VIII

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Der Sklave
Nachdem er beinahe in der Wanne eingeschlafen war, hatte Alexandros beschlossen, dass er sich vielleicht besser beeilen sollte, und den Dreck von seiner Haut waschen. Das warme Wasser hatte ihn von den schlimmsten Muskelschmerzen befreit, allerdings hatte es höllisch in den Wunden gebrannt, die nach seiner Säuberung noch empfindlicher waren. Doch aus Erfahrung wusste er, dass der Schmerz einer heilenden Wunde die beste Art des Schmerzes war.
Er erhob sich aus dem Wasser, noch immer etwas schwerfällig, doch längst nicht mehr so versteift wie zuvor. Stumm dankte er dem Prätor, dass er ihm das Bad ermöglicht hatte. Neben der Wanne hatte Athina ein Tuch gelegt, mit welchem er sich abtrocknete, ehe er den Raum verließ und etwas planlos im Flur stand.
Zuhause, im Anwesen seines Vaters, wo er gelebt hatte, wenn er nicht mit seinen Soldaten in den Ausbildungslagern gelebt hatte, hatte er sich stets in einem Bad waschen können, von wo er direkte Sicht auf das türkis-blaue Meer gehabt hatte. Er hatte direkt aus dem Raum gehen können, auf die Terasse und sich für einige Stunden im Schatten von Olivenbäumen ausruhen und von den Strapazen der vergangenen Zeit erholen können.
Doch hier war es anders.
Und das fiel in ihm just in dem Moment auf, als er durch den Flur ging, mit dem Tuch seine kurzen Haare trocknete und sich auf einmal dem Prätor gegenüber fand.
Er hielt in der Bewegung inne, sah Maximus an, der in mit halboffenem Mund anstarrte. Er sah geschockt aus, doch Alexandros verstand das Problem nicht wirklich. In der Armee war es doch üblich, seine bekannten, befreundeten, mit dienenden Soldaten in ihrer von den Göttern gegebenen Pracht zu sehen. Er blinzelte.
Und dann verstand er, dass es in Rom scheinbar nicht üblich war.

Der Einsame
Maximus brachte kein Wort heraus. Nicht ein Laut kam über seine Lippen. Er sah ihn einfach nur an.
Sein früherer Legat hätte ihn dafür zur Schnecke gemacht und ihn die Latrinae putzen lassen, aber sein früherer Legat war tot. Und Maximus Prätor. Ein sehr geschockter Prätor, aber ein Prätor und noch dazu Herr des Hauses.
Er hatte schon viele Männer gesehen, auch viele Männer mit Muskeln aber das gerade... das war etwas anderes. Etwas ganz anderes. Alexandros war... gutaussehend. Seine dunkle Haut schien im Sonnenlicht zu leuchten, genau wie seine Augen. Er hatte ausgeprägte Muskeln, die von jahrelangem Training kommen mussten und- Maximus Blick wanderte tiefer, dann schoss sein Blick zurück zu Alexandros blauen Augen, die ihn verwirrt und im nächsten Moment wissend ansahen.
"Oh Götter.", murmelte Maximus und wandte den Blick ab, aber er konnte trotzdem das amüsierte Funkeln in den Augen des griechischen Prinzen sehen.
"Römer.", murmelte dieser, "so beschränkt."
Und Maximus hatte eine Ahnung, was er damit meinte. Er räusperte sich und hielt den Blick strickt auf die Augen des anderen gerichtet, während er sprach: "Es ist Zeit zu Abend zu essen. Den Gang weiter runter findest du ein Zimmer, es steht für dich ein Bett und.. frische Kleidung zur Verfügung."
Er spürte, wie ihm die Hitze in den Kopf stieg, aber das schob er auf das warme Wetter. Dass es zunehmend kälter wurde zum Abend hin, ignorierte er dabei gekonnt. Er traute sich nicht, ihm zuzunicken aus... bekannten Gründen und verzichtete darauf. Stattdessen räusperte er sich ein weiteres Mal, drehte sich um und ging zügigen Schrittes in Richtung Esszimmer.
Seine Gedanken rasten und diesmal, ließ er sich nur zu gern - auch wenn er das nicht zugeben wollte - in das Gedankenchaos seiner Vorstellungskraft fallen.

Der Sklave
Alexandros sah dem Mann schmunzelnd nach.
Als er ihn gerade im Flur erblickt hatte, ihre Blicke sich getroffen hatten und der Blick des Römers dann doch seinen Körper nach unten gewandert war, hatte er verstanden, dass Maximus vermutlich zum ersten Mal in einer solchen Situation war.
"Oh Götter.", hatte er gesagt und der Prinz war sich nicht sicher gewesen, ob es Verzweiflung, Überraschung oder eine gewisse Erregung gewesen war, die er in der Stimme gehört hatte. Vielleicht war es auch alles drei gewesen.
"Römer.", hatte er gemurmelt. "So beschränkt."
Daraufhin hatte der Prätor wieder zu ihm geschaut, und sich geräuspert, während er ihm tapfer weiter in die Augen blickte. Er hatte sich geräuspert, und etwas davon gesagt, dass den Gang hinunter ein Zimmer für ihn wäre. Doch Alexandros hatte ihm nur mit halbem Ohr zugehört, weil es ihn überrascht hatte, dass es ihm gefiel, von ihm angesehen zu werden.
Er hatte schon mit mehreren Leuten geschlafen, und darunter definitiv auch Männer. In Griechenland war das ja auch völlig normal, und nichts ungewöhnliches. Im Gegenteil, wenn man der Armee beitrat - oder wie in Alexandros Fall, von seinem Vater ihn dorthin abgeschoben wurde -, dann erwartete man schon quasi, dass man mit seinen Kameraden schlief. Wie sonst sollte man sich die Zeit vertreiben?
Doch auch wenn er sich in dem Bereich nicht für unerfahren hielt, dieses Gefühl war neu. Dieses Prickeln, als der Blick des Römers seinen Körper entlang geglitten war-
Nein, sagte er sich. Es musste am römischen Wasser liegen, in dem er gebadet hatte. Sicher missfiel es Poseidon, dass er sich in falschem Wasser gewaschen hatte. Anders konnte er sich nicht erklären, dass es ihm gefiel, von einem Römer auf diese, wenn auch noch sehr verhaltene, Weise angesehen zu werden.
Während er den Gang hinunterging beschloss er, dem Meeresgott heute zu opfern und ein Gebet zu sprechen. In dem Zimmer angekommen fand er einen einfach gehaltenen Chiton, und sofort, als er das griechische Kleidungsstück anlegte, wusste er, dass er nun als Sklave gezeichnet war. Das Kleidungsstück war nämlich nur links geschlossen, sein rechter arm blieb frei - wie es für Arbeiter üblich war.
Allerdings hatte es gerade den Vorteil, dass weniger Stoff auf seinen Wunden war und sie verdrecken konnte. Und auch, wenn er sich in dieser einfachen Kleidung etwas seltsam fühlte, war es doch ein Stückchen Heimat.

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