Mein neuer Sitznachbar

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Die Semesterferien waren nun schon wieder vorbei. Seit vorgestern hatte Elias immer noch keine Zeit, mit mir zu sprechen. Solangsam fühlte ich mich einfach nur verarscht. Was konnte abends so viel wichtiger sein, als mir kurz zuzuhören? Ich wollte es einfach nicht verstehen. Außerdem machte es mir zu schaffen, wie egal ich ihm geworden bin. Ich fühlte mich einfach nur alleine und ich hatte Angst, dass ihm diese Beziehung doch nicht so viel wert war, wie er es immer sagte. Meine größte Angst allerdings war, dass er sich dort wirklich in eine andere Frau verliebt hatte. Aber das konnte ich einfach nicht glauben. In drei Wochen und ein paar Tagen und bei dem vielen Training war da doch kaum noch Zeit. Ich beschloss, den Gedanken einfach schnell wieder aus meinem Kopf zu löschen. Da das neue Semester mein vorletztes war, wollte ich mich voll und ganz darauf konzentrieren.

Ich setzte mich auf meinen Platz. Gottseidank war er noch frei gewesen. Seit meinem ersten Semester hier an der Uni sitze ich in jedem Kurs auf demselben Platz. Es war wie ein Omen. Ich hoffte, dass es in den anderen Kursen auch möglich sein würde. In unserer Uni sind die Kurse nämlich gemischt. Sprich, alle Semester werden aufgeteilt und zusammengewürfelt. Man bekommt die seinem Semester zugeteilten Unterlagen und der Professor half bei Fragen oder erzählte Grundlagen, die jedem helfen konnten. Es war ähnlich aufgebaut wie ein normales Schulsystem, nur mit gemischten Jahrgängen. Mir gefiel es sehr gut hier. Man lernte selbstständiges Lernen und bekam nicht immer alles erklärt. Klar gab es Stunden, wo der oder die Professorin nur redete. Aber diese waren selten. Es gab auch Stunden, wo ich kaum etwas verstand. Die waren leider weniger selten, aber daran wollte ich dieses Semester arbeiten.
Motiviert holte ich meine Stifte und meinen Block heraus. Nebenbei merkte ich, wie sich ein Mann neben mich setzte. Ich beachtete ihn nicht, bis er mich plötzlich ansprach: „Hey Anna". Anna? Woher kannte er meinen Namen? Ich schaute auf in sein Gesicht und überlegte. Es kam mir bekannt vor. Achja, Joshua, der Typ von der Besichtigung auf den Elias damals so eifersüchtig war. „Hey", sagte ich und lächelte ihn freundlich an. Wenn er nun schon das ganze Jahr in diesem Kurs neben mir sitzen sollte, konnte es nicht schaden, wenn wir uns verstehen. „Hast du dich also tatsächlich für diese Uni entschieden?", sagte ich leicht grinsend. Ich erinnerte mich noch daran, wie verloren er über den Campus geschlendert ist.
„Ja, es scheint ein gutes Lernsystem zu sein und die Leute hier sind nett."
War das eine Andeutung auf mich? Wenn ja, was es doch mal ein schönes Kompliment ist. Ein solches hatte ich seit Wochen nicht mehr gehört. Und schon wieder lenkte mich die Sache mit Elias ab. Das musste endlich aufhören, ich wollte mich nicht so von ihm beeinflussen lassen. Denn das hatte er gerade wirklich nicht verdient.

Ich und Joshua verstanden uns mega gut. Er war ziemlich schlau und keine Ahnung, wie, aber er konnte mir sogar bei meinen Aufgaben helfen. Es gefiel mir, wie nett er war. Wäre er ein totaler Miesepeter, hätte dieser Kurs jedes Mal ziemlich anstrengend werden können. Aber es war sehr angenehm, neben ihm zu sitzen. Ich erzählte ihm ein bisschen über die Gegend hier. Wo die besten Restaurants waren, das sehr bekannte Kino, die etwas ruhigeren Plätze, wenn man mal abschalten wollte, und außerdem von der Bibliothek. Die Bibliothek war einfach der beste Ort zum Lernen. Auch die Wohnheimzimmer haben nicht die dicksten Wände. Und nachdem er mir erzählte, dass er sich hier auch eine kleine WG teilte, dachte ich, dass ihm die Information bestimmt nicht schaden würde. Wir verabredeten uns für heute Nachmittag, um ein Eis essen zu gehen, und damit ich ihm etwas die Stadt zeigen konnte. Selbstverständlich habe ich überlegt wegen Elias. Er fände das bestimmt nicht so gut. Zum anderen interessiert er sich gerade sowieso nicht sonderlich für mich. Und da ich hier außer Celina niemanden habe, konnte ich ein bisschen Gesellschaft gebrauchen. Es war doch auch nur eine Gelegenheit, ihm die Stadt zu zeigen und außerdem wusste er, dass ich einen Freund habe. Es gab also keinen Grund, mich schlecht zu fühlen, oder? Ein paar Gewissensbisse hatte ich jetzt schon. Ich beschloss sie allerdings zu ignorieren. So wie Elias mich in letzter Zeit behandelte, brauchte ich auch nicht immer Rücksicht nehmen.

Mein heißer Sommerflirt-Oder doch mehr ?Where stories live. Discover now