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,,Bis morgen.'' verabschiede ich mich bei Chase und beuge mich kurz zu ihm rüber, um ihn einen kleinen Kuss auf die Lippen zu geben. Dann nehme ich noch den Blumenstrauß, den ich meiner Mutter zum Muttertag gekauft habe und steige aus dem Auto.

,,Warte.'' höre ich Chase sagen, weswegen ich in meiner Bewegung innen halte und mich zu ihm drehe.

,,Komm mal rüber.'' sagt er und nickt zu seiner Seite, wobei er seine Fensterscheibe runter fahren lässt. Verwirrt mache ich das was er sagt. Mit seinem Zeigefinger signalisiert er mir noch näher zu kommen, was ich dann auch fragend tue. Als ich dann nah genug bin, nimmt er mein Kinn zwischen seinen Fingern und küsst mich viel länger, als ich es davor getan habe.

Chase löst sich wieder von mir und grinst mich an. ,,Jetzt kannst du gehen.'' nickt er zufrieden.

Lachend gehe ich wieder um das Auto und Richtung Haus. Vor der Haustür drehe ich noch einmal um und sehe dass er immer noch dort steht und mir hinterher sieht. Jedoch sind seine Augen deutlich nach unten gerichtet, weswegen ich empört meine Augenbrauen hebe. Als mein Freund wieder von meinem Hintern hochschaut, zwinkert er mir zu und saust dann davon.

Mit meinem Schlüssel in der Hand, betrachte ich noch einmal kurz die weißen Rosen in meiner Hand. Wenn ich mich nicht täusche müssten es genau 50 Stück sein. Meine Mutter macht es mir immer deutlich, dass ich ihr nie was kaufen brauche. Nicht mal an Weihnachten. Sie war noch nie gut in Geschenken annehmen, da sie auch nicht will, dass man Geld für sie ausgibt. Heute aber ist Muttertag, und damit ihr Tag.

Ich stecke den Schlüssel ins Schluss und nach einer Drehung, öffnet sich die Tür und ich trete ein. Ein himmlischer Geruch arbeitet sich sofort einen Weg durch meine Nase und ich errate nach auch nur einer Sekunde, dass es sich um Pasta handelt. Nach dem Wunsch sie zu überraschen, ziehe ich leise meine Schuhe aus und stelle genauso leise auch meine Schultasche in dem Flur. Dann tapse ich Richtung Küche.

,,Das Essen sieht wirklich köstlich aus Mrs. Weyn.'' und meine Füße sind plötzlich am Boden festgewachsen. Das kann nicht sein.

Durch meine angehaltene Atmung, würde es für sie wenn dann nur möglich sein, mein Herz zu hören, welches gegen meine Brust schlägt. Ich selbst kann es durch meinen ganzen Körper hören, und es nicht auf die schöne Weise.

Was zur Hölle ist das?
Was zur Hölle macht er hier?

,,Victoria Schatz bist du zuhause?! Ich habe einen Wagen davon fahren hören.'' höre ich meine Mutter rufen. Das war's dann wohl mit der Überraschung. Ich denke, dafür habe ich aber eine Überraschung bekommen.

Trotz meinen sinkenden Selbstbewusstseins, was ich übrigens garnicht verstehe, reiße ich mich zusammen und hebe meinen schwer gewordenen Fuß an, ehe ich einen Schritt nach den anderen gehe und immer näher zu meiner Mutter und der Kreatur komme.

,,Ja ich bin da.'' setze ich mein Pokerface auf, und fokussiere meine Augen nur auf die Frau, welche am Herd steht. Sobald sie sich umdreht, strahlt sie mich an und kommt mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. Es ist schwer nicht einen Blick zur Seite zu machen, aber ich schaffe es zum Glück, als meine Mama mich herzlich drückt. Auch ich Schlinge meine Arme um sie, muss dabei aber den riesigen Blumenstrauß auf Abstand bringen, damit nicht er auch zerdrückt wird.

,,Alles gute zum Muttertag.'' wünsche ich ihr und wir lösen uns voneinander. Lächelnd überreiche ich ihr ihr Geschenk und stattdessen sie mir wieder eine Standpauke macht, dass es nicht nötig gewesen sei, zaubert sich auch auf ihrem Gesicht ein breites Lächeln.

Ein Moment vergeht und schon werde ich in einer zweiten Umarmung gezogen. ,,Danke.'' sagt sie und küsst mich daraufhin auf die Wange.

Mit dem Strauß jetzt in ihren Händen dreht sie sich zu ihm. Sein Blick aber klebt förmlich an mir.

,,Guck mal wen ich auf dem Weg hierher gefunden habe.'' teilt sie mir überglücklich mit. Wie komisch muss es bitte aussehen, wenn ich mir gerade alles in dieser Küche angucke aber nicht weiter als 2 Meter näher zu ihm gucke? Mir ist aber bewusst dass dieses Verhalten gerade nichts bringen wird, und vielleicht auch ein wenig kindisch ist. Ich muss ihm zeigen dass mein Leben weiter gegangen ist, besser. Und genau das kann er auch gerne in meinen Augen ablesen.

Also wende ich meinen Blick von den Tellern ab und schaue ihm genau in die Augen.

,,Hallo Victoria.'' kommt es von ihn, doch bevor ich mich selbst aufhalten kann, spreche ich schon zu meiner Mutter.

,,Wieso hast du ihn mit hergebracht?'' frage ich sie und fühle mich direkt schlecht, da mich die Worte wesentlich zu harsch verlassen haben.

Meine Mutter ist auch kurz überrascht aber gleichzeitig auch so verwirrt. ,,Ich dachte du würdest dich freuen.'' meint sie und ich kann mir ein kleines humorloses Lachen nicht verkneifen.

,,Du weißt dass ich jetzt mit Chase zusammen bin.'' erinnere ich sie, falls das überhaupt nötig ist. Ich weiß sehr genau, dass auch sein Lächeln gerade verfallen ist, doch das ist das was ich wollte. Er soll nicht lächeln.

,,Das weiß ich doch natürlich. Zayn habe ich nur spontan auf der Straße getroffen und er wollte mir bei meinen schweren Taschen, die ich vom einkaufen habe, tragen helfen. Ich habe mich eigentlich schon lange gewundert wieso ihr keinen Kontakt mehr habt, aber bevor ich das Thema anspreche, wollte ich dass du damit zu mir kommst. Jetzt weiß ich wenigstens den Grund.'' sagt sie und bei dem letzten Satz bleibt mein Herz für eine Millisekunde stehen, bis mir einfällt: Er kann nicht den richtigen Grund genannt haben. Denn es wäre unmöglich dass meine Mutter ihn trotzdem mit zu uns nachhause mitgenommen hätte.

,,Was für eine Lüge hat er dir erzählt?'' frage ich zu schnell, weswegen ich mich sofort wiederhole.

,,Ich meine, was hat er dir erzählt?''

,,Es wurde langweilig in der Beziehung und deswegen wart ihr euch einig, dass ihr es erstmal mit Freundschaft versucht. Jedoch hast du ja die Schule gewechselt, weswegen ich mir so dachte: Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt, wo ihr diese Freundschaft beginnen könnt.'' erklärt sie mir überzeugend und mein Kopf schießt wieder zu ihm. Die Beziehung wurde also langweilig? Vielleicht steckt für ihn da garnicht so viel Lüge drin.

Mich macht es beinahe wahnsinnig dass er wie der unschuldigste Junge gerade in meiner Küche sitzt und ihm das alles amüsiert. Es ist nicht mal ausgedacht, denn seine gehobenen Mundwinkel und das gewisse Funkeln in seinen Augen, helfen mir dabei, diese Aussage zu beweisen. Ich wusste schon bevor die erste Stunde Unterricht heute angefangen hat, und es definitiv zu früh war, um irgendwelchen Stress durchzustehen, dass er was vor hat. Aber wie erbärmlich muss man sein wenn man dies an Muttertag macht und ich offensichtlich ausgeliefert bin, da meine Mutter natürlich dabei ist?

,,Naja wie dem auch sei. Essen ist fertig!''

Ich habe keine Ahnung ob ich für das was jetzt kommt bereit bin, aber ich bin bereit.

You belong to meWhere stories live. Discover now