehrte ich seinen Beschützerinstinkt ab: „Außerdem habe ich Quinn angerufen. Alleine. Da sollte ich auch alleine auftauchen und nicht mit einem Typen, so dass ich in einer einschüchternden Überzahl bin."

Ich stützte mich wenig begeistert mit den Händen auf der Motorhaube seines schwarzen Wagens ab, um zu Nate sehen zu können.

Er mimte meine Bewegung demonstrativ nach: „Dann bin ich eben dein Trainer. Oder irgendjemand anderes, der dich nun mal nicht allein zu einem Treffen mit einer völlig fremden Person gehen lässt."

Tief ausatmend fuhr ich mir durch meine offenen, welligen Haare. Bis ich mich brummend geschlagen gab. Nate würde ohnehin nicht locker lassen: „Na schön, wenn es sein muss."

„Geht doch!", grinste Nate merklich zufrieden, was mich nur dazu brachte ihm einen mörderischen Blick zuzuwerfen, der sein siegreiches Grinsen ersterben lassen sollte. Tat er nicht.

Wie auch?
Sein Grinsen war stärker mit ihm verankert, als sonst irgendwas. Es ließ sich wirklich nur in den seltensten Fällen erschüttern.

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