23. Herzensbrecherin

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Nach der kleinen Auseinandersetzung mit Nate hatte ich mich wieder beruhigt und zu Josh gesetzt. Wenig später brachte uns der Blondschopf kommentarlos unser bestelltes Essen. Er warf mir nichtmal einen seiner vielsagenden, schelmischen Blicke zu.

Vielleicht hatte er es wirklich endlich verstanden?
Die Hoffnung stirbt immerhin zu letzt.

Wir waren gerade auf dem Heimweg. Es war bereits stockduster. Der Fußweg wurde dürftig von den gelblichen Straßenlaternen ausgeleuchtet. Aus diesem Grund hatte Josh darauf bestanden mich bis vor die Tür zu begleiten.

Also liefen wir schweigend nebeneinander durch die frische Luft der ruhigen Nacht.

Auch wenn ich mich den restlichen Abend des Essens endlich auf Josh konzentrieren konnte, war mir eine entscheidende Äußerung von Nate im Kopf hängen geblieben. Ich stellte mir ernsthaft die Frage, ob dieser Abend für ihn vielleicht doch mehr als ein Treffen unter alten Freunden war?

Bis zu Nates Äußerung hatte ich den Grund unserer Verabredung nicht ein Mal in Frage gestellt, da ich so überzeugt war, dass die Sache zwischen uns sowohl für Josh als auch für mich glasklar war und der Vergangenheit angehörte. Eine erneute Beziehung mit Josh stand für mich nie auch nur zur Debatte.

Ich hasste Nate dafür, dass er mir diesen Gedanken in den Kopf gesetzt hatte. Dieser Idiot hatte es geschafft, dass ich an nichts anderes mehr denken konnte.

Josh lief neben mir über den Fußgängerweg. Der Kies unter unseren Füßen knirschte leise und die gelben Straßenlaternen erleuchteten sein helles Gesicht, auf dem die dunkeln Wimpern deutlich zum Vorschein kamen. Als hätte er geahnt, dass ich zu ihm sah drehte er seinen Kopf zu mir, um mir sein vertraut freundliches Lächeln zuzuwerfen. Woraufhin ich mir ebenfalls ein Lächeln aufzwang, bevor ich mich wieder meinen eigenen Gedanken widmete.

Umso mehr ich über unsere Situation nachdachte, umso mehr stellte sich die Frage: War der Abend für Josh vielleicht wirklich eine Art Date?

Zumindest, sah man sich die Fakten an, deutete alles darauf hin. Seit dem Wochenende hatte er mir wirklich jeden Tag geschrieben und sich nach meinem Wohlbefinden erkundigt. Er wollte mich heute unbedingt in ein italienisches Restaurant einladen, bestand wehement darauf zu bezahlen und hatte sich wirklich etwas mehr herausgeputzt als er es sonst tat. Zu allem Überfluss hatte er mir vorhin, als wir aus dem Restaurant gekommen waren und mich die kühle Luft erschaudert überrascht hatte, auch noch seine Jacke angeboten. Die ich natürlich dankend abgelehnt hatte.

Gott, bitte lass ihn das nicht als Date verstanden haben.

„Da wären wir.", durchbrach Josh die Stille.

Wir waren vor dem Studentenwohnheim angekommen. Er stellte sich vor mich hin und rieb seine Handflächen nervös aufeinander.

Unbeholfen sah ich am Wohnheim hinauf. In einigen Fenstern brannte noch Licht.

„Jap, da wären wir."

„Es war wirklich ein schöner Abend, Lou. Es tut wirklich gut dich wieder in meiner Nähe zu haben.", zögerlich sah er zu mir.

Selbst das deutete darauf hin, dass dieses Treffen für Josh sehr wohl ein romantisches Date gewesen ist. „Ja, es war angenehm. Danke für deine Einladung.", nervös schwirrten meine Pupillen hin und her. Sollte ich es ansprechen?

Ich war unfassbar schlecht darin Herzen zu brechen. Vor allem von einer so liebenswerten Person wie Josh es war. Einer Person, die ich kenne und mir einmal die Welt bedeutet hatte. Aber eben das ist der Punkt: Er hatte mir die Welt bedeutet.

Ich sollte es ansprechen. Im besten Fall sah er das ja ebenso als freundschaftliches Treffen und mein Gewissen wäre wesentlich ruhiger. Oder ich machte mich mit dem Gedanken selbst lächerlich. Schlimmstenfalls, wenn es noch Hoffnung hätte, müsste ich ihm diese wohl oder übel nehmen. Immerhin wäre ich dann ehrlich gewesen, was Josh die Chance geben würde damit abzuschließen und nach vorn zu sehen.

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