Teil 7

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Teil 7

Ever

Die nächsten Tage verliefen überraschend friedlich. Nando ging es besser, seit er im Krankenhaus war und regelmäßig seine Tabletten schluckte. Mir kam es so vor, dass seit Lorenzo mich ausversehen geschlagen hatte, die Stimmung im Haus besser geworden war. Ja, besser. Damian redet ganz normal mit seinem Bruder. Anfangs hat es ihn gewundert, doch dann wirkte er erleichtert. Seitdem ist Lorenzo viel öfter zuhause und spricht auch wieder mehr mit seiner Familie. Mit mir jedoch hat er noch immer kein einziges Wort gesprochen. Vielleicht fühlt er sich noch immer schuldig, obwohl er das nicht muss. Von meiner Wunde ist nur ein wenig zu sehen und sie verheilt schneller als gedacht. Ich war froh, dass sich alles wieder einigermaßen normalisiert hatte. Es gab Tage an denen es schien, als würde jeder im Haus Nando's Krankheit vergessen. Um ehrlich zu sein kam es einem wirklich so vor. Es wurde wärmer und Nando, Lorenzo, Damian und ich gingen Eis essen oder einfach nur spazieren. Es war nicht seltsam oder traurig, nein es war wunderschön. Nando sprang herum und kleckerte sein T-Shirt mit Eis voll. Wir lachten alle miteinander, so dass unsere Bäuche uns wehtaten. Wenn Nando dabei war, war alles so gut. Niemand hasste sich, niemand war traurig und niemand dachte an seine Krankheit. Lorena wurde wieder viel lockerer, seit auch sie gemerkt hatte, dass es ihrem Sohn besser ging. Sie erlaubte viel mehr Aktivitäten, jedoch nicht alle, was allerdings verständlich ist. Auch wenn alles rosig schien, war der Krebs nicht weg. Er saß in Nando und wartete nur darauf anzugreifen.

Wir saßen bei der Ärztin. Nando, Damian, Lorenzo, Lorena und ich. Diego konnte nicht mitkommen, da er geschäftlich verreist war und es angeblich total wichtig sei. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es im Moment etwas wichtigeres gab als Nando, doch jedem seine Sache. Ich mochte die rothaarige Ärztin noch immer nicht. Sie wirkte so leblos und kalt. Ob sie das nur ausstrahlte aber eigentlich garnicht so war? Jedoch sprach sie auch nicht sonderlich freundlich, weshalb sich ihr inneres vielleicht wirklich auf ihr aussehen überträgt. Sie holte Nando's Akte aus einer Schublade und knallte sie auf den Tisch. Ich zuckte von dem Lärm zusammen und verspannte ein wenig.

„Nunja wie es aussieht verbreiten sich die Metastasen in seinem Bauch langsamer als erwartet. Wir hatten eigentlich angenommen, dass sie sich bei ihm besonders schnell verbreiten, aber wie es sieht verlangsamt sich die ganze Prozedur doch noch."

Da war es wieder. Ihre Stimme, die so klang als sei es ihr egal was sie sagte.

Ich hörte Lorena leise aufseufzten. Sie klang erleichtert, was die Sache nur noch schlimmer machte, dass diese Erleichterung nicht immer anhalten würde.

„Nichtsdestotrotz, kann sich das verändern wie ein Wettersturz."

„Was zum Teufel ist ein Wettersturz? Können sie mal normal reden anstatt solche Wörter wie „Wettersturz" zu verwenden. Es geht hier um eine Krankheit verdammt nochmal da sind Vergleiche mit irgendwelchen Wetter was weiß ich wie das Wort heißt, ziemlich unangebracht."

Die Ärztin sah zu Lorenzo und zog eine Augenbraue in die Höhe. Lorena sah ihn vernichtend an, doch er ignorierte es und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich musste gestehen, dass ich Lorenzo irgendwie recht gab. Nando blickte fragend zu mir, worauf ich kaum merkbar mit den Schultern zuckte. Manchmal fragte ich mich, ob er überhaupt wusste um was es hier eigentlich ging. Natürlich wusste er, dass er Krank war, aber wie viel wusste er? Ich hatte mich noch nie gefragt, was Nando eigentlich die ganze Zeit darüber denkt. Damian blickte schon seit wir den Raum betreten hatten zu Boden und hatte den Blick seither nicht von den grauen Fließen abgewendet. Auch jetzt nicht, als Lorenzo seinen Senf dazu gab. Ich machte mir sorgen um ihn und am liebsten würde ich ihn an der Schulter berühren, doch ich ließ es bleiben.

TimelessWhere stories live. Discover now