Tag Zwölf - Später Nachmittag

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Die Halle ist aufgeheizt und der Kampf mitten im Gange. Es ist laut und um uns herum jubeln Leute ihrem Favoriten zu. Farid und ich sitzen zum Glück nicht direkt in der Menge, sondern am Rande einer Treppe. Der Blick auf den Ring ist dennoch perfekt.
Farid ließ mich direkt an den Rand sitzen.
„Ich glaube das ist am besten so, oder? Bei den Kämpfen da bist du auch nie in der Menge, stimmt's?", hakte er zur Sicherheit nach und ich lächelte.
„Ja. Danke, dass du dir das gemerkt hast."

Unsere Getränke sind Softdrinks, da wir beide keine Lust mehr auf Kopfschmerzen am nächsten Tag hatten, egal wieviel Alkohol es am Ende sein würde.
Anfangs war ich mir nicht sicher, wie es laufen würde, doch schlussendlich ließen wir uns beide von der Masse mitreißen.

Immer wieder rufen und jubeln wir selbst, wenn der Kämpfer, auf den wir setzen, einen Treffer landet. Ab und zu erkenne ich mich selbst nicht mehr. Immer wieder höre ich mich aus allen Leuten heraus, da ich zu laut schreie und muss mich zurück nehmen.
Farid hingegen amüsiert sich deshalb bestens und seine besondere Lache steckt mich selbst an.

„Lach' mich nicht so aus.", spaße ich und boxe ihm leicht gegen die Schulter.
Gespielt überrascht sieht mich Farid an, so als gäbe es das Spiel nicht. „Wie kannst du das nur tun?", entgegnet er nun ironischer Weise.
Ich steige ein und spiele besorgt. „Nein, Farid, so war es doch gar nicht gemeint." Ich hebe ergebend die Hände und vergesse den Kampf für einen Moment.
„Ich glaube du hast das genau so gemeint, wie du es eben getan hast.", entgegnet er streng und hebt eine Augenbraue, während er sich ein Grinsen unterdrücken muss.
„Nein, glaub mir. Immerhin hast du mich ausgelacht ... es sollte nur nicht so böse rüberkommen." Ich zwinkere und stoße ihn erneut mit meiner Schulter gegen seine.

„So böse also, hm?"
„Oh ja, ich sollte besser damit gar nicht anfangen."
„Oh doch genau deshalb solltest du's."
„Ich glaube das hier ist nicht der beste Ort dafür."

Zuerst weiß ich es selbst nicht, was das auch bedeuten kann, bevor ich Farid's Gesichtsausdruck deute.

„Verdammt ... nein ... ich meine nicht ... du ..."
„Arctic." Seine Stimme unter diesen tausend lässt mich verstummen. „Schon gut. Lass' uns den Kampf ich zu Ende schauen, ja?", beruhigt er mich und schon nach wenigen Sekunden ist alles vergessen.

Der Boxkampf endet weniger blutig und brutal als wir es gewohnt sind. Schlussendlich gewinnt der Gegner durch die Punkte der Kampfrichter, was uns leicht enttäusch, aber nicht die gute Laune vermiesen lässt.

Auf dem Weg zu Farid's Auto bemerke ich, dass es bereits dunkel wird.
„Wie fandest du den Kampf? Auch wenn wir auf den falschen Kämpfer gesetzt haben.", fragt er mich und steckt seine Hände in seine Hoodie Tasche. Tatsächlich ist es kälter geworden und auch ich finde es nicht mehr angenehm.

„Der Kampf war trotzdem gut! Immerhin ist er nicht K.o gegangen, die Punkte haben es knapp entschieden. Ich meine, diese Technik und diese Combos waren doch nicht schlecht." Ich beginne wie die Boxer hin und her zu springen, während ich Farid leicht gegen die Schulter boxe.

„Du bist wirklich böse.", greift Farid das Thema von zuvor auf und ehe ich mich versehe, packt er mich und drückt mich unerwartet gegen seinen Wagen, an dem wir angekommen sind.
Ich hebe beide Augenbrauen und grinse. „Wer ist hier der böse, hm? Wie kannst du mich so angehen?", sage ich mit verspieltem Unterton, während ich zur selben Zeit seinen Pulli grob greife und ihn näher an mich ziehe.
„Mir scheint es nicht so, als würdest du dich beschweren." Ich spüre, wie er sich gegen mich lehnt.

„Wir sollten uns beide darauf einigen, dass wir beide böse sind." Ich greife nach seiner Hoodie Kapuze und ziehe sie ihm über, bevor ich das selbe mit meiner mache. „Jetzt sehen wir wie richtige Gangster aus."
Ich spüre seine Hände auf meiner Hüfte, die mich an Ort und Stelle halten.
Vollkommen in seinen Bann gezogen kann ich nichts anderes tun als ihn anzusehen.

Ohne Vorwarnung greift er mit einer Hand seitlich an meinen Nacken und bringt mich dazu, meinen Kopf leicht nach hinten zu werfen.
Ich grinse sichtlich zufrieden.
„Ich kann's nicht glauben." Selbst Farid grinst nun.
„Was? Was ist los?", hinterfrage ich sein Kommentar.
„Gefällt dir das? Etwas grober?"

So als hätte man mich bei einem Mord erwischt, fühle ich mich ertappt, weshalb ich nicht sofort antworte.
Farid kommt mir näher und hält, nur wenige Zentimeter bevor wir uns berühren, inne.
Ich merke, wie mein Herz zu rasen beginnt, als ich weiterhin wortlos in der Position bleibe, in der er mich hält.

„Erwischt.", flüstert er mir nun zu und lässt von meinem Hals ab.
„Was kann ich da bloß machen?", entgegne ich in einem unschuldigen Ton und greife sein Gesicht nun mit beiden Händen, ehe ich ihn näher zu mir ziehe.

Der Abstand zwischen uns wird immer geringer und ich spüre seinen warmen Atem auf einen Lippen, als wir nur noch wenige Zentimeter von einander entfernt sind.

Ich schließe meine Augen und stelle mich bereits auf den kommenden Moment ein, als dieser erneut zerstört wird.

„Hey! Sucht euch ein Zimmer!" Zwei Betrunkene stolpern zwei Wagen weiter auf unserer Höhe vorbei und Pfeifen uns nach, bevor sie vollkommen verschwinden.

Erneut vergrößert sich der Abstand zwischen uns und die Stimmung ist kaputt. Enttäuscht sehe ich Farid an und versuche zu grinsen.

„Das Schicksal hat's wohl nicht so mit uns, hm?", kommentiert Farid und lässt mich langsam los.
„Ich befürchte wir brauchen mehr Privatsphäre. Sonst kommen wir nie weiter.", sage ich und gehe niedergeschlagen um den Wagen, bevor ich einsteige und Farid mich zurück zu meinem Haus fährt.

Alles, was ich jemals wollte. (Farid Bang FF) Where stories live. Discover now