Kapitel 17.2 - Von Blanks und Convertern

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Schnell hatten wir verstanden, warum die Converter so einen gefürchteten Ruf genossen, denn nicht einmal eine Minute verstrich, nachdem Avrils Pfeil sein Ziel getroffen hatte, bis sich der Anführer des Trios in die Luft erhob. Aus seinem Rücken schossen zwei mächtige Schwingen, durchbrachen den Stoff seines Mantels in sekundenschnelle, bis sie sich in ihrer völligen Größe über den Platz erstreckten. Die Federn waren lang und dünn, schmiegen sich aneinander und bildeten ein dichtes Federkleid, das trotz seines Alters schützte und wärmte. Unter den kleinen Oberflügeldecken zeichneten sich Muskeln ab, die ein widersprüchliches Bild erschufen, das im Kontrast zu seiner mageren Statur stand.

Staub wirbelte auf, als Thies mit einem mächtigen Flügelschlag den Himmel eroberte. Auf seinem Gesicht spiegelte sich eine zornige Miene wider, während sein erster Angriff Form fand. Einzelne der braunen Federn, die jedoch sofort wieder nachwuchsen, lösten sich und rasten mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit auf die Kriegerin zu. Wie Messer durchschnitten sie die Luft. Das einzige, was man von ihnen erkannte, war ein brauner Blitz, der tödlich sein Ziel fixierte. Ein widerliches Zischen entstand dabei und im letzten Moment gelang es der Rothaarigen auszuweichen.

Augenblicklich hatte der Kampf seinen Anfang gefunden, so breitete sich Panik in der Menschenmenge aus. Wildes Geschrei durchstach die Atmosphäre. Schnelle Schritte mischten sich unter die Geräusche, als sie in ihrer Vielzahl fliehen wollten, um nicht Opfer unseres kriegerischen Tanzes zu werden.

Thies Schlag ließ seine beiden Kameraden zu den Waffen greifen und innerhalb eines einzigen Herzschlags fixierten sie den Feind, doch bevor sie sich auf Avril stürzen konnten, zog ich mein Schwert und das schleifende Geräusch zeichnete meinen ersten Hieb. In einer geschwungenen Bewegung führte ich den Stahl zu Safia, die meine Attacke mit ihrem Speer parierte. Ein metallisches Klirren durchzuckte die Luft, ähnlich wie der Schrei eines Adlers, der sich auf seine Beute stürzte. Es war ein Moment völliger Hingabe unserer eigenen Kampflust, indem ich die Entschlossenheit in ihren Augen erblickte.

Derweil führte Aiden einen Schlag aus, der mich von Safia löste. Obwohl er augenscheinlich nicht viel Kraft angewandt hatte, spürte ich den starken Luftstoß, den seine Bewegung verursacht hatte. Es graulte mir vor dem Gedanken, dass mich ein derart mächtiger Angriff treffen könnte, so suchte ich, ohne das Geschehen aus den Augen zu lassen, nach Cyrian, der nur wenige Meter hinter mir stand.

Schnell hatten sich beide Parteien formiert, doch noch immer befand sich Leon in gegnerischer Gewalt. Auf dem Gesicht des Blanks zeichnete sich Unglaube ab, als er seine Frau erkannte, wie sie mit gespanntem Bogen seinen Peinigern drohte. Leise Worte verließen seine Kehle, doch sie waren so leise und vergänglich, als könnte sie ein einzelner Windstoß vergessen machen. Trotzdem war ich mir sicher, dass er ihren Namen geflüstert hatte. Ein Ausdruck seines Überraschens und seiner Freude, ein letztes Mal seiner Geliebten zu begegnen, falls sein Leben trotz aller Bemühungen ein Ende fand.

»Wer seid ihr und was wollt ihr?«, forderte Safia im harschen Ton, während sich ihre Stirn in Falten legte. Ihrer hohen Stimme mischte sich ein arroganter Tonfall bei, der selbst dann mit klang, wenn sie ein normales Gespräch führte. Dabei deutete sie mit der Speerspitze drohend zu uns und der Blick, der dabei ihre Augen entflammte, war von Zorn entstellt.

»Lasst Leon frei. Er ist Avrils Geliebter und kein Verbrecher«, antwortete der Zeitgott im Zuge seiner Naivität, wobei seine Iriden eine Abstufung dunkler erschienen. Sie fingen die wilde Mischung seiner Gefühle ein, die in einem widersprüchlichen Kontrast zueinander standen. Durch diesen Kampf würde er seinem Ziel nicht näher kommen, doch gleichzeitig war ein Kampf unausweichlich. Letztendlich übertrumpfte Leons Rettung derzeitig alles an Wichtigkeit, so würde der Zeitgott erbittert an unserer Seite kämpfen. An seiner Treue zweifelte ich schon lange nicht mehr.

Der fünfte GottWhere stories live. Discover now