32 | Schwabbelkuchen, Drama und ein Tänzchen

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┊┊Jasmine Thompson - Willow┊┊


Der Kuchen wackelt gefährlich, als Tante Aurelia ihn mir auf den Teller klatscht. Angestrengt versuche ich, nicht allzu angeekelt auf das wabbelige Stück Kuchen zu starren. Versteht mich nicht falsch - ich liebe Kuchen. Aber ich bin in manchen Sachen extrem empfindlich. Hat das Essen eine bestimmte schleimige Konsistenz wird mir richtig schlecht und ich bekomme keinen Bissen herunter. So geht es mir beispielsweise mit Austern oder Wackelpudding - und bei diesem Kuchen, obwohl er eigentlich auch Teig enthält. Aber die Buttercreme spricht mich so gar nicht an. Heimlich versuche ich, diese vom Kuchenboden zu kratzen, und starre dabei angestrengt und mit unschuldigem Gesichtsausdruck auf meine Mutter, die sich angeregt mit Nelli unterhält, die wiederrum gefährlich ausführliche Bewegungen mit ihrer Kuchengabel-Hand macht. Ich sehe schon die Gabel in Papas Augen stecken, der neben ihr sitzt, aber er kann immer sehr gut ausweichen. Noch.


"Und, Hannah, wie sieht es denn mit dir und der Liebe aus? Hast du endlich jemanden?" Tante Aurelia sitzt neben mir und hält ein wabbeliges Stück Kuchen auf ihrer perfekt manikürten Hand. Die Gabel schwebt in der Luft, was den Kuchen noch mehr wackeln lässt. Ich stopfe mir schnell Kuchen in den Mund um auf diese ewig gestellte Frage nicht antworten zu müssen. Aber Aurelia klimpert nur mit ihren Wimpern und schlägt die Beine übereinander. Sie ist Mamas Schwester und die beiden verstehen sich nur manchmal so gut wie heute. Eigentlich mag ich sie, aber die Tatsache, dass sie mir stets diese Fragen stellt, macht sie leider unsympathisch.


"Hannah hat einen Freund", quietscht Nelli ehe ich antworten kann - gut, ich habe mir auch außerordentlich viel Zeit für die Antwort gelassen. Ich verschlucke mich an meinem Kaffee und sehe Nelli mahnend an.

"Erzähl nicht so einen Quatsch, Nelli!" Beschwörend hebe ich meinen Zeigefinger.

"Nun, wer ist es denn?", möchte Aurelia jetzt wissen, die meine Reaktion völlig ignoriert.

"Er ist nicht mein Freund. Wir sind Freunde. Mehr nicht." Ich kann nicht verhindern, dass mein Ton eisiger wird.

"Weißt du, Hannah, es wundert mich nicht, dass du immer noch niemanden gefunden hast, bei dem Ton den du ständig anspielst; bei dem unfreundlichen Gesicht. Und nie beteiligst du dich an den Gesprächen, das macht dich leider nicht sonderlich sympathisch."

"Aurelia!", Mama stellt ihre Tasse mit einem Knall auf den Tisch, der Nelli zusammenzucken lässt.

"Marina, einer muss es ihr doch endlich sagen. Oder willst du, dass sie niemanden abbekommt? Sie muss sich ändern, sowas will doch niemand! Sie ist so stur und kompliziert. Und sieh dir doch nur mal ihre Arme an. Ein einziges Schlachtfeld!" Aurelias Stimme wird laut und hoch und erzeugt ein hohes Piepsen in meinen Ohren.

Ich sehe Sterne.

"Du bist nicht nett. Lass' Hannah in Ruhe!", Nelli wirft ihren Teller vom Tisch, der scheppernd auf dem Boden aufkommt und in tausend Scherben zerspringt.

Mir wird alles zu viel. Der Stuhl quietscht, als ich ihn zurückschiebe.

"Siehst du, und jetzt läuft sie wieder weg!"

Papa steht auf, sein Gesicht ist rot vor Wut. "Verlass' sofort dieses Haus, Aurelia. So etwas sagst du nicht über meine Tochter!"

Ich bekomme nur nebenbei mit, wie er die Haustür aufreißt und wartet, bis sie unser Heim verlässt. Wie in Trance gehe ich die Treppen hoch, höre nur leise meinen Namen, aber ich ignoriere es. Ich bin taub für äußere Eindrücke, der Sturm in mir übermannt mich und ich weiß nicht wohin mit meinen Gefühlen.

Von Pizza & Badboys | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt