Etwas zu nahe...

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Ich und Joshua saßen in der Bibliothek. Es war Samstag und daher relativ leer. Draußen regnete es und man hörte die Tropfen gegen die Fensterscheiben prasseln. Ich liebte dieses Geräusch, es gab einem so ein kuscheliges Gefühl, wenn man drinnen im Warmen saß und wusste, draußen ist es kalt und nass. Da wir uns immer noch in der Klausurenphase befanden, lernten wir sehr oft dort. Es war einfach ruhiger als in unseren kleinen Zimmern mit Wänden gefühlt aus Pappe. Wir hatten uns einen Kaffee to Go von Star Bucks gegönnt und saßen damit nun an einem der vielen Tische. Mit Joshua zu lernen machte sehr viel Spaß. Obwohl er ja stofftechnisch eigentlich deutlich unter mir war, verstand er alles und half mir auch bei allem. Ich fühlte mich außerdem nicht so alleine mit der ganzen Sache mit Elias.
Obwohl- in letzter Zeit waren meine Gedanken eher weniger bei ihm. Wozu auch? Zum Grübeln, weinen und traurig sein? Nein. Ich schob den Gedanken an ihn immer weiter vor mich hin, da ich gerade noch keine Entscheidung treffen wollte oder konnte.

Eine weitere Stunde des Lernens war vergangen und mein Kopf wollte nicht mehr.
„Hey, wollen wir vielleicht eine Pause machen? Mein Kopf qualmt schon, haha",fragte ich Joshua.

„Na klar, ich habe auch keine Lust mehr."

Wir schnappten uns unsere Kaffees und setzten uns auf das Sofa, das in der Nähe unseres Tisches war. Es war deutlich bequemer, als immer auf den harten Stühlen zu sitzen, und unsere Unterlagen hatten wir von dort aus gut im Blick.

„Hast du dir eigentlich schon überlegt, wie es jetzt mit Elias weitergehen soll?",fragte er mich.

Mist. Er hatte mich gerade in einem Moment erwischt, wo ich wirklich alles lieber tun würde, als über dieses Thema zu sprechen. Außerdem war mein aktueller Stand ja nicht anders als vor zwei Wochen. Ich hatte weiterhin keine Ahnung.

„Ne noch nicht,ich denke gerade nicht gerne an ihn oder die ganze Sache. Wieso fragst du?"

„Hat mich interessiert. Aber Anna, jetzt nochmal ganz im Ernst, ich weiß, ich sage das oft, aber du solltest ihm nicht verzeihen. Er hat dich betrogen und ziemlich schlecht behandelt. Wenn ihm doch so viel an dir liegen würde, wie er immer sagt, dann hätte er das doch niemals angetan."

Aua. Das tat schon ein bisschen weh zu hören. Klar, er wollte mir nur helfen und mir das empfehlen, was vermutlich auch das Richtige war. Trotzdem hatten mich seine Worte verletzt. Ich meine, ich weiß doch selber am besten, was alles passiert ist, oder? Aber musste man es immer wieder aufholen oder mir sagen, dass ich Elias quasi einen Dreck interessierte? Dieser Gedanke löste wieder das Gefühl in mir aus, das ich damals hatte, als ich alles herausfand. Meine Augen füllten sich mit Tränen und bevor ich es stoppen konnte, fing ich an los zu heulen.

„Ey, das war doch nicht böse gemeint. Es war vielleicht etwas blöd ausgedrückt, tut mir leid", sagte er vorsichtig .

„Ach, alles gut. Es hat nur gerade alles wieder in mir hochgeholt, weißt du. Und deshalb hasse ich es auch gerade, an ihn zu denken oder daran was in Zukunft sein soll",wimmerte ich.

„Das verstehe ich.Tut mir wirklich leid, ich werde ab jetzt nicht mehr fragen."

„Nein, du kannst ruhig fragen wirklich. Nur wenn ich darüber nachdenke, werde ich immer traurig. Weißt du, in meinem Kopf sind so viele Fragen.Ich weiß ja nichtmal, ob er an dem Abend sogar noch mit ihr geschlafen hat oder nicht. Oder ob es die erste Frau war, mit der er mich betrogen hatte. Es sind einfach so viele ungeklärte Fragen offen. Aber ich möchte auch gerade wirklich keinen Kontakt zu ihm, eigentlich will ich einfach nur Ruhe. Ruhe vor der ganzen Sache und vor allem Ruhe vor Elias."

„Ja, das verstehe ich natürlich. Das wird schon alles wieder versprochen. Ich bin immer für dich da, das weißt du ja. „Du bist wirklich so eine hübsche, nette und auch ziemlich temperamentvolle Frau", sagte er grinsend.
„Ich werde dich mit diesem Thema nicht alleine lassen, ich werde dich immer trösten und dabei unterstützen."

Er lächelte mich an und strich mir eine Träne von der Wange. Mir war nicht wohl dabei, von einem Mann so angefasst zu werden, obwohl Joshua für mich natürlich kein Fremder war. Trotzdem war mir Unbehagen dabei. Er hebte seinen Arm und wollte ihn offensichtlich um mich legen. Das war mir eindeutig zu viel. Ich stand auf und sagte „Komm, wir sollten weiterlernen" und ging in Richtung Tisch.
Als wir dort saßen, schaute er mich komisch an. Aber das war mir egal. Ich war immer noch offiziell in einer Beziehung und mir ist egal, was mein Partner macht. Ich möchte mich weder von einem Mann über die Wange streicheln lassen noch in seinem Arm liegen. Ob ihm das passte oder nicht, Joshua musste das akzeptieren. Natürlich hatte ich durch seine ganzen Andeutungen und auch sein Verhalten gemerkt, dass er vermutlich mehr für mich empfand als mir lieb war. Aber ich ging auf keine seiner Andeutungen ein. Klar, war es blöd, dass er eventuell mehr empfindet, aber ich brauche ihn gerade einfach. Er ist der einzige, der über alles Bescheid weiß und der mich tröstet und sich immer Zeit für mich nimmt,ein guter Freund. Ich konnte ihn einfach nicht verlieren...

Mein heißer Sommerflirt-Oder doch mehr ?Where stories live. Discover now