Kriege im Blick

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Meine Lieben,

da bin ich! Es geht weiter! Ein kleines Stück nur, aber es geht weiter. Vorhang auf für die Versammlung der Hochmagier ... Erster Akt. Oder so.

Viel Spaß und lasst mir eure Meinung da! 

Kuss,

Luna

* * *


14. Kriege im Blick


Wer hinter die Puppenbühne geht, sieht die Drähte.

Wilhelm Busch

*

Die Hochmagier erwarteten sie stehend und in völliger Stille. Indigo hatte mit Unruhe gerechnet, mit tuschelnden Stimmen und flüchtigen Blicken in ihre Richtung, doch stattdessen war jedes einzelne Augenpaar direkt auf sie gerichtet und niemand sprach ein Wort. So langsam, wie sie es aushielt, trat Indigo vor, jeder Schritt ein Paukenschlag in ihren Ohren. Blicke nagten an ihr, durchdrangen mühelos die schützende Schicht ihres neuen Umhangs und verbissen sich in ihrer Haut, bereit, sie zu zerlegen bis auf die Knochen. Indigo widerstand dem Bedürfnis, sich die Blicke vom Gesicht zu kratzen und steuerte den leeren Stuhl an, der im Zentrum des Halbkreises aus Hochmagiern platziert worden war. Sie brauchte nur wenige Schritte, um die Strecke zurückzulegen und doch fühlte sie sich, als sie schließlich das glatt lackierte Holz der Lehne unter den Fingern spürte, erschöpft. Zum ersten Mal wagte sie es, den Blick auf ihre Umgebung zu richten und begegnete prompt einem vertrauten braunen Augenpaar. Die Königin stand direkt vor ihr, von Kopf bis Fuß in silbrige Seide gekleidet, ihre Mimik so spiegelglatt wie ihr Umhang.

„Willkommen, Indigo. Nimm doch Platz."

Indigo gehorchte und auf ein für sie unsichtbares Signal hin taten es ihr die Ratsmitglieder gleich und ließen sich schweigend auf ihre thronähnlichen Stühle sinken. Unwillkürlich fühlte Indigo sich an Synchronschwimmer erinnert und sie biss sich auf die Innenseite ihrer Unterlippe, um ein nervöses Grinsen zu unterdrücken.

Analina war stehengeblieben. Sie ließ den Blick einmal über die Runde wandern, und dann, mit unverändert neutralem Gesichtsausdruck, sprach sie erneut: „Willkommen auf Funkelstein. Ich danke Euch allen für Euer Erscheinen. Mir ist bewusst, dass die Einladung sehr kurzfristig erfolgt ist, aber wie Ihr Euch vielleicht schon denken könnt, handelt es sich gewissermaßen um einen Notfall." Die Königin hielt für einen Moment inne und Indigo glaubte, erneut ihren Blick auf sich zu spüren, bevor sie fortfuhr: „Ich bin letzte Nacht frühzeitig aus Uyneia zurückgekehrt. Grund dafür war Indigos Ankunft. Sie ..."

„Ankunft", echote eine langsame Männerstimme. Analina hielt inne und wandte sich stirnrunzelnd nach links, wo sich ein weiterer Hochmagier bedächtig erhoben hatte. Er ließ sich Zeit, um die reich bestickten Roben um seine Schultern neu zu drapieren und Indigo hatte das deutliche Gefühl, dass er sie absichtlich warten ließ. Als der Mann schließlich den Blick hob, war sie überrascht von den deutlichen Furchen in seinem Gesicht; obwohl Haar und Bart schon lange ergraut sein mussten, hatte sie ihn jünger eingeschätzt, als er sein konnte. Mit den breiten Schultern und seiner selbstbewussten Haltung erinnerte er ein wenig an das Bild eines etwas in die Jahre gekommenen Boxers.

„Ankunft woher, wenn ich fragen darf?"

„Andor", fiel ein weiterer Mann ein, bevor Analina antworten konnte, „Setz dich hin. Die Königin wird uns alle Fragen beantworten, die wir haben, sobald sie mit ihren Ausführungen fertig ist. Habe ich recht?" Der Mann war sitzen geblieben, während er sprach und lächelte unbeirrt zu Andor hinauf, der sich ihm mit offensichtlichem Widerwillen zuwandte.

INDIGO EYES - Im Zeichen der ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt