33. Undercover Plan

10.7K 259 10
                                    

Ich griff mir den einzigen Topf, den diese Wohnung zu bieten hatte. Diesen füllte ich mit heißem Wasser. Anschließend stellte ich ihn auf den Herd. Darauf beugte ich mich erneut nach unten und kramte in dem chaotischen Küchenschrank nach der Packung Nudeln, die sich, laut meiner Erinnerung, noch in den Tiefen des Schrankes befinden sollte.
Und tatsächlich, in der hintersten Ecke fiel sie mir in die Finger. Triumphierend zog ich die Packung Penne heraus und knallte sie ersteinmal auf den Esstisch. Bis das Wasser kochen würde, würde es noch eine Weile dauern.

Erschöpft band ich meine Haare zu einem unordentlichen Zopf zusammen, indessen ich meine Playlist auf dem Laptop durchstöberte. Irgendwie schien mich kein Song so richtig zufrieden zu stellen.

Heatwaves' ließ ich schließlich laufen. Hauptsächlich aus dem Grund, dass ich keine Lust mehr hatte, nach einem Song zu suchen.

Ich war bereits seit einigen Stunden zurück im Studentenwohnheim. Nate und ich hatten uns heute morgen direkt nach dem Aufstehen ans Packen gemacht und waren gegen elf Uhr in Bakersfield losgefahren.

Nachdenklich lehnte ich an dem Tresen der Küche und starrte auf den Fußboden.

Meine Gedanken schweiften automatisch zu letzter Nacht, wie eigentlich schon den gesamten Tag. Zurück zu dem unheimlich magischen Kuss von Nate und mir. Zu dem intimen Moment. Zu der Nacht, die ich mit ihm auf der Matratze neben meinem Bett verbracht hatte. In seinen Armen.

Gott, meine Mom hatte ernsthaft recht behalten: Ich hatte Gefühle für Nate. Und zwar nicht nur solche Kindergarten-verknallt-Gefühle. Nein — ich war richtig verliebt in ihn. So sehr, dass ich den ganzen Tag an nichts anderes als ihn denken konnte.
Beziehungsweise an uns.

Mit den Glücksgefühlen, kamen allerdings auch die Zweifel. Umso mehr ich darüber nachdachte, umso chaotischer fühlten sich meine Gedanken an. Zwar hatte er den Kuss gestern erwidert. Doch heute morgen hatten wir kein Wort darüber verloren. Unsere ganze Interaktion hatte sich angefühlt, als wäre nie etwas dergleichen passiert, was mich langsam aber sicher etwas stutzig machte.

Klar, wir hatten gesprochen, gelacht und saßen immerhin sechs Stunden gemeinsam in einem Auto. Doch der Kuss kam nicht eine Sekunde zur Sprache. Nate hatte so getan, als wäre das nie passiert, so dass ich nach kurzer Irritation einfach versucht hatte nicht zu enttäuscht oder anhänglich zu wirken. Ich wollte mir einfach nicht anmerken lassen, wie bedeutsam dieser Kuss für mich war. Zumindest nicht, solang ich nicht selbst sicher war, was Nate fühlte.

Nate war, trotz dessen, dass wir uns mittlerweile ziemlich gut kannten, jemand, dessen Gefühle ich nicht wirklich einschätzen konnte. Oft wirkte er unheimlich widersprüchlich. In einem Moment war er gleichgültig, im anderen unheimlich niedlich einfach nur unfassbar sarkastisch. Ich wollte mich vor ihm nicht zum Affen machen, indem ich einem Kuss derart viel Bedeutung beimaß. Eine ähnliche Situation hatte ich nach unserem ersten Sex, den ich in der Mensa angesprochen hatte, verursacht. Woraufhin er ein ziemlicher Arsch war. Noch mal konnte ich auf so etwas verzichten. Diesmal würde es mich nämlich wesentlich mehr verletzen.

Eventuell —und das war bezüglich seines Frauenverschleißes nicht abwegig— war dieser Kuss für ihn ja nur ein stinknormaler Kuss oder gar ein Fehler. Immerhin hatte ich schon mitbekommen, dass er nicht gerade der Typ für eine feste Beziehung war.
Ich hatte die Worte Beziehung und Nate noch nie in einem Kontext gehört. Nichtmal von Drew. Vielleicht reichte das, was wir hatten, überhaupt nicht für eine Beziehung aus.

Auch wenn sich mein Inneres deutlich dagegen aussprach, denn mein Herz schlug bei dem Gedanken an eine Beziehung mit Nate drei Mal schneller.

Irgendwann während der Rückfahrt hatte ich beschlossen, solang die Klappe zu halten, bis ich wusste worauf das mit Nate hinauslief. Ein kleiner Teil meines Gehirns kam auf den absurden Gedanken, dass das Herzrasen und Kribbeln in seiner Nähe nicht real werden würde, ehe ich es nicht laut aussprach. Was natürlich völliger Schwachsinn ist. Ein paar Worte würden mich sicherlich nicht anders fühlen lassen.

AttractionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt