Lichterlieder

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Meine Lieben,

da bin ich mal wieder! Das hat jetzt länger gedauert, als ich vorhatte, ich hoffe, ihr verzeiht mir. Meinem Laptop geht es aber wieder gut, immerhin. Eigentlich habe ich gar nicht viel zu sagen ... Die englischen Zeilen sind aus Tracy Chapmans "Fast Car" (nicht dieser schreckliche Remix!). Wenn ihr es nicht kennt, hört es euch an. Wenn ihr es kennt, hört es nochmal, es lohnt sich. :3

Viel Spaß beim Kapitel.

Kuss,

Luna <3

* * *



8. Lichterlieder

Ihr sagt, er scheint verrückt zu sein –
Das kommt daher, weil die Musik,

zu der er tanzt,

für eure Ohren nicht geschaffen ist.

Dschalal ad-Din Muhammad Rumi

*

Lichter.

Funken, die aus der Dunkelheit auftauchen, glühwürmchengleich zu tanzen beginnen. Sie steigen auf, drehen Pirouetten, lassen sich fallen und flackern im Takt, blinzeln ihr zu. Sie wirbeln und glitzern und knistern Lieder für sie und sie ertappt sich dabei, dass sie die Melodien übernimmt, leise für die Funken zu summen beginnt. Und sie scheinen sich zu freuen, ihr Leuchten wird stärker, sie wirbeln und taumeln und rasen auf den Spuren ihres Lieds, das Summen in ihren Ohren schwillt an zu einem reißenden Orkan –

Indigo riss die Augen auf. „Das ist doch albern." Mit ein paar Schritten hatte sie das krächzende Radio erreicht und brachte das Violinkonzert mit einem skrupellosen Knopfdruck zum Schweigen. Herausfordernd sah sie sich um, krampfhaft darum bemüht, sich ihre Atemlosigkeit nicht anmerken zu lassen. Mio, Lysanna und Moreno erwiderten ihren Blick mit höchst unterschiedlichen Mienen. Es war inzwischen fast Mittag, und Indigo kam nicht umhin, Lysannas offensichtliche Ungeduld zu teilen. Seit Stunden diente Mios Wohnzimmer nun schon als Übungsraum für Indigo, die unter den kritischen Augen ihrer Lehrer ihre hartnäckige Unfähigkeit demonstrierte, irgendetwas ansatzweise Magisches zustande zu bringen.

„Woran liegt es diesmal?"

Lysanna gab sich keine Mühe mehr, ihrer Stimme den scharfen Beiklang zu nehmen. In der ersten Stunde hatte sie sich erstaunlich geduldig gezeigt – offenbar ein stummer Dank dafür, dass Indigo ihr kürzlich das Leben gerettet hatte. Doch inzwischen schien sie diese Schuld für beglichen zu halten und kritisierte Indigo so hemmungslos wie eh und je.

„Keine ... keine Ahnung." Missmutig ließ Indigo sich auf die abgewetzten Dielen sinken und begann, Fäden aus dem fransigen Saum ihrer Jeans zu ziehen. „Es fühlt sich nicht richtig an."

„Aber die Musik hilft?" Morenos Stimme war sanft, was Indigo dazu zwang, ihren Blick starr auf die schwarzen Flusen gerichtet zu halten. Mechanisch löste sie einen Faden nach dem anderen, bis das linke Hosenbein sicher einige Millimeter kürzer war als das rechte.

„Keine Ahnung. Ich dachte schon, also ... das klang schon sinnvoll. Dass die Musik mein Schlüssel ist." Sie hob den Kopf und wandte sich hilfesuchend an Mio. „Ich meine, das war bei meiner Mutter auch so, oder? Sie hat ihre Magie über Melodien kontrolliert?"

Mio nickte. „Wann immer sie gesungen hat, war die Luft um sie herum erfüllt von Energie. Das ist eine extrem seltene Begabung, aber nach allem, was ihr mir erzählt habt, scheinst du dieses Talent mit ihr zu teilen."

„Wir hätten früher darauf kommen sollen", ergänzte Moreno entschuldigend, „Eigentlich war dein Auftritt in der Bar ein sicheres Zeichen. Aber dieses Phänomen ist so selten ... ich habe einfach nicht daran gedacht. Erst, als du mir geholfen hast, Lys zu heilen. Da war ein ... eine Art Summen in meinen Ohren, weißt du, etwas wie ein weit entferntes Lied ..."

INDIGO EYES - Im Zeichen der ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt