𝚔𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 7.1

30 7 1
                                    

7. März 14:12 Uhr, Highschool , Halcolne

Für Kilian war es entsetzend zu sehen, dass die Schule einfach ihren normalen Betrieb wieder aufgenommen hatte. Keine Trauer, kein Gedenken an Alice oder die ganzen Toten und Verletzten. Entweder es interessierte keinen hier oder sie wollten einfach nur ihr Image pflegen. Wahrscheinlich war letzteres der Fall. Denn Kilian war sich ziemlich sicher, dass es deutlich auffiel, wenn plötzlich einige Schüler und Lehrer an der Schule fehlten und einige davon auch nie wieder zurückkehren würden.

„Und du bist dir sicher, dass du nicht noch mit dem Direktor sprechen möchtest, Kilian?", fragte Maeve ihn skeptisch, während sie die Treppen zum Eingang heraufstiegen. Ihn erinnerte all das hier an diesen einen Moment vor vier Tagen. Einen Moment, an den er nicht gern zurückdachte.

„Ja, bin ich. Der wird mir exakt dasselbe sagen, was Reyna uns mitteilen wollte. Nur deutlich höflicher und professioneller ausgedrückt. Für sie alle ist Alice die Schuldige..." Kilian begann schon wieder, sich in Rage zu reden. Dabei war es nur noch dieses eine Gespräch heute. Mehr würde er gar nicht führen müssen.

„Rein rechtlich gesehen ist das auch die Wahrheit", erwiderte Maeve kleinlaut und Kilian hasste es unendlich sehr, ihr nicht widersprechen zu können.

„Aber es geht doch auch um die Moral. Man kann doch nicht jahrelang ein Mädchen schikanieren und dann nicht erwarten, dass sie völlig durchdreht. Sogar die Lehrer wussten von den Vorfällen und haben sie einfach ignoriert. Als wäre Alice nur eine lästige Fliege."

Es war kaum zu fassen, dass die Lehrer tatsächlich die verschiedensten Mobbingvorfälle einfach ignoriert hatten. Kilian nahm sich vor, dagegen etwas zu unternehmen. Er wusste noch nicht was, allerdings musste irgendetwas dagegen getan werden. Das stand zumindest fest. Alles was er wusste, war, dass er das nicht länger so stehen lassen durfte.

Nachdem sie von der mit Arbeit überhäuften und überforderten Sekretärin der Schule angemeldet wurden, fragte sie direkt, wo sie hinwollten. „Wir wissen, wo es langgeht, keine Sorge. Meine Tochter besucht diese Schule ebenfalls und da kenne ich mich ein wenig aus."

Bevor die ältere Dame weiter nachhaken konnte, verschwanden Maeve und er aus dem Sekretariat und begaben sich in den Kellerbereich. „Ich weiß von Jane, dass hier das Kunstzimmer sein muss", murmelte er vor sich hin und zog Maeve mit sich.

Es gab nur eine einzige Tür im gesamten Gang, die bunt angemalt war und glücklicherweise offen stand. Das richtige Zimmer hatten sie jedenfalls gefunden.

Höflich klopfte Kilian an die Tür und die merkwürdig aussehende Frau schreckte hoch. Sie war höchstens dreißig Jahre alt. Ihren Klamotten nach zu urteilen war sie allerdings in den 60er Jahren und der Hippiezeit stehengeblieben.

Als sie erkannte, dass Maeve und Kilian zu ihr wollten, stand sie ruckartig auf und schwebte praktisch in ihrem viel zu weiten Tunika und dem knöchellangen Rock in Batikoptik auf sie zu. Ihre Haare kringelten sich und hatten einen ähnlichen kupferroten Ton wie Maeves Mähne.

Maeve starrte die Frau vor ihnen allerdings fassungslos an. Sie selbst war zu jedem Zeitpunkt in schwarzen Hosenanzügen gekleidet. Sehr selten variierte sie in ihren dunklen Farben.

„Hallo... Ähm... Wir sind Colebrook und Lynch von der Kriminalpolizei Halcolne", stellte Kilian sich und seine Kollegin vor und zeigte abwechselnd auf sich und anschließend auf seine Assistentin.

„Kriminalpolizei? Grundgütiger! Was ist denn geschehen? Kommen Sie rein und setzen sie sich!" Sie huschte wieder zurück in das Kunstatelier und bot den beiden einen Sitzplatz vor ihrem Schreibtisch an. Irritiert nahmen sie das Angebot an, fragten sich jedoch, ob die Frau vor ihnen überhaupt mitbekommen hatte, was vor vier Tagen hier geschehen war.

____𝚗𝚎𝚞𝚗𝚞𝚑𝚛𝚣𝚠𝚊𝚗𝚣𝚒𝚐.On viuen les histories. Descobreix ara