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Das blaue Licht der Polizeiwagen durchzuckt die dunklen Straßen und erleuchtet die Umgebung. Ich beobachte die Menschentraube aus sicherer Entfernung, doch ich bin genau so verwirrt wie sie.

Reporter und Kamerateams schwirren vor der dunklen Gasse umher, genau wie Polizisten, die versuchen Schaulustige von dem Tatort fern zu halten. Ich nehme nur den starken Blutgeruch wahr, der aus der Gasse strömt. Doch dieses Mal muss etwas anderes passiert sein als ein "normaler" Mord, sonst wären niemals so viele Reporter hier.

Ich beäuge die Umgebung misstrauisch. Was ist hier geschehen? Ich muss einen anderen Weg an den Tatort finden. Nur ich töte hier Menschen. Niemand anderes.

Entschlossen wende ich mich dem Tumult ab und suche mir einen anderen Weg. Keiner darf mich bemerken.

Mittlerweile liegt eine wenige Zentimeter dicke Schneeschicht auf dem Boden und der Schnee fällt immer noch stetig. Der Winter ist nun endgültig hier und mit ihm auch die Kälte. Ich lasse meinen Blick die Häuser hinaufwandern, das sollte funktionieren. Langsam laufe ich weiter, bis ich eine Notfallleiter finde. Ich klettere hinauf und schwinge mich dann aufs Dach.

Ich halte mich flach, damit man mich von unten nicht sieht und laufe langsam und lautlos zurück zum Tatort. Als ich endlich ankomme und sich die Sicht mir öffnet, weiß ich sofort mit was und wem ich es hier zu tun habe.

Wut steigt in mir herauf, er wagt es doch tatsächlich, meine Beute mir wegzunehmen. Es hätte mir klar sein sollen, dass ein anderer Vampir hier nur Probleme schaffen würde.

Der Tatort ist blutverschmiert, das Opfer hat eindeutige Bisswunden am Genick, zerfleischt und blutig. Der Fremde hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, unauffällig voranzugehen. Mir wird klar, dass das pure Absicht gewesen sein muss.

Er  will  mich in Probleme stürzen. Nun werden die Menschen erst mal denken dass hier wilde Tiere am Werk waren, doch wenn sich die Angriffe häufen, werden bestimmt auch ein Paar auf weitere Gedanken kommen. Vampire sind ja bekannt, zwar nur als Märchen, aber das Prinzip stimmt.

Ich knurre verärgert und trete den Rückweg an. Immerhin weiß ich nun, wen ich aus dem Weg schaffen muss. Auch wenn das schwer sein könnte, da ich das Gefühl habe, er wartet nur auf mich. Ich bin immer noch hungrig, doch jetzt darf ich erst Recht nichts jagen gehen, da die Menschen alarmiert sind.

Als ich wieder an den Schaulustigen vorbeikomme, entdecke ich unter ihnen jemanden, den ich gerne jetzt nicht gesehen hätte. Blonde Haare, blaue Augen und Fotokamera um den Hals.

Genau in dem Moment als ich mich an ihm vorbeischleiche, gibt er es auf, sich durch die Menschen quetschen zu wollen und schaut sich um. Und natürlich entdeckt er mich. Unsere Blicke treffen sich und er nickt zur Begrüßung.

Ich nicke zurück, genau in dem Moment nehme ich seinen Geruch wieder wahr.

Ich schließe die Augen vor Verzückung. Sein Blut muss köstlich sein, zudem habe ich gerade so einen Durst. Ich bemerke nach einigen Sekunden dass er näher kommt.

"Bist du von hier?" fragt er leise als er mir gegenüber steht und ich runzele die Stirn

"Guten Abend dir auch. Und ja." gebe ich zurück und wieder stiehlt sich ein Grinsen auf seine Lippen.

"Passiert sowas öfters, oder ist das das erste Mal?" fragt er weiter und deutet auf das Chaos hinter uns. Ich rolle leicht genervt mit den Augen. Neugierig ist er ja.

"Sag mir deinen Namen und ich sag dir was ich weiß" antworte ich mit einem arrogantem Grinsen und jetzt ist er an der Reihe mit dem Augenrollen.

"Blaine." Ich nicke zufrieden, jetzt weiß ich wie er heißt. Seltsamerweise freut mich das mehr als es sollte. Der Name passt zu ihm.

Ein ungeduldiges Räuspern holt mich in die Gegenwart zurück und ich schaue ihn wieder an. Er hat die Arme verschränkt und funkelt mich an.

"Ich wars nicht" ich hebe meine Arme und grinse. "Mehr weiß ich nicht"

Blaine stöhnt frustriert auf und wirft mir einen ungläubigen Blick zu.

"Ernsthaft? Was willst du überhaupt meinen Namen unbedingt wissen?"

"Tja" ich lächele zufrieden. Wie schnell sich die Rollen wechseln, jetzt ist er derjenige der Informationen haben will. Blaine schmollt, was unglaublich süß an ihm aussieht.

Was. Süß?

Okaay...

Ich schüttele den Kopf und schaue dann auf die Uhr. Halb elf. Wieder denke ich an mein entgangenes Essen und wieder steigt meine Wut in mir auf. Wie kann er es wagen. Ich muss ihn finden und ihn zur Rede stellen, oder am Besten, gleich beseitigen.

Da fällt mir Blaine wieder ein. Ich beobachte ihn, wie er in Gedanken versunken scheint. Dann schaut er zu mir hoch und funkelt mich wieder an.

"Du hast was damit zu tun, du weißt mehr als du vorgibst und ich werde herausfinden was es ist" murmelt er in einem versprechenden Ton und ich seufze.

"Überlasse das lieber mal den Profis" rate ich ihm, "und halte dich raus". Doch so wie ich Blaine bis jetzt einschätze, wird er genau das nicht tun. Wie erwartet schüttelt er den Kopf.

"Gut. Okay.  Also ich muss dann weiter." ich laufe in die entgegengesetzte Richtung, weg von den Menschen. Ich brauche einen freien Kopf zum denken. Blaine seufzt hinter mir, und wenige Sekunden später höre ich wie er mir folgt.

Warum bin ich nicht überrascht?

„Diese sensationsgierigen Menschen" murmelt er mit einer bitteren Stimme die nicht so wirklich zu seiner Persönlichkeit passt, während er dem Pulk einen finsteren Blick zuwirft. Ich gebe ihm innerlich Recht.

„Aber du bist doch auch so neugierig." bemerke ich während wir uns von dem Tatort und dem Mittelpunkt des Geschehens entfernen und die Stille der Nacht uns umgibt wie ein schützendes Tuch.

Er schnaubt kurz

„Klar, aber nur weil ich genau weiß, dass hier nichts mit normalen Dingen zu tun hat." gibt er zurück und ich ahne, dass er schon viel mehr weiß, als er vorgibt.

Er bleibt stehen und starrt mich an als ich einige Schritte später auch sehen bleibe.

„Dein Schweigen verrät mir dass du genau weißt, über was ich rede" sagt er und hält meinem kalten Blick stand. Ich schließe die Augen und atme einmal tief durch. Das könnte echt gefährlich werden. Nicht nur für mich, sondern auch für Blaine.

„Und was willst du jetzt machen?" frage ich leise und ruhig. Solange ich hier nichts unnötiges ausplaudere oder irgendetwas über mich preisgebe und mich von ihm fernhalte, kann nichts passieren und er wird irgendwann das Interesse an der ganzen Sache verlieren.

Denke ich.

Er verschränkt die Arme vor der Brust und sein Blick schweift umher.

„Ich weiß es nicht, mich an dich heften? Dich beobachten?" er schaut mich fragend an, als ob er Hilfe von mir erwarten würde. Ich mustere ihn ausdruckslos. Super.

Numb (Boy x Boy)Where stories live. Discover now