49 | Das Ende oder der Anfang?

7.6K 428 212
                                    

┊┊ The Royal Concept - On Our Way  ┊┊


Wie benommen sitze ich vor dem Arzt in weißem Kittel, der mich untersucht. Noch immer habe ich nicht verstanden, wie das alles verlaufen ist. Was alles passiert ist. Ich habe das alles nur als Zuschauer miterlebt, als stünde ich neben mir und würde mich von außen sehen. Die Liege fühlt sich kalt unter meinen Händen an. Das Leder ist faltig und wirkt abgenutz. Das weiße Schutzpapier knistert leise, als ich mich ein Stück nach hinten lehne. Der Arzt leuchtet mir mit seiner Taschenlampe in die Augen und es blendet. Ich hasse diese Art von Untersuchungen. Hannah, entspann dich. Jetzt hast du schon so viel durch heute, da schaffst du auch noch das.

"Bis auf die leichte Unterkühlung und die Male an ihrem Hals scheinen Sie keinen großen Schaden davonzutragen. Da hatten Sie echt Glück. Auf dem Röntgenbild ist nichts zu sehen, obwohl sie derartigen Schlägen ausgesetzt waren", bemerkt der Arzt und legt seine kleine Taschenlampe wieder zurück auf den weißen Behandlungstisch. Besorgt legt er seine Stirn in Falten und sieht mich an. "Dennoch sollten Sie sich ausruhen. Das, was Sie da erlebt haben, ist nicht leicht zu verdauen. Sie brauchen Ruhe und Erholung. Und ich empfehle Ihnen einige Gespräche, um das Erlebte zu verdauen."

Benommen nicke ich und nehme das Gesagte aber so gar nicht wirklich auf. "Wo ist er?", möchte ich nur wissen und sehe zur Tür. Der Anruf bei meinen Eltern fiel auch eher kurz aus, weil ich so Angst um Daniel habe. Die Angst, die sich in mein Herz frisst, lässt mich zu Stein werden. Ida, Max, Felix und Tom sitzen draußen im Flur. Ida hat mir vorhin eine Nachricht geschrieben. Alles, was ich zurückschicken konnte, war ein Daumen-hoch-Emoji. Ich habe noch nicht die Kraft für Worte. Selbst wenn sie nur geschrieben sind.

Er lächelt leicht. "Er hat schon nach Ihnen gefragt."

Mein Herz explodiert und ich springe auf. Mir wird schwindelig und der Arzt fängt mich gerade noch auf. Seine grauen Augen mustern mich streng.

"Sie haben mir ja anscheinend super zugehört." Er zieht eine Augenbraue nach oben und überlegt. Seine Stirn legt sich in Falten und er fährt sich durch sein grau meliertes Haar. Um seine Augen befindet sich die Andeutung von Lachfältchen, was ihn für mich persönlich direkt sympatischer macht. Jemand der Lachfältchen hat, lacht auch viel und ist bestimmt nett.

"Es tut mir leid, Herr Doktor. Ich bin nur einfach fix und fertig und möchte ihn sehen. Ich mache mir so große Sorgen."

Der Arzt nickt und notiert sich nebenbei etwas auf seinem Block. Ich seufze und beiße auf meiner Unterlippe herum. Mein Kopf ist wie leer gefegt. Nervös sehe ich mich in der Notaufnahme um. Es ist alles höchst steril und in dem Raum an sich ist es sehr ruhig. Nur draußen, auf dem Gang, wirkt es, als ginge die Welt unter. Ich habe mich gar nicht von Daniel verabschieden können. Wir wurden aus dem Hubschrauber gebracht und dann wurde er an mir vorbeigeschoben. Unsere Blicke haben sich kurz getroffen, aber da war er schon um die Ecke. Er fehlt mir. Ich spüre es körperlich so sehr, dass es wehtut und ich mir an mein Herz fassen musste.

"Er ist auf Station drei. Zimmer 42. Er hat Platzwunden und eine leichte Unterkühlung, aber ist - soweit ich weiß - einigermaßen auf den Beinen. Aber das haben Sie nicht von mir." Mahnend sieht der Arzt mich aus seinen grauen Augen an.

"Versprochen", piepse ich und springe auf. Zu schnell. Mir wird wieder schwindelig und ich muss mich erneut hinsetzen.

"Was habe ich gesagt?" Ermahnend hebt der Arzt den Finger.

"Ausruhen und erholen", wiederhole ich.

Er nickt. "So, und jetzt stehen Sie bitte langsam auf."

Ich gehorche und winke ihm zum Abschied. Als ich die Tür öffne, springen meine Freunde sofort von ihren Stühlen auf und sehen mich abwartend an. Jedoch zucke ich nur mit den Schultern und versuche mich an einem Lächeln.

Von Pizza & Badboys | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt