Liebe

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Lie·be
/Liébe/
Substantiv, feminin [die]
     1a. [ohne Plural] starkes Gefühl des Hingezogenseins; starke, im Gefühl begründete Zuneigung zu einem [nahestehenden] Menschen
     1b. [ohne Plural] auf starker körperlicher, geistiger, seelischer Anziehung beruhende Bindung an einen bestimmten Menschen, verbunden mit dem Wunsch nach Zusammensein, Hingabe o. Ä.


»Han, was machst du da?« Mit hochgezogenen Brauen beobachtete seine Schwester kritisch, wie Luhan systematisch sein gesamtes Zimmer auf den Kopf stellte.
»Ich suche etwas«, erwiderte er kurz angebunden und ohne sie überhaupt anzusehen, während er den Inhalt einer Schublade in seinem Schreibtisch ausleerte.

»Kann man dir helfen?«, fragte die Ältere. »Du weißt, dass die Haushälterin über die Feiertage nicht kommt.«
Jetzt warf Luhan ihr einen bösen Blick zu. »Ich würde das hier nicht tun, wenn es nicht wichtig wäre. Mein Kartenetui ist weg.«

»Hast du in deinen Jackentaschen nachgesehen?«
Luhan ließ ein genervtes Ächzen verlauten. »Mao.« Das war einen saubere Drohung. Ein weiteres Wort und er würde seine Schwester hochkant hinauswerfen.
»In allen?«

Und da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er hielt mitten in der Bewegung inne und riss den Kopf hoch, sah die Andere mit großen Augen an.
»Gern geschehen«, flötete Lan Mao zufrieden, zwinkerte und verschwand dann um die Ecke in ihr eigenes Zimmer.


Wenige Minuten später war Luhan draußen. Es schneite friedlich, doch die Straßen waren bereits überfüllt. Hektische Menschenmassen machten ihre letzten Besorgungen jetzt am Nachmittag des Heiligabend und mehr unfreiwillig als geplant, musste sich nun auch Luhan in das Gedränge hineinbegeben.

Im Schritttempo schob er seinen Wagen durch die Straßen Seouls in Richtung stadteinwärts. Ungeduldig trommelten seine Fingerspitzen auf dem Lenkrad herum, während er sich den Hintern von der Sitzheizung wärmen ließ. Luhans Wangen waren warm und sanft gerötet, als er endlich vor Sehuns Wohnkomplex ankam und sein Auto auf einen der Parkplätze fuhr.

Luhans Blick, nachdem er das Foyer betreten hatte, war sofort zum Empfangstresen geschnellt. Zu seinem Missvergnügen stand da ein Concierge, den er noch nie gesehen hatte. Ein junger Mann mit motiviertem Gesicht und bübischer Unerfahrenheit in den Augen; jemand, der sich noch nicht zu schade dafür war, an Heiligabend zu arbeiten.

Jeder der ihm bekannten Concierges hätte Luhan bestimmt in Sehuns Apartment hoch gelassen, bei dem Neuen aber, konnte er sich nicht sicher sein. Er musste sich schnellstens einen Plan einfallen lassen.

Kurzerhand griff Luhan in seinen Nacken und löste das feine Goldkettchen um seinen Hals, um Sehuns Ring davon abzufädeln und ihn sich an die rechte Hand zu stecken. Dann räusperte er sich und machte den Rücken kerzengerade, während er entschlossenen Schrittes auf den Empfangstresen zu schritt.

»Guten Abend, was kann ich für Sie tun?«, begrüßte der junge Mann ihn und lächelte nichtsahnend.
»Ich möchte bitte ins Penthouse«, wünschte er knapp und hoffte, dass er bereits damit durchkommen würde, was aber wie erwartet nicht der Fall war.

Selbstverständlich nahm der Concierge bereits den Hörer ab und setzte zum Wählen an. »Natürlich, ich werde Sie sogleich anmelden, Herr...?«
Luhan hob abweisend die Hand. »Sparen Sie sich die Mühen, es ist niemand zuhause. Bitte händigen Sie mir einfach den Schlüssel aus, ich möchte nur schnell etwas holen.«

Der Andere hob zweiflerisch eine Augenbraue. »Ich fürchte, das wird nicht möglich sein, Sie —«
Luhan unterbrach ihn ein weiteres Mal, diesmal mit einem deutlich giftigeren Unterton. »Hören Sie, ich bin wirklich in Eile. Auf den Straßen herrscht ein einziges Chaos und Sie rauben mir meine Zeit mit diesen Albernheiten.«

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