XVII

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Der Einsame
Maximus wusste, dass er zu spät war.
Es war nicht sein Plan gewesen, das Haus so spät zu verlassen, dass er unter keinen Umständen pünktlich bei Aulus sein würde. Doch erst war er eingeschlafen und dann hatte er Alexandros im ganzen Haus nicht finden können, obwohl er ihm doch hatte sagen wollen, dass er erst später Abends wiederkehren würde. Schließlich hatte er den Griechen im Garten angetroffen, doch da war er bereits zu spät.
Janus würde mit Sicherheit mit ihm schimpfen, doch seine Freunde kannten ihn und wussten, dass er niemals aus Böswilligkeit zu spät kam. Es war wohl einfach Teil seiner Persönlichkeit.Er erreichte die Villa der Familie Montis mit reichlich Verspätung, doch da er bereits erwartet wurde, stand gleih am Eingang ein Sklave, der ihn hineinführte.
"Salvete.", grüßte er, als er in den Speiseraum kam, wo bereits alle anderen versammelt waren. Janus und Danius waren da, und natürlich Aulus und Lucretia. Zu Maximus' Überraschung war auch Aulus Tochter Cornelia anwesend, doch stören tat es ihn nicht.
"Salve, Maximus. Schön, dass du dich auch dazu entschieden hast, uns mit deiner Präsenz zu beehren.", sagte Janus, doch das Grinsen auf seinem Gesicht verriet, dass er es weniger bissig und vorwurfsvoll meinte, als es im ersten Moment klang.
"Verzeit bitte, mein Freund.", sagte Maximus an Aulus gewandt. "Ich habe verschlafen."
Dass er danach erst noch das ganze Haus nach seinem Sklaven abgesucht hatte, verriet er nicht. Zwar war er manchmal schwer von Begriff, aber dass es die allgemeine gute Laune kaputt gemacht hätte, würde er den Griechen erwähnen, das verstand sogar er.
Aulus seufzte. "Warum auch immer du verschlafen hast... mitten am Tag.", er machte eine wegwerfende Handbewegung. "Jetzt lasst uns speisen. Das Leben ist zu kurz, um sich über Maximus Unpünktlichkeit aufzuregen."
Maximus machte den Mund auf, um sich zu verteidigen, doch sah dann ein, dass sein Freund recht hatte. Also machte er den Mund wieder zu und nahm neben Janus und dem Hausherren platz, bevor die Köche Essen hereinbrachten.

Der Wissende

Das Haus - die Villa - war geschmackvoll eingerichtet, aber er hatte von der Familie Montis nichts anderes erwartet. Er kannte sie zwar nicht gut, aber was er gesehen hatte, wusste er zu analysieren und die Familie hatte einen Ruf. Er musste nicht immer schlecht sein, damit er Danius erreichte, es musste nur ein Ruf sein.
Cornelia Montis saß auf einer der Liegen und zum dritten Mal an diesem Abend kreuzten sich ihre Blicke. Danius konnte sie nicht einschätzen. Auf den ersten Blick war sie wie all die anderen noblen Töchter der reichen Männer Roms: gut gekleidet, mit gelangweiltem Gesichtsausdruck und zu höflich um zu sagen, dass dieser Abend sie jetzt schon langweilte. Aber Danius konnte nicht glauben, dass das alles war. Sie hätte sich dem Abend entziehen können - Danius war sich sogar ziemlich sicher, dass sie gar nicht in diesen Raum gehörte - aber das hatte sie nicht getan und sie sah auch nicht aus, als würde sie es in den nächsten Stunden tun.
Noch bevor sie oder irgendjemand anderes etwas sagen konnte, wandte er den Blick ab und blieb stumm. Er wollte nicht der seltsame Gast sein, der die Tochter des Gastgebers anstarrte.
"Senator Scrivus-", setzte Zenturio Baccis an und Danius winkte ab.
"Bitte, Senator Scrivus klingt, als würdet ihr mich gleich zu Tode verurteilen. Ich bin Danius für Euch."Auf dem Gesicht von Janus Sitznachbarn, Prätor Bonus, breitete sich ein Lächeln aus und auch Prätor Montis schien nicht beleidigt.
"Nun gut, Danius.", setzte Zenturio Baccis fort, "Man hört viel über Eure... Quellen."
Danius konnte die Meinung des Zenturios in den Worten hören, die dieser ihm sorgsam ausgewählt auslegte.
"Und nachdem, was Ihr mir über Senator Aquilius erzählt habt, haben wir uns einige Gedanken darüber gemacht, wie Eure Sicht auf den Senat wohl sein mag."
Es war eine Falle.
Ein Test.
Und darauf war Danius nicht vorbereitet gewesen.
Er hasste es, das zugeben zu müssen, aber sich selbst anzulügen, würde ihm auch nicht bei einer Lösung und passenden Antwort helfen.Also gestand er es sich selbst ein und versuchte das ganze wie eines der Rätsel zu sehen, die er früher geliebt hatte.
"Der Senat", fing er an und suchte einen Moment nach Worten, bevor er weitersprach, "ist, meiner Meinung nach, nicht das Problem. Wenn wir denn davon ausgehen, dass es ein Problem gibt. Meine Sicht? Nun, es wird zu viel Zeit auf die Debatten verschwendet, wie wir etwas tun, während wir es schon tun könnten oder ob wir etwas tun könnten, wenn ganz klar ist, dass Handeln erforderlich ist. Die alten adelige Familien Roms haben noch immer eine fest zugeschriebene Macht, die sich nur schwer lösen lässt. Das muss nicht unbedingt etwas schlechtes sein, aber wenn wir schon über etwas abstimmen, dann sollte diese Abstimmung von Überzeugung und nicht von Macht, Geld und längst vergangenen Adel geprägt sein. Nehmen wir die Familie Aquilius einmal als Beispiel. Wer es wagt, im Senat gegen Senator Aquilius zu sprechen, müsste lebensmüde oder Teil einer mächtigen Allianz sein, die ihn schützt, um nicht vollends seinem Untergang entgegen zu blicken."
Er hatte keines von beidem gehabt. Er hatte die Gutmütigkeit eines erfahrenen Senators gehabt, aber Danius wusste, dass man sich auf soetwas nicht sicher verlassen konnte.
"Ich weiß, dass das vermutlich absonderlich klingt, aber der alte Adel sollte nichts bedeuten, Familiennamen sollten nichts bedeuten und würden sie das nicht, säße die Hälfte aller Männer vermutlich nicht einmal mehr im Senat. Meine Sicht auf den Senat ist einfach: zu viel erkaufte Macht und zu wenig Kompetenz."


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