22 - Mütter...

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Als ich nach Hause kam und in die Küche sah, saß Mama dort und starrte mich an. Vor ihr stand eine angeschlagene Tasse, die dem Geruch zufolge mit Kaffee gefüllt war.

„Du triffst dich also mit seinen Eltern", platzte es aus ihr heraus und ich konnte spüren, dass sie schon seit Stunden darauf wartete, dass ich endlich nach Hause kam und sie mich damit konfrontieren konnte.

Sie sah mich fordernd an und wollte eine Antwort. Diese steckte jedoch in Form eines dicken Kloßes in meinem Hals.

„Woher weißt du es?"

Natürlich wusste ich, wer ihr das zugesteckt hatte, aber ich wollte es aus ihrem Mund hören.

„Hendrik hat es mir erzählt."

„Hat er dir auch erzählt, dass er dort arbeitet?", ließ ich nun die Petze aus mir heraushängen.

Mama schüttelte abwertend Kopf und schien es wohl nicht wertzuschätzen, dass ich meinem Bruder in den Rücken fiel.
„Ja, das hat er, aber das tut hier nichts zur Sache. Vielmehr interessiert mich, warum du mit den Eltern von deinem Freund Zeit verbringst, du ihn aber von mir fernhältst. Schämst du dich für mich?"

Ich sah echte Zweifel in den Augen, was mir unglaublich Leid tat. Das hatte nichts mit Scham zu tun.

„Nein, natürlich schäme ich mich nicht für dich."

„Warum willst du dann nicht, dass ich ihn kennenlerne?"

„Weil ich Angst haben, dass du ihn nicht mögen wirst", gab ich ganz offen zu.

„Gibt es denn einen Grund ihn nicht zu mögen?", kam sofort die Gegenfrage und ein herausfordernder Blick dazu.

„Nein, nicht das ich wüsste", gab ich kleinlaut zurück.

„Dann lade ihn morgen zum Abendessen ein. Ich will ihn kennenlernen."

Ihr Ton war fordernd und alles andere als kompromissbereit.

„Nein."

„Doch! Ich möchte wissen, mit wem du die Zeit verbringst. Er wird morgen mit uns Essen. Keine Widerrede. Ich habe diese Geheimnistuerei langsam satt."

„Und was ist, wenn er morgen nicht kann?"

Meine Mutter nahm einen Schluck aus ihrem Pott, ehe sie antwortete.

„Er nimmt sich besser Zeit für mich", gab sie arrogant von sich. „Man sollte es sich schließlich nicht schon mit der Mutter der Freundin verscherzen bevor man sie überhaupt kennengelernt hat."

„Das ist nicht fair!", protestierte ich.

„Als ob du immer fair bist", konterte sie und erhob sich vom Stuhl. „Ich geh jetzt wieder an die Arbeit und du sorgst derweil dafür, dass dein geheimnisvoller Freund morgen hier auftaucht! Und fang gar nicht erst an zu diskutieren!"

Mir gefiel die Vorstellung nicht, dass Nils und meine Mutter in einem Raum waren. Doch ich hatte nicht das Gefühl, dass ich noch irgendeine Wahl hatte.

Ehe ich Widerspruch einlegen konnte, war Mama auch schon aus der Küche verschwunden. Mir blieb nichts anderes übrig, als Nils von seinem Glück zu erzählen. Da ich heute eh noch arbeiten musste, entschied ich mich die Hiobsbotschaft lieber persönlich zu übermitteln.

Als Nils vor dem Internat auf mich wartete, sah ich ihm an, dass er alles andere als glücklich aussah. Diesen Gesichtsausdruck ertrug ich bei ihm nur schwer. Ich hasste es, wenn er so ernst und traurig zugleich dreinblickte.

Secret LoveWhere stories live. Discover now