Kapitel 20.1 - Der finale Flügelschlag

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Der finale Flügelschlag

Ich wollte schreien. Ich wollte Avril und Leon auf mich aufmerksam machen, doch kein Ton entkam meinen Lippen. Lediglich ein erstickter Laut drang aus meiner Kehle, derart leise und vergänglich, dass nicht einmal Cyrian die einzelne Silbe vernahm.

Keiner der drei nahm von uns Kenntnis und auch, wenn es im Angesicht meiner Lage sinnvoller war, sitzen zu bleiben, vernahm ich einen tiefen Stich in meinem Herzen. Der Zeitgott hatte mich zwar zur Vernunft gebracht, doch der Schmerz, den ich dabei verspürte, war schlimmer, als ich mir jemals hätte ausmalen können. Er betäubte mich, versetzte mich in einen Zustand der Paralyse und ließ mich noch schwächer zurück.

Leon und Avril waren beide verletzt. Ihre Körper trugen schwere Wunden und ihre Kleidung war in Blut getränkt. Schweiß perlte von ihrer geschundenen Haut ab, doch die Entschlossenheit, die in ihrer Seele brannte, überstimmte die Qualen. Eine unbarmherzige Hitze schlug ihre Flammen in die Höhe und selbst die Glut verwandelte sich in ein Meer aus Angriffen. Mithilfe von Leons Magie gelang es ihnen einen Großteil von Thies Angriffen abwehren. Immer wieder trafen die explosiven Federn auf die undurchdringliche Barriere an manifestierter Energie. Eine Fähigkeit, die er liebevoll Mamro genannt hatte. Eine Kraft, die er bei der Erweckung als Blank erhalten hatte, entstanden aus dem unbesiegbaren Wunsch das zu beschützen, was er liebte. Und er liebte Avril. Er liebte die rothaarige Frau, mit der er Leid und Glück teilte. Zusammen waren sie durch die Hölle gegangen, hatten jedem noch so stürmischen Wetter getrotzt, denn das Band, das zwischen ihnen herrschte, war viel stärker als Freundschaft, Sorge und Mitgefühl. Es war Leidenschaft, die in jeder Sekunde zu endloser Passion entbrannte. Auch diesen Kampf würden sie gemeinsam durchstehen.

Im Gegensatz zu dem Paar hatte der Converter nur wenige Kratzer davongetragen, während der Himmel weiterhin unter seiner Gewalt erzitterte. Egal wie oft Avril die Pfeile wieder einsammelte, die von den kraftvollen Flügelschlägen zurück auf die Erde geschleudert wurden, kaum ein Geschoss erreichte den Adler. Trotz der Tatsache, dass die Schlacht in einer Stadt begonnen hatte, befand er sich in seinem Element. Für ihn war es ein Leichtes eine Höhe zu erreichen, die selbst die Größe der umliegenden Häuser bei weitem überragte.

Immer wieder startete er Gegenangriffe, die selbst Leons magischen Barrieren gefährlich wurden. Die Schilde entstanden aus einem blauen Leuchten, das aus dem Nichts erschien und sich zu einer undurchdringlichen Wand manifestierte. Zwar war sie durchsichtig und nur von einem fahlen Schleier der Magie umgeben, trotzdem war sie robuster als Diamant. Sein Zauber fang die einzelnen Federn ab, die Thies wie ein Platzregen auf sie niederprasseln ließ. Kaum berührten die Gebilde die Barriere explodierten sie mit ungeheurer Kraft. Ihre Wucht erschütterte den Platz und die umstehenden Häuser begangen zu bröckeln. Jede Explosion wurde von einem ohrenbetäubenden Knall begleitet, das in meinen Ohren widerhallte wie das Leuten eines Glockenturms. Es reizte mein Trommelfell, während Staub und Asche den Platz vernebelten. Ein undurchdringlicher Schleier entstand, der es mir nicht erlaubte, Leons und Avrils Umrisse zu erkennen. Nur der Converter blieb in der Höhe von dem schwarzen Qualm verschont.

Es dauerte eine Weile bis die Sicht wieder klar wurde und als ich erkannte, dass die Magie des Blanks gehalten hatte, fiel mir ein Stein vom Herzen. Trotzdem zogen sich feine Risse durch die Barriere wie ein verschlungenes Netz an Venen und Arterien. Sie würde nicht mehr lange halten, denn auch die Magie von Blanks besaß ein Limit und nur in meinen schlimmsten Albträumen konnte ich erahnen, was passierte, wenn er diese Grenze überschritt.

»Leon?«, hauchte die Kriegerin und spannte einen weiteren Pfeil auf ihren Bogen. Nervös beobachtete sie ihren Mann aus den Augenwinkeln. Mit all seiner Kraft hielt er den Zauber aufrecht und der Schweiß vermischte sich mit dem Blut, das unablässig aus seinen Wunden floss.

Der fünfte GottWhere stories live. Discover now