Verliebt, verlobt, vergeben

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Jeongin packte uns beide am Handgelenk und schleifte uns durch die Menge. Mein kleiner Bruder war bestens gelaunt und grinste so breit, dass seine sonst schon schmalen Augen eigentlich nur noch zwei Striche waren. Mit schnellen Schritten zog er mich und Felix zur Doppeltreppe, die hinauf zur Galerie führte, von der man den ganzen Ballsaal überblicken konnte. Beschwingt hüpfte der Jüngere die Treppe hinauf. Ich hingegen erklomm die Stufen beinahe im Zeitlupentempo. Je höher ich stieg, desto nervöser wurde ich. Als ich letztendlich am oberen Treppenansatz angelangt war, glaubte ich gleich umzukippen und hatte das Gefühl, nur noch das Adrenalin, dass durch meinen Körper pumpte, würde mich auf den Beinen halten.

Ich erblickte meine Mutter und meinen Vater, die dicht nebeneinanderstanden und sich gerade einen liebevollen Blick schenkten. Doch nicht nur meine Eltern befanden sich auf der Galerie, auch Chans gesamte Familie war da und die Königsfamilie, zu der sich Felix gerade gesellte. Kurz sah ich mich suchend um und fragte mich, wo mein Partner und seine Familie waren. Leider blieb mir viel zu wenig Zeit, um mich darüber zu wundern.

Mein Vater trat mit dem König an den Rand der Balustrade, um die Gäste des Abends willkommen zu heißen.

„Mir und meiner Familie, ist es eine Freude, euch alle hier begrüßen zu dürfen. Wir haben uns sehr auf diese Gelegenheit gefreut, die Ballsaison ist auch für uns immer etwas Besonderes. Und dieses Jahr haben wir schließlich selbst einen der Auserwählten in der Familie. Deshalb ist es uns eine besondere Ehre, euch alle an unserer Freude teilhaben zu lassen. Denn dieses Jahr gibt es nicht nur eine glückliche Nachricht. Nicht nur mein ältester Sohn Jisung wird heiraten, sondern auch mein zweiter Sohn Jeongin."

Applaus ertönte und ein Murmeln ging durch die Menge. Wahrscheinlich waren auch sie von der Ankündigung überrascht. Ich spürte meine innere Unruhe. Sie schien von Sekunde zu Sekunde anzuwachsen. Gleich würde ich wissen, mit wem ich den Rest meines Lebens verbringen würde.

„Ich habe beschlossen, diesen Ball dazu zu nutzen, um die Verlobungen meiner beiden Söhne zu feiern! Jeongin, Chan kommt bitte her."

Mein Vater drehte sich zu meinem Bruder um und winkte ihn zu sich. Die beiden angesprochenen Jungen warfen sich verliebte Blicke zu und traten nach vorn zu meinem Vater und dem König, der seinen Blick wohlwollen über sie schweifen ließ.

„Jeongin, du bist zwar noch jung, doch nachdem sich dein Zukünftiger so ernsthaft um dich bemüht hat und ich gesehen habe, wie tief und aufrichtig auch deine Gefühle sind, war ich mir sicher, das Richtige zu tun. Deshalb gebe ich euch meinen Segen für diese Heirat und hoffe, dass du für den Rest deines Lebens glücklich sein wirst."

Vater blickte stolz und zufrieden auf den Jüngeren und nickte seinem Freund, dem König zu, der nun das Wort ergriff.

„Ihr dürft euch jetzt die Hände reichen. Zeigt uns hier, vor allen Anwesenden eure Verbundenheit." Der König lächelte den beiden ermutigend zu.

Beinahe schüchtern reichte mein Bruder seinem Liebsten die Hand. Dieser streifte ihm einen wunderschönen Smaragdring über und verschränkte dann ihre Finger. Anschließend hoben sie beide den Arm und präsentierten allen Anwesenden den Ring und ihre fest verschlungenen Hände.

Mein Herz schlug schnell, sehr schnell und ich bemühte mich, nicht in Panik zu verfallen. Gleich würde ich dort stehen. Ich merkte, das meine Hände zitterten und krampfte sie ein wenig fester in den Stoff meines Anzugs.

Nachdem die erste Welle an Jubel und Klatschen abgeebbt war, zog Chan meinen Innie an seine Brust und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Mein Herz schmolz beinahe als Jeongin die Augen schloss und den Kuss zärtlich erwiderte. Erneut ertönte Jubel. Der König lächelte meinen Vater an und beglückwünschte die beiden Verliebten.

Sowohl Chan als auch Jeongin strahlten um die Wette und verbeugten sich höflich. Dann traten sie zurück und machten wieder etwas mehr Platz zwischen den zwei Männern.

Der König wandte sich um und nickte Minho zu, dieser trat neben ihn und ich fragte mich bereits, was das sollte, als der König zum Sprechen ansetzte.

„Es ist mir eine außerordentliche Freude und Ehre, die zweite Verlobung ankündigen zu dürfen." Er winkte mich ebenfalls heran und langsam ahnte ich, was gleich passieren würde. Als ich neben meinem Vater stand, legte dieser mir eine Hand auf die Schulter.

„Ich bin wirklich sehr stolz auf dich Jisung. Du machst unserem Namen alle Ehre, du hast großes Potenzial und verdienst eine genauso schillernde Zukunft." Er drehte mich in die andere Richtung. Sofort blickte ich direkt in Minhos tiefbraune Augen.

Schon ergriff der König das Wort. „Die erstgeborenen Söhne unserer beiden Familien werden ebenfalls den Bund der Ehe eingehen. Lee Minho und Han Jisung, ihr werdet zukünftig das Kronprinzenpaar dieses Reiches sein. Eure Vereinigung und eure Ehe werden dem Land weiterhin Wohlstand und Frieden garantieren. Ihr dürft euch nun die Hände reichen und euch der Öffentlichkeit als Einheit präsentieren."

Vollkommen unfähig, zu verstehen, was gerade passiert war hob ich meine Hand. Sie zitterte noch immer leicht und mein Herz schlug wie wild gegen meine Brust. Ich rechnete fast damit, dass mich der Königssohn gleich von sich stoßen würde, mir einen vernichtenden Blick zuwerfen und gehen würde. Doch anstatt dessen spürte ich warme Finger, die sich um meine Hand legten und einen Ring über meinen Finger streiften. Der Diamant der mich anfunkelte war wirklich atemberaubend, aber mir blieb nur ein Augenblick um ihn zu betrachten. Denn schon schlüpften Minhos Finger zwischen meine und griffen fest zu. Wie in einer Art Trance tat ich es ihm gleich, umschlang seine weichen Finger, dann sah er mir wieder in die Augen und hob unsere Hände an. Wie durch Nebel gedämpft, hörte ich die Jubelrufe und den Applaus. Noch immer starrte ich meinen Gegenüber an und fragte mich, was nun passieren würde. Mein Herz raste. Sein Blick war sanft und schien mich beruhigen zu wollen, doch je länger er mir in die Augen sah, desto schneller schlug mein Herz.

Minho ließ unsere verschränkten Hände wieder sinken, zog aber meine Hand zu sich und platzierte einen Kuss auf dieser. Dann ließ er sie los und nahm die Glückwünsche unserer Väter entgegen. Anschließend drehte er sich herum und verschwand. Ich sah ihm nach und versuchte zu begreifen, was gerade geschehen war.

Ich trat zurück und überließ meinem Vater und dem König den Rest der Ansprache, von der ich so gut wie nichts mitbekam.

Der Erste, der mir entgegenstürzte, war Felix. Er zog mich in eine feste Umarmung und strich mir über den Rücken.

„Willkommen in der Familie", hauchte er. „Hätte ich das gewusst, hätte ich mit ihm gesprochen. Das werde ich jetzt wohl so schnell wie möglich nachholen müssen." Die letzte Worte schienen mehr an sich selbst gerichtet aber ich nickte kurz.

„Danke Felix."

„Komm Jisung, wir nehmen die Glückwünsche der Gäste entgegen." Jeongin winkte mir zu und zog dann Chan am Arm hinter sich her.

„Ich suche Minho und schicke ihn zu dir. Du wirst das nicht alleine machen müssen. Und wenn ich ihn an den Haaren hierher schleifen muss." Die Miene von Felix machte sogar mir Angst aber ich blickte ihn dankbar an.

Alleine wollte ich nicht dort stehen und mich den ganzen Menschen ausliefern. Gut, dass Jeongin und Chan sich freiwillig in die Presche gestellt hatten und die erste Flut an Gratulationen entgegennahmen.

Zwei Minuten später spürte ich, dass sich jemand neben mich gestellt hatte und wusste augenblicklich, dass es nur Minho sein konnte. Er trat dicht neben mich.

„Wir sollten dann mal."

The Earl and the Prince | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt