6. Sitzung

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Was da auf meinem Schoß sitzt und anscheinend ein Problem mit meiner Hose hat? Eine Katze. Die hab ich zufällig vor dem Gebäude rumlungern gesehen. Hab erst überlegt, ob ich sie im Bad der Praxis verstecken soll. Aber die Idee davon, dass sie überall hin pinkeln könnte oder, noch schlimmer, in der Kloschüssel ertrinken könnte, gefällt mir nicht so wirklich. Außerdem sah sie so bemitleidenswert aus und ob mans glaubt oder nicht; ich hab auch ein Herz. Ist vermutlich ziemlich klein und verkrüppelt, aber hey, was soll's?

„Jack, was macht die Katze hier?"

Ex-Supermodel-Psycho-Doc findet das Kätzchen offenbar nicht so knuffig wie ich.

„Erstens; das ist ein Kätzchen. Es ist klein und einsam und ich nenne es Little Jack. Zweitens; komm schon, Babe; letzte Woche kam ich stoned hierher. Da ist das hier doch nichts gegen."

„Das Mitbringen von Haustieren zu den Therapiesitzungen ist nicht gestattet."

Die Ärztin presst die Lippen aufeinander und Little Jack krallt sich in meine Oberschenkel. So ein Arschloch. Aber immerhin bleiben die Kratzer nicht und wenn er weiter meine Beine massakriert, werfe ich ihn eiskalt gegen die Wand. Vielleicht ist es aber gar kein 'Er'? Ich hab gar nicht nachgeguckt, aber in beiden Fällen nenne ich es Little Jack.

„Es ist ja kein Haustier. Ich habs auf der Straße gefunden und konnte, beziehungsweise wollte es nicht in Ihrem Bad einsperren."

„Ihnen ist bewusst, dass diese Katze mit gefährliche Krankheiten infiziert sein könnte?"

„Ist Ihnen bewusst, dass mir das ziemlich egal ist? Ich bin unsterblich, schon vergessen, Babe?"

Sie lacht auf, schüttelt den Kopf und schlägt meine Akte auf. Sofort notiert sie sich etwas, schaut dann auf und lächelt freundlich. Mein Doc wirkt heute weniger genervt von mir. „Heute Morgen guten Sex gehabt?", frage ich stirnrunzelnd. Ich fühle mich ein bisschen wie der Bösewicht aus Austen Powers. Dieser eine Film mit dem glatzköpfigen Typen und seiner Katze. Little Jack und ich wären davon die coole Version. Vielleicht sollte ich jetzt mal einfach mein böses Lachen üben und die Katze dabei weiter kraulen? Nein, das würde zu seltsam kommen und dann glaubt die, ich wäre wieder stoned.

„Jack?"

„Hm?"

„Wie war Ihre Woche?"

Ich muss pfeifen, denn diese Woche war hart. Okay, nein. So hart auch wieder nicht. Hatte schon schlimmere und moment, die weiß doch wie meine Woche war.

„Wissen Sie doch schon."

Jetzt nickt das Ex-Supermodel, das heute morgen wohl wirklich guten Sex gehabt haben muss. Sie hat die Frage gar nicht beantwortet, vielleicht ist sie einfach nur high? Hat sich zugedröhnt um das hier durchzustehen. Wenn das stimmt, dann bin ich aber enttäuscht. Wir hätten zusammen kiffen können. Wie steht Little Jack eigentlich zu Drogen? Macht sein kleines Herz bestimmt nicht mit, der Arme.

„Ihr Bewährungshelfer hat mich vor ein paar Tagen kontaktiert und erzählt, dass Sie wieder verhaftet wurden. Möchten Sie mir die Geschichte erzählen?"

Ich sage 'ja' und parallel springt mir Little Jack vom Schoß und inspiziert das Zimmer. Komm schon Jack, pinkle irgendwohin. Dann hab ich was zu lachen.

„Mir war langweilig, also hab ich ein Auto geknackt und das war halt keins von diesen billigen Autos."

Ich grinse vielsagend, doch die Ärztin schüttelt den Kopf, zeigt damit, dass meine Aktion wohl nicht grade die Coolste war.

„Was kann ich denn dafür, wenn die Bonze ihren Luxusschlitten vor meiner Haustür abstellt?"

Das Auto hatte noch diesen Neuwagen-Geruch. Diesen üblen Gestank nach Industrie und deutschen Markenwagen.

Jack Carter Ist UnsterblichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt