Kapitel 17

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»Was hat sie hier verloren?«, rief Fynn außer sich, als Marlon mit Hannah zurück an den Waldrand kam.

Diese schaute sich kurz verwirrt um, woher die Stimme kam und als sie den Igel bemerkte, der sie mit bösem Blick musterte, kreischte sie auf. Sie versteckte sich hinter Marlon und lugte vorsichtig hinter seiner Schulter hervor. »Das Vieh kann reden?« Ihre Stimmlage war eine Oktave höher als gewöhnlich.

Marlon sah seinen Freund strafend an. Nur weil er Olaf von dessen Fähigkeit erzählt hatte, brauchte er nicht gleich drauf los plappern, sobald ihm jemand begegnete. Hannah hatte er schließlich noch nicht eingeweiht.

»Darf ich vorstellen? Das ist Fynn. Ein sprechender Igel und von Zeit zu Zeit mein bester Freund«, er deutete mit flacher Hand auf das grimmige Tier und gab dem mit einem Blick zu verstehen, dass er sich benehmen sollte. Er streichelte beruhigend Hannahs Hand und sie traute sich nur langsam wieder hervor.

Sie begutachtete den Igel weiterhin misstrauisch, dennoch schien sie schnell damit klarzukommen, dass auch er ihren Weg begleitete. Zwar zuckte sie jedes Mal zusammen, sobald er etwas sagte, und blickte stets skeptisch zu ihm herab, aber sie ließ es über sich ergehen.

Marlon war sicher, wenn sie sich erst einmal kannten, gab es keinerlei Probleme mehr. Sie brauchten sich bloß darauf einzulassen.

Schon auf dem Weg sammelte er die Kräuter für Andalie ein.

»Wofür ist das?«, fragte Hannah und ignorierte dabei Fynn, der gerade erklärte, wo sie am besten nach dem Nebelkraut suchen sollten.

»Du wirst es sehen«, grinste Marlon und suchte zwischen den Bäumen nach der widerwärtig schmeckenden Blüte.

»Du willst sie wirklich hinbringen?«, zischte Fynn gereizt und schaute zuerst ihn, dann wieder Hannah an. »Findest du das nicht ziemlich leichtfertig?«

»Ich weiß, was ich tue«, behauptete er nur und stieg über etliche Wurzeln, um an das Nebelkraut zu kommen. Am selben Baum fand er die gelben Maden.

»Igitt, willst du das etwa mitnehmen?«, quietschte Hannah und machte einen Satz zurück, als Marlon mit dem Vieh zu ihr kam.

»Das ist ein Merithid, die sind vollkommen harmlos.« Er grinste ihr aufmunternd zu und auch sie rang sich zu einem schwachen Lächeln.

»Zumindest so lange, bis sie sich entpuppt haben. Dann ist ihr Speichel ätzend bis hin zu tödlich«, gab Fynn zu bedenken und freute sich daran, dass Hannah das Gesicht erschrocken verzog.

»Es sind einfach alle Insekten widerlich«, seufzte sie und ging einen Schritt von Marlon entfernt weiter. »Außer Schmetterlinge.«

»Keine Sorge, du wirst heute genügend Schmetterlinge sehen«, lachte Marlon und führte sie durch den Wald.

Sie waren eine Weile unterwegs, bis er feststellte, dass er gar nicht mehr genau wusste, wie sie die letzten Male zum Tal gekommen waren. Es war immer einfach passiert.

Hannah wurde zunehmend ungeduldiger, aber Fynn grinste die ganze Zeit über breit. Es schien ihn richtig zu freuen, dass sie das Tal nicht mehr fanden. Je tiefer sie in den Wald hinein gingen, umso verzweifelter wurde Marlon. Es musste doch hier irgendwo sein.

»Was willst du mir nun zeigen?«, jammerte Hannah und stieg dabei unbeholfen über hervorstehende Wurzeln und wich den Büschen, deren Zweige ihr in den Weg hingen, angewidert aus.

»Wirst du schon sehen«, sagte Marlon nur und sah sich nach den Schmetterlingen um, die ihm sonst den Weg gezeigt hatten. Tatsächlich fand er welche und schritt genervt auf sie zu.

Der GezeichneteWhere stories live. Discover now