8. Antwort

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Hey Betty, meine Liebe,

eine kleine Frage an dich: Kennst du diese Filme? Diese grausam typischen, kitschigen Filme mit Happyend und viel zu viel Drama - ja genau, die Filme, die du so sehr hasst und ich wiederum total liebe, jedenfalls war das immer so, inzwischen kann man auch von meiner Seite aus nicht mehr wirklich von Liebe sprechen.

In jedem dieser Filme gibt es diesen einen Moment. Der Moment bei dem sich das ach so toll zusammenpassende Pärchen streitet und dann trennt, dass sie später wieder zusammenkommen lassen wir jetzt einfach einmal außer vor. Der Trennung geht viel zu oft eine Lüge zuvor. Entweder das Mädchen wurde ausgenutzt, betrogen oder schlicht und ergreifend einfach angelogen oder eben andersherum, seltener vielleicht, der Junge. Ziemlich einfach, ziemlich typisch und ziemlich Film. Tja... große Gedanken habe ich mir darüber nie gemacht, bis mein eigenes Leben von einem Moment auf den anderen mehr als nur ein wenig filmreif wurde.

Ich das Mädchen, logischerweise bin ich nicht ganz so typisch wie in den Filmen immer dargestellt, auch nicht ganz so begabt oder hübsch oder so, aber mein Schicksal gleicht ungefähr jenes dieser Frauen in den typischen Liebesfilmen. Hals über Kopf habe ich mich in einen Jungen verliebt, zum Glück nicht ganz so tragisch, immerhin haben wir uns weder geküsst noch miteinander geschlafen, aber anvertraut habe ich ihm trotzdem viel - viel zu viel.

Mein Herz, meine Vergangenheit und ganz besonders meine Gedanken. Meine zahlreichen Poetry Slams, die er alle wieder zusammengesetzt hat, die er mit dem Computer abgetippt hat und die er zu einem Verlag schicken wollte. Ob es dazu kam weiß ich nicht. Mein Leben habe ich wortwörtlich in seine Hand gegeben. Er weiß von meinem Schweigen, meiner Freundschaft mit dir, all meinen Hochs und Tiefs, jenen Dingen, die ich stets in meinen Texten verarbeitet habe. Neben dir, ist er die einzige Person die mich wirklich gut kennt, sehr gut um genau zu sein. Meine Gedanken, Gefühle, meine Herzensangelegenheiten. Und das binnen kürzester Zeit. Ich meine wann haben wir das erste Mal so richtig miteinander gesprochen? Ist es 3 Monate her? Gar 4? Seit meiner Panikatacke im Auto vielleicht sogar sechs? Ich weiß es nicht, es fühlt sich an als wäre es gestern gewesen. Als hätte ich mein Herz nicht über den Zeitraum von wenigen Monaten verschenkt, als hätte ich nicht von Moment zu Moment immer mehr begonnen zu reden, mich zu öffnen, es fühlt sich an, als wäre das Ganze von einem Augenblick auf den anderen passiert. Als wäre es kein Zufall gewesen, dass er damals meinen Poetry Slam über das Reden in den Händen hielt, sondern pure Absicht. Es ist alles so absurd, gerade erst passiert, kaum verarbeitet und gleichzeitig unendlich weit weg. Zu weit weg. Letztendlich sind es 2 Tage. Eine Nacht liegt zwischen diesem Brief und dem Moment, indem Philipp es geschafft hat mein Herz heraus zu reisen. Einfach so, ohne nachzufragen, dieses Mal wirklich von einem Augenblick auf den anderen. Lies mir keine Zeit Luft zu holen, zu hinterfragen warum und weshalb und was das zu bedeuten hat, es war einfach diese eine Lüge, beziehungsweise die Wahrheit die plötzlich ans Licht kam.

ER HAT MIT DIR GESCHLAFEN.

Und nein, das ist nicht alles, das Ganze geht noch viel tiefer. 

ER hat es damals geschafft dich rückfällig werden zu lassen, dir den Boden unter den Füßen wegzureisen. Wegen IHM wusstest du lange nicht wo oben und unten, vorn und hinten ist. Er ist der Grund weshalb du deinen Glauben hinterfragt hast, die Schuld die eigentlich längst nicht mehr auf deinen Schultern liegt, Enttäuschung, Vergebung.

Es waren tausende Gespräche. Unglaublich viele Gebete und das absurdeste daran: Ich habe uns immer vorangetrieben. Mir ist es immer und immer wieder eingefallen, mir lag es auf dem Herzen, so sehr, weil ich meinte zu wissen, dass Gott einen großen Plan für sein Leben hat, weil ich wollte, dass Gott einen großen Plan mit ihm hat. Weil ich das Ganze nicht so stehen lassen konnte, weil mir da ein Junge aufs Herz gelegt wurde, ans Herz gewachsen ist, wie auch immer, den ich nicht einmal kannte, den ich noch nie gesehen oder gehört hatte. Er existierte nur in deinen Erzählungen. Für ihn konnte ich die Gebete aufbringen, für das was er dir angetan hatte konntest du böse sein, logischerweise, ich nicht, keine Ahnung warum, ich konnte nur beten, beten und weiter beten, weil Gott diesen Menschen verändern würde, weil er einen Plan mit ihm hatte.

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