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Ethan Lockheart zu entkommen war eine Kunst. Selbst im Schlaf ließ er einen nicht so leicht entkommen, wie man annehmen müsste. Als hätte er spüren können, dass ich unruhig wurde, drehte er sich um und legte einen seiner Muskulösen Arme um mich. Die nicht willkommenen Gedanke beiseite schiebend, hatte es mich erneute wertvolle Minuten gekostet, unter dem Arm hindurch zu schlüpfen und zur Tür zu schleichen. Wobei Ethan dabei immer weiter am den Rand gerutscht war, als würde er nach mir greifen wollen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen er wäre wach. Aber ich hatte drei Mal seinen Puls überprüft, welcher ruhig und gleichmäßig war. Diesen Trick hatte ich von Mom gelernt. So hatte ich mich immer problemlos davonschleichen können, ohne Angst davor zu haben, dass Dad im nächsten Moment aufwachen würde. Im Vorbeigehen schnappte ich mir Ethans T-shirt, da ich nicht die geringste Ahnung hatte, wo meine Sachen waren. 

Der Boden des Ganges war kalt, aber wie zu erwarten gewesen war, sah ich weit und breit keine Wachen. Leider sah ich weit und breit auch kein Licht, also musste ich mich an der Wand entlang tasten. Fürs erste wählte ich eine wahllose Richtung. Alles hier schien aus kaltem Stein zu bestehen, wie bei einer alten Burg. Und komischerweise empfand ich es als ziemlich passend. Ethan erschien mir wie der Typ, der in seiner kalten Burg residierte und im Keller einen ganzen Harem hielt. Nur für ihn und seine sadistischen Gelüste. Ich blieb stehen und hätte mich am liebsten selbst geohrfeigt. Oh.mein.Gott. Perverser ging es ja wohl nicht. Dieser Mann raubte mir wirklich das letzte bisschen Verstand. Am besten war es also, ich brachte so viel Abstand wie möglich zwischen uns! Vielleicht würde mein Gehirn dann auch endlich wieder auf normal schalten.

Nicht lange und der Gang zweigte in zwei Richtungen ab. Mein Instinkt sagte mir, dass ich wohl als erstes im Keller nach Hades suchen sollte. Wenn da schon kein Harem versteckt lag, dann waren es wohl Folterkammern und Zellen für die Gefangenen. Allerdings befürchtete ich, dass nicht das ganze Haus unbewacht sein würde. Ethan war nicht dumm. Dass, was ich bis jetzt von ihm gesehen hatte, bezeugte sogar das genaue Gegenteil. Man führte nicht die gesamte Unterwelt an, wenn man nicht ein Genie auf seinem Gebiet war, was immer das auch sein mochte. Und da wurde mir zum ersten Mal klar, wie dumm ich mich gerade aufführte. Ethan würde wohl nicht einfach die Tür offen lassen, damit ich einfach rausspazieren könnte. Des weiteren kannte ich weder den Grundriss dieses Gebäudes, noch wusste ich überhaupt wo hier war. Meine leichtsinnige Aktion im Krankenhaus hatte Hades und mich überhaupt erst in diese Lage gebracht!

Während ich so dastand und wichtige Zeit mit Nachdenken vergeudete, bemerkte ich die Schritte erst, als es schon fast zu spät war. Sie kamen von rechts, also war es schon mal nicht Ethan, dem inzwischen mein fehlen aufgefallen war. Jedoch bereitete es mir so schon Bauchschmerzen, wenn mich jemand von seinen Leuten hier entdecken sollte. Mir blieb nicht viel zur Auswahl als nach links zu gehen und durch die erstbeste Tür zu schlüpfen. Im ersten Moment erschrak ich und wäre beinahe wieder raus geflüchtet, da es in diesem Zimmer tatsächlich Licht gab. Dann aber fiel mir der leere Sessel vor dem schwach flackernden Kamin auf und mein Herz beruhigte sich wieder. Die Schritte waren inzwischen verklungen, aber ich weigerte mich auch nur einen Schritt zu tun.

Das Zimmer war nach genaueren Hinsehen Atemberaubend. Die Wände waren mit Bücherregalen vollgestopft, in denen die Bücher nur so herausquollen. Ein großer Schreibtisch aus dunklen Holz stand an der hinter Wand oder sollte ich eher Fensterfront nennen. Die schweren Vorhänge waren aufgezogen und der Anblick ließ mich beinah an meinen Augen zweifeln. Ich durchquerte das Zimmer, wobei meine Füße angenehm in einen weichen Teppich einsinken, und presste meine Hände gegen das Fenster. Es war zwar dunkel draußen, aber trotzdem brachte das Mondlicht die weiße Landschaft draußen zum funkeln. Wie Millionen kleine Diamanten. Schnee. Alles voller Schnee. Vor mir erstreckten sich ganze Täler voller Schnee! Bis zu dunklen, hoch aufragenden Schatten, die wohl Berge waren. 

"Es wird wohl langsam zur Gewohnheit, dass du in mein Arbeitszimmer eindringst."
Beim Klang seiner Stimme zuckte ich so heftig zusammen, dass ich gegen seinen Schreibtischstuhl stieß, dabei ein paar Blätter von seinen Tisch fegte und mir zu allem Übel auch noch das Bein stieß. Nicht gerade elegant. Aber Ethan schien es gar nicht zu bemerken. Sein Blick glitt hungrig meinen Körper entlang und das klare Lächeln blitzte kurz auf. "Und das scheint ebenfalls zur Gewohnheit zu werden."
"Wenn du mir nicht ständig meine Klamotten wegnehmen würdest, müsste ich es auch nicht bei dir tun", schnaubte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ich mag dich aber ohne Klamotten." Obwohl seine Stimme ein paar Oktaven tiefer wurde, blieb sein Gesicht immer noch Emotionslos.
"Wo sind wir hier?" Ich wedelte mit der Hand Richtung Fenster und sah in dann abwartend an. Er ignoriere die Frage und kam langsam auf mich zu. Wann immer er das tat, kam ich mir wie die in die enge getrieben Beute vor. Und um ehrlich zu sein, machte es mich wütend. "Ich habe dich etwas gefragt", fauchte ich, nicht gewillt auch nur einen Schritt nach hinten zu weichen und ihm meine Schwäche und Furcht zu demonstrieren.
Wenn mein Verlangen mich schon nicht ins Grab bringen würde, dann mit Sicherheit mein Temperament.

Er blieb direkt vor mir stehen.
Die Augen nachdenklich auf mein Gesicht gerichtet. Meine immernoch wütend zusammen gekniffen auf seines gerichtet. Ich war mir sicher, dass ich ihm gerade mental zwei Löcher in die Stirn brannte. Aber er blieb davon, wie nicht anders zu erwarten, unbeeindruckt.
"Spielt es eine Rolle wo hier ist? Schließlich wird es rein gar nichts an deiner Situation ändern." Seine Finger strichen mir verräterisch sanft eine Strähne aus dem Gesicht. Am liebsten hätte ich ihm bei seinen arroganten Worten das Gesicht zerkratzt. Aber das erinnerte mich nur daran, wann ich das letzte Mal Zeichen auf seinem unwiederstehlichen Gesicht verpasst hatte. Gefährliches Terrain, Teuerste!, frohlockte mein Unterbewusstsein. Frustriert stieß ich zischend die Luft aus. "Du willst es mir nicht sagen? Auch gut!" Hoch erhobenen Hauptes marschierte ich an ihm vorbei. Beim Sessel blieb ich allerdings noch mal stehen. Wieso fühlte sich das so sehr nach einem hastigen Rückzug meinerseits an? Wieso war immer nur ich es, die sich so sehr zusammen reißen musste, um nicht vor Verlangen zusammen zu brechen. Wütend drehte ich mich um. Er stand mit dem Rücken zu mir, was mich nur noch wütender machte. Unlogisch, ich weiß. Mit drei großen Schritten war ich bei ihm. Ich packte ihn am Handgelenk und er drehte sich mit einem genervten Seufzer zu mir um. Bevor er aber auch nur den Mund aufmachen konnte, hatte ich ihm bereits am Nacken gepackt und zog ihm zu mir runter. Meine Lippen landeten hart auf seinen. Spielten mit ihnen, neckten sie. Dann packte ich in seinen Schritt und streichelte ein, zwei, drei mal heftig über sein bereits erregetes Geschlecht. Ethan stöhnte und wollte den Kuss vertiefen und sich näher an meine Hand drücken, aber in diesem Moment stieß ich mich von ihm ab, drehte mich um und stolzierte aus dem Zimmer. Natürlich hatte ich mich noch kurz vergewissert, dass auch eine ordentlich Beule zu sehen gewesen war. Ja, Mr Lockheart. Besorg es dir doch einfach selbst, du verdammtes Arschloch von einem König!

Schachmatt Where stories live. Discover now