IX

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Der Verlassene
Janus lief wütend durch die Straßen von Rom.
Welchem Gott hatte er denn vergessen zu opfern, dass er nun so bestraft wurde? Er konnte es absolut nicht haben, dass er sehenden Auges seinen besten Freund ins Verderben rennen sehen musste. Doch genau das geschah gerade. Maximus beging einen unfassbaren Fehler, und Janus war sich nicht sicher, worüber er sich mehr aufregte; darüber, dass Maximus sich einen Graecus gekauft hatte, dass dieser sich nicht verneigt hatte, oder dass Maximus ihm nicht glaubte.
Auch auf den dritten Freund in ihrem Bunde, Aulus Lucius Montis, war er reichlich wütend. Warum hatte dieser Taugenichts (Janus dachte dies über seinen Freund im respektvollstem Ton, jedoch war er sauer und kannte den Prätor schon länger als die meisten anderen, weshalb seine Wortwahl in Ordnung war), ihren gemeinsamen Freund nicht aufgehalten?
Maximus hatte nicht viele Feinde, innerhalb Roms. Einige, die ihn beneideten, ja. Aber wenige, die ihn hassten. Doch die wenigen, die es gab, würden gewiss den Graecus als Angriffspunkt verwenden, oder schlimmer, Gerüchte in die Welt setzen.
Auf seine gedankliche Liste mit Dingen, um die er sich kümmern musste, setzte er, dass er mit einem Freund aus dem Senat, Danius Scrivus, sprechen musste und ihn darum bitten, ein Auge auf die Situation zu haben. Denn auf wundersame Weise, schien es immer so, als wüsste der Senator ganz genau, was es Neues in der Gerüchteküche gab.
Eigentlich hatte Janus noch etwas auf dem Forum zu erledigen, doch kannte er sich und sein... Temperament, weshalb ihm klar war, dass er jeden Menschen, der ihm auf seinem Weg begegnen würde, völlig grundlos anpampen würde. Daher hatte er beschlossen, erst noch einen kleinen Spaziergang zu machen. Seinem Seelenheil zuliebe.
Doch nach einer Weile beschloss er, dass auch ein Spaziergang ihm nicht zu helfen schien, und er sich trotzdem um seine Pflichten kümmern musste. Und so drehte er sich an der nächsten Kreuzung um neunzig Grad und marschierte in Richtung des Forums.

Der Sorgende
Aulus Lucius Montis konnte, alleine aus Prinzip, viele Leute nicht leiden.
Aber die Abneigung, die er für Senator Aurelis Patros empfand, war etwas besonderes. Gut, dieser Nebulo hatte es gewagt, seine Frau nicht nur anzusehen, sondern ihr auch noch ein Angebot zu machen, das weit unter die Gürtellinie ging und natürlich auch gehen sollte.
Gerade eben hatte er ihn nicht erwischen können, denn er wusste wahrscheinlich genau, dass ein Zusammentreffen jetzt mehr als nur gefährlich war. Außerdem war Maximus dabei gewesen und auch wenn Aulus sich eigentlich sicher war, dass Maximus ihn nicht anschwärzen würde, wollte er doch nicht handgreiflich werden.
Aber jetzt... jetzt war dieser Sohn einer Lupa ungeschützt und Maximus zuhause. Dort, wo Aulus eigentlich auch hin gewollt hatte, aber er musste Aurelius zur Rede stellen. Er würde eine solche Beleidigung nicht auf sich sitzen lassen, erst recht nicht, wenn es um dem Ruf seiner Familie ging, um den Ruf seiner Frau.
Lucretia war, von dem Augenblick an, in dem sie ihm versprochen worden war, seine ganze Welt gewesen. Er war bereits mit 11 Jahren fest davon überzeugt gewesen, dass Venus sie höchstpersönlich geschaffen haben musste. Sie waren einander versprochen gewesen, seitdem feststand, dass ihre Familien jeweils einen Jungen und ein Mädchen geboren hatten. Und kurz bevor er seinen Ehrentitel als Prätor bekommen hatte, hatte er sie zur Frau genommen. Jetzt hatten sie einen Sohn und eine Tochter und in all den Jahren, in denen sie eine Familie gebildet hatten, war Lucretia treuer gewesen, als jeder andere Mensch in seinem Leben.
Umso mehr hatte es Aulus überrascht, aber vor allem entzürnt, als sie am gestrigen Nachmittag verwirrt und völlig außer sich, zu ihm gekommen war und erzählt hatte, was Aurelius für einen Schwachsinn von sich gegeben hatte. Und jetzt hatte Patros auch noch die Dreistigkeit, ihn wissend anzugrinsen, als Aulus auf ihn zuging.
"Ave, Prätor.", sagte er und Aulus hätte ihm am Liebsten das Grinsen aus dem Gesicht geschlagen. Stattdessen erinnerte er sich jedoch daran, dass er mitten auf dem Forum war und dass hier eine Menge Menschen sehen würden, was geschah und sah den Senator einfach nur mit regungsloser Maske an.
"Senator.", sagte er, "Ihr habt einen Fehler gemacht."
Es war keine Frage, keine Implizierung eines möglichen Vergehens, einfach eine Feststellung. Ein müde Feststellung aber der Senator wirkte sofort nervöser.
"Habe ich das, Prätor?", fragte Aurelius Patros und in Aulus fing es an zu brodeln.Normalerweise machte Aulus die Hitze nicht zu schaffen. Er war Römer, in die Sonne und Hitze quasi hineingeboren und er war den Göttern immer treu geblieben. Aber jetzt schien Apollon entzürnt, denn die Hitze stieg ihm in den Kopf, machte es schwer zu denken zwischen den rasenden Gedanken und der Wut, die sich so schnell in seinem Körper ausbreitete.
Der Senator hatte kein Recht, solch eine Arroganz an den Tag zu legen und er hatte erst recht kein Recht, seine Frau so zu beleidigen.
Das Einzige, was Aulus jetzt noch davon abhielt, dem Nebulo die Schneide eines beliebigen Messers von einem der Stände auf dem Forum auf eine ganz besondere Art und Weise zu zeigen, war die Schande, die er über seine Frau und Kinder bringen würde, würde herauskommen, warum es ein solche Verbrechen auf dem Forum gegeben hatte. Und Aulus würde niemals, unter keinen Umständen, seiner Familia Schande bereiten.
"Das habt ihr, Senator. Und es ist an der Zeit für eine Entschuldigung.", presste Aulus bemüht ruhig heraus und das selbstgefällige Grinsen des Senators wurde noch sicherer.
"Vielleicht solltet Ihr Euch entschuldigen, Montis. Ich bin mir sicher, hätte Eure Frau nicht solche Angst vor Eurer Reaktion gehabt, dann-"
Der Bogen war überspannt. Aulus ballte die Hand zur Faust, doch anstatt ihn zu schlagen, zog er den Römer an seiner Toga ein gewaltiges Stück näher.Die Angst in den dunklen Augen des Senators brannte heller als die Fackeln im Tempel des Jupiter Optimus Maximus.
"Ihr könnt nicht einfach-", begann Patros zu zetern und für einen Moment, erinnerte er Aulus an einen Ziegenbock.
Aber Aulus wollte sich nicht noch mehr anhören müssen, nicht von diesem nequissimus.
"Jetzt hör mir mal ganz gut zu, Patros. Du hattest weder das Recht, noch den Stand dazu, meine Frau dermaßen zu entwürdigen. Und wenn du ihr nicht zugetraut hast, dass sie mir Dinge anvertraut, dann hast du dich getäuscht. Du hast Glück, dass ich dich nicht höchstpersönlich entmanne, damit so etwas nie wieder vorkommt. Also entweder höre ich jetzt die ausgeschmückteste Entschuldigung, die es seit dem Anbeginn des Emperium Romanum gegeben hat, oder ich sorge dafür, dass du vor deinem Prätor kniest und nie wieder aufstehst.", knurrte Aulus und mit jedem Wort wuchs die Angst in den Augen seines Gegners, bis er endlich einige Worte herauspresste.
"G-Guten Tag, Centurio Baccis."

Legions of FateWhere stories live. Discover now