Prolog

68 6 7
                                    

"Ich sag's dir, wenn der wieder seine Monologe hält, dann geh ich an die Decke!", rumorte Johanna und schulterte ihren Rucksack. Es war ein sonniger Mittwoch im August und es war ein Ausflug geplant. Natürlich, denn sonst säßen wohl kaum 24 Schülerinnen eines  Geschichtskurses und 26 weitere eines Religionskurses, um 10 Uhr in einem Bus nach Waldmanshausen, um ein Museum über die Zeit der Römer zu besuchen.
"Ach, Schnick Schnack Schnitzel, der redet einmal kurz und dann ist der zu beschäftigt damit, sich ein neues Buch für seine morgendlichen Geschichten rauszusuchen. Ich bin ja dafür, dass er römische Sagen vorlesen sollte.", antwortete Alessandra neben ihr. Die braunhaarige Schülerin hatte sich ebenfalls ihren Rucksack um die Schultern geschnallt und stand schon halb auf dem Gang des Reisebusses, der -  seitdem irgendwer ganz vorne sein Deo versprüht hatte - bestialisch nach einem Mix aus künstlichen Rosen und anderem floralen Zeugs stank.
"Das passt aber nicht in seinen Reliunterricht.", erwiderte wiederum Johanna, die sich noch immer mit ihrem Rucksack abmühte.
"Wer hat denn diesen Dreck gepackt.", murmelte sie vor sich hin, während Alessandra nur grinste und ihr belustigt zusah.
"Du, Schatz. Den hast du gepackt.", flötete sie und ignorierte den Mittelfinger, der ihr ins Gesicht gestreckt wurde.
"So...  äh also... ja, ihr könnt euch dann abflugbereit machen.", ertönte die Stimme ihres Geschichtslehrers durch das halb kaputte Mikrofon des Busses. Dass er genau diese Durchsage bereits vor einer Stunde gemacht  hatte, erwähnte keiner, immerhin hatten sie danach eine Stunde lang im  Stau gestanden. Doch jetzt wurde das braune Schild sichtbar, welches darauf hindeutet, dass das Museum nichtmehr allzu weit entfernt war.
"Na endlich.", stöhnte Alessandra und schmiss die Hände in die Luft, als sie das Museum am Ende der Straße sah.
"Ich dachte ehrlich, ich ersticke hier gleich."
"Verreck dran.", kam es höchst liebevoll von der Seite und Alessandra wedelte nur unbeeindruckt mit der Hand in Richtung ihrer Gesprächs- und  Sitzpartnerin.
"Nimm deine Griffel aus meinem Gesicht oder ich beiss dich.", sagte Johanna und stand energisch von ihrem Sitz auf, den Rucksack jetzt endlich in dem scheinbar endlosen Kampf bezwungen.
"Jokes on you, I'm into that shit.", grinste Alessandra.
"Was?!"
"Was?"
"Ach, lass mich doch.", kam es gegrummelt zurück.
Es dauerte nicht lange, da kam der Bus zum Stehen und die Scharen an Schülerinnen fluteten aus dem Bus, als hätten sie seit Jahren nicht mehr das Tageslicht gesehen. Unter ihnen auch Alessandra und Johanna, die ungefähr so motiviert auf diesen Ausflug waren, wie Fische darauf,  gefangen zu werden.
Nicht, dass das Thema des Ausflugs sie nicht  interessieren würde, es war viel mehr die Projektarbeit, die ihre Freude in Grenzen hielt. Der  Geschichts- und Religionskurs der 11. Klasse hatten sich zusammengetan, um eine Projektarbeit rund um die Römer und Religion zu machen. Eine spannende Aufgabe, die jedoch von einer 20 Minütigen Präsentation und einem Handout begleitet wurde, welches die Aufregung allgemein minderte. Und dass der Ausflug an einem Tag angesetzt war, wo sie eigentlich  hätten Kurzstunden gehabt, machte die Sache nicht unbedingt besser.
"Waldmanshausen... Wollt ich auch schon immer einmal nicht hin. Hab da vorher auch noch nie von gehört.", sagte Alessandra, als sie die marmornen Gänge des Museums entlangliefen. Sie waren in Zweier- und Dreiergruppen eingeteilt worden, um Informationen für ihre Projekte zu sammeln und waren jetzt auf dem Weg in Etage drei, um sich ein altes Schriftstück aus der Zeit von Cäsar anzusehen.
"Ich auch nicht.", sagte Johanna und seufzte, "Es wäre so viel schöner, wenn das hier kein Schulausflug wäre."
"Ich weiß ja nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich würde nicht zweieinhalb Stunden lang fahren, nur um in ein Museum zu kommen, wo ich  Dinge sehe, die ich eh schon kenne.", antwortete Alessandra und rammte im nächsten Moment die Füße in den Boden. Johanna, die überall hin, nur  nicht nach vorne, geguckt hatte, rannte voll in sie hinein und ließ beinahe den Block fallen, den sie in der Hand gehalten hatte.
"Sag mal! Alex!", schimpfte sie und ließ ihren besten Mutti-ton hören. Doch Alessandra wedelte nur mit einer Hand in ihre Richtung, während sie mit der anderen Hand ihren Zeigefinger an ihre Lippen legte und wild "Shhhhh"-te.
"Holy moly, Johanna!", flüster-schrie sie aufgeregt.
"Was?!", fragte diese und sah erst dann in die Richtung, in die Alessandra jetzt wie wild deutete.
Eine große Statue aus Stein war in der Mitte des Saals aufgebaut. Ein Mann in römischer Legionsrüstung und ein weiterer Mann in  einfacher Kleidung. Beide sahen sich an und die Hand des Rüstungs-Menschen lag auf der Schulter des anderen. Kaum, dass man sich versah, war Alessandra schon auf die Statue zugesprintet und versuchte verzweifelt, die Inschrift auf dem Sockel zu entziffern.
"Praetore.... Praetorem... was zum..."
"Maximus Victorius Bonus, Prätor der vierten Legion und sein Sklave Alexus.", sagte Johanna und erntete einen anerkennenden Blick von Alessandra, bis ihr Blick auf das mobile Endgerät der Älteren fiel.
"Du Luscher!", schimpfte sie und Johanna lachte.
"Und sein Sklave Alexus.", rezitierte Alessandra und sah Johanna dann mit einem  Grinsen an, das dem Gesichtsausdruck eines Eichhörnchens auf Crack glich. "Sein Sklave.... pfffhfhfhf das glaub ich gerne.", lachte sie dann und kassierte dafür prompt einen Schlag auf den Oberarm.
"Alessandra! Du bist so.... unmöglich!"
"Ja, ich hab doch recht! Ich meine, guck dir doch dieses Hand-placement an! Du kannst mir doch nicht sagen, dass das nicht sowas von gay ist!",  empörte sich diese und hackte wie wild mit ihren Zeigefinger in der Luft  vor der Statue rum. "Jetzt stellt dir das doch mal vor-", begann sie und Johanna unterbrach sie energisch.
"Ich will mir nicht vorstellen, wie die beiden...", sie verstummte.
"Doch nicht...! Mensch, jetzt bist du die versaute, meine Liebe.", grinste Alessandra und fuhr dann fort, "Ich meine... Stell dir vor, wir haben das Jahr-"
"...Schlag-mich-tot vor Christus.", gab Johanna hilfsbereit ihren Senf dazu.

"Wir haben das Jahr Schlag-mich-tot vor Christus und die beiden", wieder wedelte Alessandra wie wild in der Luft herum, "Haben ein gaaaaaanz besonderes Verhältnis."

Legions of FateWhere stories live. Discover now