3. Brief

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Allerliebste Leica,

ich melde mich wieder und kann es nicht glauben, dass wir inzwischen schon bei Monat drei angekommen sind.

Wie immer hoffe ich von ganzem Herzen, dass es dir gut geht.

Mir selbst geht es in diesem Moment, in dem ich diesen Brief verfasse nicht ganz so prickelnd, was allerdings keinesfalls an irgendwelchen schlechten Diagnosen liegt, sonder vielmehr an deiner Wendigkeit.

Die Challenges sind es, die mir in den letzten Wochen zu schaffen machen. Deine Challenges wohl bemerkt und selbst wenn ich hier diejenige bin, die anderen immer vorhält nicht zweifeln zu dürfen, so tue ich im Moment genau das – zweifeln.

Ich will dir mit meinen Challenges einen Weg zurück ins Leben zeigen und irgendwie habe ich die Befürchtung, dass das alles nicht ganz so klappt wie ich mir das vorstelle.

Die Befürchtung, dass du beispielsweise in ein noch tieferes Loch fällst, weil meine Ideen für dich momentan nicht umsetzbar sind.

Die Befürchtung, dass du dir irgendwelche Vorwürfe machst und ganz besonders die Befürchtung, dass dich diese blöden Challenges immerzu an mich erinnern und genau das will ich doch eigentlich vermeiden, ich will, dass du einen Weg zurück ins Leben findest, dass du wieder glücklich und zufrieden wirst – allein ohne mich und ich weiß nicht, ob ich dir da sonderlich behilflich bin. Nicht wenn ich versuche dir jeden Monat mit irgendwelchen Aufgaben zu helfen.

Und glaube mir, ich meine es wirklich gut. Ich will helfen mehr nicht und ich will keinesfalls, dass du deshalb ständig an mich denkst und mir nachtrauerst, eher beabsichtige ich das genaue Gegenteil.

Das Problem? Was ist wenn es nicht funktioniert? Was ist wenn meine ach so tollen Ideen doch gar nicht so toll sind wie angenommen?

Meine Güte Leica, ich brauche mal kurz einen Moment um mich selbst zu schlagen, so unsicher und verzweifelt bin ich normalerweise wirklich nicht.

Warte...

Aua...

Okay, das hat weh getan. Ich wusste gar nicht, dass eine Ohrfeige von mir selbst so sehr schmerzen kann, jetzt verstehe ich auch, warum dieser Typ vor zwei Tagen im Park vor Schmerz geschrien hat, als ich ihm eine über gezogen habe.

Aber mal ehrlich, er hat mich da angebaggert wie sonst etwas und irgendeine Scheiße an mich hingelabert, von wegen wie hübsch ich doch wäre, ganz im Gegensatz zu seinen Exfreundinnen und so ein Müll und ob ich nicht Lust hätte mit ihm eine heiße Nacht zu verbringen.

Meine Sicherungen sind leider durchgebrannt und da du nicht zur Stelle warst, konnte mich auch niemand zurück halten, dem überaus netten Mann eine gehörige Ohrfeige zu verpassen. Ehrlicherweise, hättest auch du beschriebene Aktion nicht verhindern können, aber vielleicht wäre sie nicht ganz so brutal ausgefallen.

Grundsätzlich hat er jedoch nichts anderes verdient und übrigens hat es echt Spaß gemacht. Du hättest sein Gesicht sehen sollen, ich glaube er wusste bis dahin nicht, dass Mädchen überhaupt fähig sind Gewalt anzuwenden, nicht das ich jemals bösartig Gewalt anwenden würde, aber in diesem Fall... ich schäme mich dafür wirklich nicht. Vielmehr bin ich ein wenig stolz.

Jedenfalls hat er schon angesetzt mich zurück zu schlagen, die Ohrfeige von gerade eben hätte ich mir dann wohl ersparen können, der Typ hatte wirklich Maße eines Boxers, aber als ich ihm auf den Fuß getreten bin und meinte, dass man bei allen Manieren nun wirklich keine Mädchen schlägt, da hat er sich umgedreht und ist davon gestürmt.

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