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Die zarte Frauenstimme von vorhin, entpuppte sich als eine Riesin mit mindestens so viel Steoride im Körper wie Blut. Nur ihre Stimme war anscheinend davon verschont geblieben. Ihre schmalen, hellen Augen durchlöcherten mich, ihre hellen Haare waren zu einem ordentlichen Pferdeschwanz gebunden. Ihr Körper steckte in einer Army Uniform. "Sie kommen nicht aus Frankreich?"
"Texas. Da draußen wartet ein Mann auf Sie."
Ich schluckte trocken. "Der kann warten! Wo ist Hades?"
"Ich denke nicht, dass ein Dutzend Lastwagen voller Drogen und Waffen, die kurz drauf stehen ihr Gebiet zu passieren, warten können."
Ich hatte mich gerade an ihr vorbeischieben wollen, als ich an Ort und Stelle einfror. "Wovon reden sie da?"
"Bei den letzten Verhandlungen hatte sich Lord Gabriel Kuba einverleiben können." Die Frau packte mich erstaunlich sanft am Arm und zog mich ins Zimmer zurück. "Sie müssen sich ankleiden."
"Falls Sie es noch nicht mit bekommen haben, da ist gestern eine Bombe in meiner unmittelbaren Nähe hoch gegangen! Und mein... Freund ist wohl verletzt worden." Verzweifelt setzte ich mich aufs Bett und vergrub den Kopf in meinen Händen.
"Queen Hades ist im Krankenhaus."
Sie sagte das so trocken, als würde sie über das verdammte Wetter sprechen. "Krankenhaus!? Geht es ihm gut? Musste er etwa operiert werden!"
"Es war seine Pflicht, Sie zu schützen."
"Seine Pflicht?!" Meine Stimme hatte einen Schrillen Ton angenommen und schoss sogar noch ein paar Oktaven höher, als die Frau mich weiterhin beunruhigend ruhig anstarrte. "Ich will ins Krankenhaus, unverzüglich!"
"Ich fürchte, dass wird nicht gehen, mon ange."
Diese Stimme...."Du?"
"Der schöne Fremde nimmt wieder seinen Platz ein." Thomas verbeugte sich leicht und lächelte mich fröhlich an. "Oder hast du etwa jemand anderen erwartet."
"Offen gesagt ist es mir gerade total egal wer alles da draußen auf mich wartet, solange ich mich nicht vergewissern konnte, dass es Hades gut geht", knurrte ich. "Und das kannst du auch gleich Mr. Lockheart mitteilen!" Von jetzt auf gleich war es, als wäre soeben ein Blitz im Zimmer eingeschlagen. Thomas und die Frau, dessen Name ich immer noch nicht wusste und ich mich nun deswegen ein wenig schuldig fühlte, standen auf einmal auf Hochspannung. "Der Schwarze König war hier!? Wann?"
Thomas war schnellen Schrittes bei mir und schüttelte mich brutal an den Schulter. Ein Ruck und er lag plötzlich auf dem Boden. Eine Waffe auf ihn gerichtet mit dem Beim der Frau auf seiner Brust. Die Beiden lieferten sich ein kurzes Blickduell, bevor Thomas schwer durchatmete und kapitulierend die Hände hob. "Steck die Waffe weg Magred. Ich hab nur kurz die Kontrolle verloren." Erleichtert ihren Namen zu wissen, taute ich aus meiner Starre auf und fasste sie am Arm. "Bitte, beruhigen wir uns doch erst mal und dann sagt ihr mir, was sich in den letzten Paar Sekunden so drastisches geändert hat."
"Er sollte sich nicht so in eurer Gegenwart verhalten, Eure Hoheit."
"Mia, bitte, und ich glaube, dass er das nicht wieder tun wird." Ich sah Thomas fragend an, welcher heftig nickte. Magred steckte die Waffe weg, sie tat es so schnell, dass ich nicht sah wohin, und nahm ihren Fuß von Thomas Brust. "Wir müssen packen." Damit drehte sie sich von mir weg und schritt stattdessen zur Fensterfront. "Packen?" Thomas, der elegant wieder auf die Füße gekommen war und nun seine Kleidung richtete, sah mich einen Moment ernst an und bestätigte meine Frage anschließend damit, dass er einen Koffer unter dem Bett hervorzog. "Was ist mit Hades und was hat das alles mit Ethan zu tun?"
Himmel, war mir den keine ruhige Minute mehr gegönnt. "Der schwarze König hätte nicht hier sein dürfen", kam Magreds gedämpfte Stimme, ihr Kopf steckte in einem vorher noch nicht da gewesenen Loch im Boden. "Wir dachten bis jetzt es waren nur Gerüchte, aber das waren sie anscheinend doch nicht", schnaubte Thomas mit einem grimmigen Zug um den Mund. "Gerüchte? Sagt mir jetzt endlich mal jemand was hier los ist!"
Beide hielten Augenblicklich inne. Eine Sekunde tauchte Magred wieder auf, mit einem offenen Rucksack in den Armen. Der Inhalt ließ mich kurz schwarz vor Augen werden. Viele, viele, Bündel Scheine ragten raus. Darunter konnte man schwarz glänzende Läufe von Pistolen sehen. Außerdem...Pässe. Die meinten das Ernst mit dem Verschwinden. "Lady Mia? Geht es euch nicht gut?" Magred zog den Reißverschluss zu und stand dann langsam auf, als wolle sie kein so wieso schon verschrecktes Reh erschrecken. "Ich...."
"Dass der schwarze König hier war hätte niemals passieren dürfen." Thomas hatte sich mit zu Fäusten geballten Händen gesetzt und sah mich ernst an. "Es.Hätte.Nicht.Passieren.Dürfen! Damit sind wir jetzt alle in Gefahr. Es hatte schon seit längerem Gerüchte gegeben, dass die schwarze Seite an Macht gewonnen hatte. Viel Macht. Aber solche Gerüchte sind ständig im Umlauf. Also haben wir, die weiße Seite, uns nicht so viele Gedanken darüber gemacht. Bis es hieß, dass die schwarze Seite einen großen Umsturz plane..."
"Einen...einen Umsturz?" Um ehrlich zu sein verstand ich nicht viel von dem, was Thomas gerade sagte. Aber es klang schlimm. Und in dieser Welt konnte schlimm gleichbedeutend einem Massaker kommen. "Einen Umsturz in der Finanzwelt und...der schwarzen Seite an sich. So etwas hatte es noch nie gegeben. Keiner wäre jemals so verrückt auf so einen Gedanken zu kommen, die alte Welt, Tradition und Regeln fast komplett zu zerstören und..... Wir haben es einfach für unmöglich gehalten, bis...Hades uns diese Dokumente gezeigt hatte." Bei dem Wort Dokumente klingelte es heftig bei mir und ich konnte mich an teuflisch hohe Summen und komisch klingende Namen erinnern. Diese Blätter waren also wirklich von hoher Bedeutung gewesen. "Lady Mia, der schwarze König hätte niemals dieses Sicherheitssystem überwinden sollen. Es ist direkt mit ihren Key- Schlüssel verbunden. Das er aber dazu in der Lage war bedeutet, dass auch die Gerüchte über seine wachsende Macht wahr sein müssen und ihr hier nicht mehr sicher seit!"
Wenn noch wer das Gefühl hat, dass in seinem Kopf gerade eine laute und chaotische Baustelle am werkeln war, der möge doch bitte die Hand heben. Träumte ich? Nein, sonst wäre ich schon vor langer Zeit aufgewacht. Spätestens nach dem zweiten Mal in Vegas. Oder bei der Explosion. Aber das hielt mich nicht davon ab, es mir gerade jetzt mit aller Macht zu Wünschen. Selbst wenn es wohl der schlimmste Albtraum überhaupt war. Taub taumelte ich zum begehbaren Kleiderschrank und griff nach dem erst besten. Doch als ich es in den offen Koffer schmeißen wollte, hielt mich Thomas davon ab. "Da kommen nur wirkliche Wertsachen rein. Aber du solltest dich vielleicht anziehen." Keine Ahnung was er mit wirklichen Wertsachen meinte, aber das anziehen erschien mir eine logische und vor allem normale Aufgabe zu sein. Also kehrte ich in den Kleiderschrank zurück und zog mir die Sachen stattdessen über. Die Kombination war eine absolute Katastrophe, dass erkannte selbst ich, aber mir ging es so ziemlich am Arsch vorbei, ob man nun ein super kurzes mit Pallieten besetztes Minikleid über eine weite Jeans anzog oder nicht. Ich hatte andere Probleme. Was Thomas anscheinend nicht so sah, denn er rümpfte bei meinem Anblick entsetzt die Nase. "Der Wagen steht schon bereit." Wie ein Ninja war Magred neben mich getreten und hielt mir ein paar Sneakers hin. Ich nahm sie ihr aus der Hand, während sie und Thomas schon mal das Gepäck voraus trugen. Ich setzte mich gerade aufs Bett, um mir die Schuhe besser anziehen zu können, als ein blinken aus den Augenwinkel meine Aufmerksamkeitauf sich zog. Mein Handy, das vergessen auf dem Boden lag und dessen Blinken mich darauf aufmerksam machen sollte, dass ich eine Nachricht erhalten hatte. Gerade als ich beschloss, es einfach zu ignorieren, klingelte es. Erschrocken fuhr ich zusammen, bemerkte aber, dass es auch Thomas oder Magred sein könnten. Oder, Gott Lob, Hades! Das Display zeigte eine unterdrückte Nummer, aber das war wohl unter Gangstern so üblich. Und der Gedanke, dass es Hades sein könnte, ließ meine letzten Zweifel über Bord werfen. "Hallo?" ..... Die Stille am anderen Ende der Leitung jagte mir einen Schauer über den Rücken, und plötzlich wusste ich wer es war. "....Ethan." Ein leises, dunkles Lachen. Ein heftiges Ziehen in meinem Unterleib. Kein Zweifel, er war es.
"Darling, ich wollte nur sicher stellen, dass du meine Nachricht erhalten hast und du mir nicht böse bist, dass ich ohne ein Au revoir aufbrechen musste. Aber ich würde es gerne wieder gut machen, mit einem Abendessen." Irgendwas tief in mir schrie mich im Moment an, einfach auf sein Spiel mit einzusteigen. Ihm bloß nichts von meinem baldigen Aufbruch zu erzählen. Und ich war mehr als gewillt auf diese Stimme zu hören. Denn, obwohl ich von dem eben gesagten nicht viel verstanden hatte, hatten mir doch der harte, beinah nervöse und ängstliche Ausdruck in den Augen der beiden vollkommen gereicht. In dieser Welt konnte dies nur eines bedeuteten. Tod oder Untergang. Etwas schlimmes war im Anmarsch. Und dieses etwas war am anderen Ende der Leitung. "Nach allem schuldest du mir weit mehr als an Abendessen. Aber es wird als Anfang wohl reichen." Meine Hand, die das Handy hielt, zitterte und fing an zu schwitzen. Wieder dieses leise Lachen, dass sich bereits in meine Träume geschlichen hatte. "Ich werde etwas reservieren lassen, unter der Bedingung, dass du der Nachtisch wirst." Damit legte er auf. Einfach so. Lies mich mit einem Gefühl von Erregung und Verwirrung zurück. Seine Stimmungsschwankungen bereiteten mir Kopfschmerzen. Das Handy blinkte immer noch und so öffnete ich die einzige Nachricht.

"Oh Mörderlein oh kommet.
  Sweet Dreams, Darling"

Darunter befand sich noch ein Bild. Von mir. Schlafend. Es war dunkel und die Nachttischlampe war angeknippst worden, damit man nicht nur einfach einen dunklen Schatten gesehen hätte. Ich hatte erkannte dieses Kissen und diese Decke. Genau genommen saß ich gerade drauf. Wie lange hatte er sich in diesem Zimmer aufgehalten und mich beobachtet? Und was hatte er in dieser Zeit sonst noch gemacht. Ich schluckte, zog meine Schuhe an, löschte alles vorhandene auf dem Handy, bis auf die Nachricht und legte es anschließend aufs Bett. Nach kurzer Überlegung öffnete ich es wieder und schrieb als Antwort, ohne sie jedoch abzusenden: Die werde ich haben. Au revoir xoxo

Er würde sie finden, da war ich mir sicher. Und auch wenn es nichts brachte ihn zu provozieren, der Gedanke, dass er für die Bombe und gewisse andere Dinge verantwortlich war, ließ mich rot sehen. Ohne wirklich auf die Wohnung zu achten, folgte ich dem einen Flur und gelangte schließlich an eine offene Fahrstuhltür. In der Magreds massiver Körper stand. Sie machte einen Schritt zur Seite, um mich durchzulassen. "Magred. Wir werden nicht von hier verschwinden. Nicht ohne Gabriel und Hades."
"Lady Mia, ich versichere ihnen, dass wir sie sofort nach holen-"
"Nicht ohne Gabriel und Hades! Oder ich und dieser Ring bleiben hier."
Es wurde höhste Zeit sich wenigstens einmal durchzusetzen. Oder ich würde ohne weiteres überrollt werden. In diesem Strudel aus Macht, Gewalt und Tod. 

Schachmatt Where stories live. Discover now