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Noah:

Ich weinte, schrie, flehte, aber nichts änderte etwas.

Ich konnte sagen, was ich wollte, alles erklären, aber Dad hörte nicht zu.

Das einzige, was für ihn wichtig war, war wie er seine Söhne, seine einzigen Kinder, dabei erwischt hatte, wie sie rumgemacht hatten.

Er hatte keine Ahnung, dass wir noch nie Sex gehabt hatten und vermutlich war es ihm auch egal. Dass wir uns liebten, war für ihn schlimm genug.

Stundenlang hielt er mir Vorträge, erzählte dabei immer wieder das Gleiche, aber für mich änderte sich nichts.

Ich liebte Cameron. Und das würde sich niemals ändern.

Dad sagte immer wieder, was für ein schlechter Einfluss Cam auf mich gewesen sei, dass er unseren Kontakt hätte unterbinden müssen, dass er dafür sorgen würde, dass wir uns nie wieder sahen.

Als er anfing mir zu erklären, dass ich nicht mehr zur Schule gehen dürfte, weil ich ihn dort sehen würde, war es dann vorbei mit meiner Sprach- und Tatlosigkeit.

Dieser Mann hatte sie doch nicht mehr alle.

„Du spinnst wohl!", schrie ich, sprang dabei auf, sodass er geschockt verstummte. „Willst du mich jetzt einsperren und nie wieder raus lassen oder was?! Ich habe kein Verbrechen begangen! Ich liebe ihn! Ich brauche ihn! Ich will nichts anders als ihn!"

„Sei still!", unterbrach er mich ebenso laut. „Du bist psychisch angeschlagen, Noah, und Cameron hat das ausgenutzt. Bis du 18 bist, kann ich über dich bestimmen und ich sage, du siehst ihn nicht mehr. Und danach gibt es auch noch Möglichkeiten, euch voneinander fernzuhalten."

„Was?!", schnaubte ich. „Willst du mich in eine Klapse stecken, mh? Mich für unmündig erklären lassen? Bin ich verrückt, nur weil ich mich verliebt habe? Tut mir leid, dass das nicht deinen Vorstellungen entspricht! Tut mir leid, dass du das nicht verstehen kannst! Aber das ist mir scheiß egal! Ohne Cameron wäre ich vermutlich längst tot, ich wäre verhungert oder hätte mich umbracht oder sonstiges! Er hat mir so sehr geholfen, wie niemand sonst es jemals können wird! Er ist nicht der böse in der Geschichte! Du bist es!"

Ich konnte diesen Blick nicht länger ertragen, mit dem er mich ansah, und rannte die Treppen in mein Zimmer hoch, ehe ich mich dort einsperrte.

Dad musste mir hinterhergerannt sein, denn er hämmerte an die Tür. „Mach auf, Noah! Lass uns darüber reden!"

„Ich will nicht mit dir reden!", schrie ich zurück. „Du hörst mir doch eh nicht zu! Und außerdem habe ich nichts mehr zu sagen! Ich liebe Cameron, ich will ihn zurück und wenn du was dagegen hast, dann will ich nichts mehr mit dir zu tun haben!"

Ich wusste, wie hart meine Worte waren. Mein Dad liebte mich, er wollte nur das Beste für mich, aber dazu musste er mich verstehen und wenn er es mit Worten nicht tat, dann vielleicht durch Taten.

Taten wie diese, dass ich wartete bis, Kate ihn von meinem Zimmer wegzerrte und beruhigte.

Taten wie diese, dass ich anfing, meine wichtigsten Sachen zusammen zu packen.

Taten wie alles, was ich irgendwie brauchte, um klarzukommen mitzunehmen, als ich in der Nacht aus dem Haus schlich.

Ich war mir ziemlich sicher, dass Cam bei Alec war, doch auch Dad würde das wissen und dort zuerst nach mir suchen. Er wusste auch, dass ich sehr gut mit Sandy befreundet war. Ken wäre eine Option, um mich bei ihm zu verstecken, aber ich hatte ihm gegenüber ein zu schlechtes Gewissen, um ihn um solch einen Gefallen zu bitten.

Mein Weg führte mich also zum Bahnhof. Mitten in der Nacht fuhr noch ein Zug in eine Stadt, die meiner Heimatstadt ziemlich nahe war. Ich nahm ihn.

Erst, als ich in dem Zug war und er sich bewegte, kam ich etwas zur Ruhe, nahm mein Handy raus. Ich wollte Cam Bescheid geben, wo ich war, aber mein Akku war alle und es war auch keiner in Sicht, von dem ich mir ein lade Kabel schnorren konnte.

Ich nahm mir vor, ihn einfach anzurufen, wenn ich bei Dave angekommen war. Bis dahin konnte ich nichts mehr tun als zu warten.


Das Herz meines Bruders (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt