Tag Vier

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Heute bin ich zu früh in der Lagerhalle. Ich hatte die Nachricht falsch in Erinnerung und war eine Stunde eher als geplant vor Ort. Es war sonst noch niemand da, der nur her gekommen ist, um nur zuzusehen.
Nur die Leute, die schon die Scheinwerfer aufstellen und die Kämpfe organisieren sind um diese Zeit schon hier.
Da ich diese jedoch nicht stören möchte, klettere ich wieder auf das Gerüst und lege mich auf den Rücken, um anschließend meine Kopfhörer an mein Smartphone zu schließen und Musik zu hören.

Ich hatte für diesen Abend sowieso nichts mehr geplant, weshalb es mir nichts ausmacht, eine Stunde zu warten.

Eine halbe Stunde vergeht wie im Flug und als der Titel eines Songs gewechselt wird, höre ich einen kurzen Moment  gedämpft Stimmen, da keine Musik über meine Kopfhörer spielt.

Ich ziehe die Kopfhörer aus meinen Ohren und setze mich langsam auf.
Ich grinse, als ich sehe, dass wieder der bisher unbesiegbare Kerl von den letzen drei Malen mit einem scheinbaren Kollegen die Lagerhalle betritt.
Er unterhält sich mit einem Typen, der ihm von der Statur ähnelt und es scheint um den Kampf zu gehen, da sie Schläge andeuten, die er wahrscheinlich im Kampf anwenden sollte.

Ich überlege einen Moment, ob ich einfach den beiden zuhören sollte, bringe mich dann aber zur Vernunft. Es ist unhöflich, andere Leute zu belauschen, weshalb ich weiterhin meine Musik höre und mich an das Geländer des Gerüstes mit dem Rücken anlehne.

Kaum einen Titel später erschrecke ich beinahe, als ich plötzlich spüre, wie jemand das Gerüst nach oben klettert.
Ich bin meistens allein hier oben, da jeder direkt im Geschehen sein möchte, ist es noch nie passiert, dass ich Gesellschaft bekam. Deshalb ist es für mich auch ungewohnt, dass sich das nun scheinbar änderte.
Schnell blicke ich auf die Kampffläche herunter, doch es sind immer noch kaum Menschen anwesend.
Innerlich wurde ich also leicht nervös und malte mir bereits jetzt schon tausende Szenarien aus, in denen ich mich vollkommen daneben verhielt.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen und war umso erstaunter, als ich den Kämpfer sehe, der nun auf die Plattform tritt.
Schnell ziehe ich die Kopfhörer aus meinen Ohren und lächle leicht.

„Warum hier oben?"
Ich wusste, worauf er hinaus wollte. Er setzte sich wie selbstverständlich mir gegenüber auf die Platform und sah mich an.
„Hier habe ich einen Überblick. Da unten sehe ich nicht alles.", antworte ich ruhig und stecke mein Handy samt Kopfhörer in meine Hosentasche.
„Schaust du jeden Kampf?" Der Kerl hat einen leicht ausländischen Akzent, der mir unbewusst gefällt.
Ich nicke. „Ja. Die Meisten. Jedenfalls versuche ich es zeitlich immer einzuplanen."
„Du interessierst dich also dafür? Wie kommt es dazu?", fragt er nun, obwohl wir uns noch nicht einmal vorgestellt haben.
„Ich weiß nicht. Seit dem ersten Kampf, den ich jemals gesehen habe ... das war im Fernsehen ... hat es mein Interesse geweckt.", erkläre ich dem Unbekannten und sehe ihm in seine Augen. Zum erstem Mal erkenne ich, dass diese dunkelbraun sind.
„Was denkst du? Werd' ich heute gewinnen?"

Ich grinse meinen Gegenüber an. „Ich glaube schon ... ich bin übrigens Arctic."
Ich strecke ihm eine Hand entgegen.
Mich überkommt das Gefühl, es bereits jetzt so zu vermasselt haben, wie ich es mir vorgestellt hatte.
„Man hat dich nach einem verdammt kalten Ort benannt? Ich bin Farid."
Ja, ich glaube das hat mein Name allein geschafft.

Beinahe zu sanft für einen Kämpfer gibt er mir ebenso die Hand, weshalb es noch verblüffender für mich ist, als ich spüre, wie weich diese ist. (Nein, das hab' ich mir nicht ausgedacht xD in Mannheim auf dem JBG Konzert habe ich ein Bild mit den beiden bekommen und Farid die Hand gegeben. Ich Lüge nicht, wenn ich sage, dass es die weichsten Hände waren, die ich jemals anfassen durfte xD) Für einen Moment bin ich abgelenkt und muss deshalb überlegen, worüber er gesprochen hat, bis es mir wieder einfällt.

Für ihn muss das ziemlich komisch ausgehen haben, als ich so wortlos auf seine Hand gestarrt habe, in der Hoffnung, mich an das kaum vorhandene Gespräch zu erinnern.

„So in die Richtung, ja." Ich entgegne Farid's etwas komischen Lache mit einem Grinsen.
„Die sind aber ziemlich brutal. Stehst du auf sowas?" Seine Frage ist berechtigt, doch hört sich nach längerem überlegen auch etwas falsch an.
„Ich finde eher ...-"

Weiter komme ich nicht, denn ich werde von einem Ruf ungebrochen. Im Hintergrund wird Farid plötzlich von seinem Kollegen gerufen, sodass dieser aufsteht und von dem Gerüst herunter sieht.
Der Kerl, mit dem sich Farid zuvor unterhalten hatte, sieht hoch zu uns und winkt ihn runter. „Besprechung!", ist seine kurze Erklärung, die vollkommen reicht.

Noch einmal dreht Farid sich zu mir. „Ich muss mich vorbereiten. Aber ich nehme mal an, du wirst sowieso hier sein."
Ich nicke. „Ich lasse mir den Kampf nicht entgehen."

Mit diesen Worten verschwindet der nun nicht mehr so Unbekannte wieder und lässt mich allein.

Alles, was ich jemals wollte. (Farid Bang FF) Where stories live. Discover now