23 | Bühne frei.

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┊┊Marilyn Manson - Third day of a seven day binge┊┊


Ich schlafe nicht. Ich drehe mich lediglich von einer auf die andere Seite und lasse den Gedankensturm über mich ergehen; ertrage den wüsten Wind in meinen Haaren, die mir fast von meinem Kopf gerissen werden. Was habe ich nur getan?

Aber egal wie ich es drehe und wende - und egal wie ich mich drehe und wende - es ist die einzige Lösung, wenn ich verhindern möchte, dass meinem Vater etwas getan wird. Und so wie Nils mit mir gesprochen hat, wirkte es auch alles andere als wäre es ein Scherz. Ergeben seufze ich und schlage die Bettdecke zur Seite. Die frische Nachtluft, die durch mein offenes Fenster kommt, kühlt meinen erhitzten Körper nur wenig ab. Ich starre in die Dunkelheit und sehe immer wieder Daniels und Papas Gesichter vor mir. Der Gedanke, einem von beiden das Herz zu brechen, ertränkt mich in tosenden Wogen des Meeres. Nilfperd über Bord! Nilpferd über Bord! Meine Gedanken bringen mich zum Verzweifeln und ich werde immer wütender, weil ich nicht einschlafen kann. Als hätte ich fünftausend Liter Kaffee getrunken. Ich möchte endlich schlafen. Schlafen. Schlafen. Aber das Sandmännchen hat mich heute anscheinend beim Verteilen des Sandes ausgelassen.

Irgendwann schnappe ich mir seufzend mein Handy und besuche '9gag' um meine düsteren Gedanken etwas aufzuhellen.



Müde setze ich mich an den Küchentisch und kann meine schweren Augenlider kaum davon abhalten, ständig zuzufallen.

Papa sieht mich an. "Felix' Mama hat angerufen. Ihr möchtet bitte am Projekt weiterarbeiten. Sie meinte, dass Felix dir wohl auch mehrmals geschrieben hätte deswegen?" Sein Blick ist mahnend.

"Papa, ich will ihn nicht sehen. Mir reicht das schon in der Schule."

"Hat er dir was getan?" Er steht vom Frühstückstisch auf und ballt kurz seine Fäuste.

"Nein, nein. Er hat nichts getan. Eher was gesagt."

Papa nickt langsam. "Das kann man klären. Hannah, ich fahre dich nach der Schule zu ihm - und nehme ich gleich mit. Deine Noten sind mir wichtig - und dir sollten sie auch wichtig sein." Er sieht mich mahnend an und verlässt schließlich die Küche. Ich hole tief Luft und lasse sie wieder langsam aus meiner Lunge entweichen. Wie soll ich den Tag nur überstehen?

Ein Blick in den Spiegel hat mir gereicht. Am liebsten hätte ich wieder kehrt gemacht und wäre in mein Bett gegangen. Ich sehe aus wie eine lebende Leiche. Wie jemand aus 'The Walking Dead' nur mit Zähnen und allen funktionierenden Organen. Meine Tränensäcke haben vermutlich die Größe von Texas und so viel Wasser wie der Atlantik. Vom Salzgehalt könnte es sogar auch passen. Dann brauche ich keinen Salzstreuer mehr - nein, ich weine einfach auf mein Käsebrot! Das ist die Idee!

Ich sehe auf die Uhr und ignoriere den alltäglichen Sprung meines Herzens, weil ich erkenne, dass ich den Bus verpasse, falls ich nicht jetzt sofort losgehe. Nur schwer kann ich mich aufraffen, den Stuhl und die sichere Küche zu verlassen. Mir ist schlecht und ich muss schlucken, weil ich das dringende Bedürfnis habe, mich hier auf dem Boden des Flurs zu übergeben. Mama wäre darüber nicht sonderlich erfreut. Ich seufze ein letztes Mal und ergebe mich letztendlich meinem Pflichtbewusstsein. 

"Tschüss, Papa. Bis nachher!"

"Tschüss, Äffchen!", ruft er aus dem oberen Stockwerk.

Ich reiße meine Augen auf und kann nicht glauben, wie er mich gerade genannt hat. Aber ich habe keine Zeit mehr, mich nach dem Grund zu erkundigen, denn jetzt muss ich rennen.

Von Pizza & Badboys | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt