14. Hetzjagd

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Ich spürte, wie sich weitere Äste und Steine in meine Füße bohrten, doch der Schmerz war nichts im Vergleich zu der Angst, die mich weiter vorantrieb und meine Lungen zum Brennen brachte.
Ich konnte seine Pranken hören, wie sie wenige Sekunden nach mir auf dem Boden donnerten und ich wusste genau, dass er es genoss mich zu jagen.
Mir war auch bewusst, dass ich so gut wie keine Chance hatte, außer in einem Teil des Waldes, wo er nicht so schnell reagieren konnte wie ich.

Er war größer und schneller, aber mit etwas Glück war ich flinker.
Ich sah vor mir ein Dickicht aus kleinen Bäumen und Sträuchern, das an einer Reihe großer Felsen wucherte, wo ich mich hindurchzwängte. Die Bäume waren kaum größer als mein Oberschenkel, aber so dicht besiedelt, dass ich vielleicht eine Chance hatte. Und gerade als ich hindurch war und mich weiter vorkämpfte, hörte ich ihn gegen den Baumstamm kollidieren.

Der Aufprall war immens und der Baum, gegen den er sprang, knackte ächzend, aber er hielt stand, ganz zuwider meinem Verfolger, der nun wütend nach mir schnappte.
Ich konnte seinen verfaulten Atem auf meiner Haut schon spüren und noch mehr Angst stieg in mir hoch.
Schnell wandte ich mich ab und kroch durch Gestrüpp, das durch die Dornen oberhalb mir nur zu ließ, auf allen Vieren so nah wie möglich am Boden hindurchzukriechen.
Mein Cardigan verfing sich in den Dornen und das wütende Kläffen des Wolfes wurde lauter.

Es war immer wieder ein Knacken der Bäume zu hören und ein Kratzen seiner Pranken, die er dagegen schlug.

Nicht mehr lange und er würde sein Hindernis aus dem Weg geräumt haben, also zwängte ich mich weiter nach vorne, als ich hörte wie bereits der Stoff riss und ich nun mühselig versuchte, den Cardigan auszuziehen.

Er hatte sich bereits verfangen und hinderte mich daran, weiter nach vorne zu kriechen, also ließ ich ihn zurück.
Ich kroch weiter und merkte erst jetzt, dass mir heiße Tränen die Wangen hinunterliefen.
Die Dornen gruben sich gnadenlos in meinen Rücken, aber die Hecke lichtete sich nun und ich krabbelte schwer atmend aus dem Gestrüpp hervor.
Ich sah mich panisch um und konnte den Wolf nicht mehr sehen. Was mich aber mehr beunruhigte, war, dass ich ihn auch nicht mehr hören konnte.

Es war wieder totenstill.
Alles was ich wollte, war von hier weg zu kommen, also rannte ich weiter durch die Felsen, die einen Weg anordneten wie eine Schlucht.

Ich kam näher an eine Reihe von Bäumen, die von Büschen umringt waren und gerade als ich mich hindurchzwängen wollte, rieselten kleine Steine und Staub von oben auf mich herab.
Wie gelähmt sackten meine Schultern nach unten und mit vor Schreck geweiteten Augen blickte ich langsam nach oben.
Über mir keine zwei Meter stand der graue Wolf und fletschte seine Zähne mit einem Grinsen, das ich mir immer noch nicht erklären konnte.
Er stieß sich ab und flog über mir durch die Luft, wo er sich drehte und hinter mir mit einem Donnern auf die Pfoten aufkam.
Ich keuchte auf und im nächsten Moment setzte er erneut zum Sprung an und dieses Mal konnte ich nicht so schnell reagieren wie zuvor einmal.

Meine letzte Möglichkeit sah ich darin, zur Seite zu springen, jedoch streifte mich etwas Scharfes an meiner Schulter und ein blendender Schmerz folgte daraufhin.
Ich schrie und im nächsten Augenblick schlugen meine Knie auf den Steinen auf, die am Rande der Steinernen Mauern lagen, die uns umgaben.
Hinter mir rappelte sich der Wolf gerade wieder auf und eine warme, dicke Flüssigkeit lief mir an der Schulter hinab.

Es war unverkennbar mein eigenes Blut, das mir nun den Arm hinunterlief und die Luft mit einem metallischen Geruch erfüllte.
‚Das wars‘, dachte ich mir nur, als er sein Maul gierig leckte und mich anvisierte. ‚so werde ich also sterben‘, dachte ich.
Ein Heulen ertönte und es jagte mir einen Schauer über meinen Rücken.
Keinen vor Angst, Erleichterung. Ich konnte es mir nicht erklären.

The MATE of TWOWhere stories live. Discover now