Kapitel 10

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Noch bevor Namila das letzte Wort beendet hatte, war ich aufgesprungen und bei der Tür. Das durfte nicht wahr sein! Sie konnten mich nicht hier festhalten! Ich rannte durch die Eingangshalle und riss die Tür auf. Nur weil mein Vorgänger seine Aufgabe vermasselt hat und abgehauen ist, werde ich nicht hier bleiben und versuchen ihn zu ersetzen. Ich habe verdammt nochmal nichts mit dieser Insel zu tun!

Blind vor Wut renne ich in den nahegelegenen Wald. Wie hatte ich es am Anfang verlockend finden können hier zu bleiben? Ich war so dumm! Ich hätte mich direkt von Blake wieder zurück schaffen lassen sollen. Aber vielleicht konnte ich noch jemand anderes finden, der mich zurückbrachte? Es gab doch überall Leute, die entweder gutherzig genug waren oder irgendwie bestechlich.

Ohne auf meine Umgebung zu achten rannte ich in den Wald. Weg. Ich wollte einfach nur weg hier. Raus aus diesem Albtraum. Äste schlugen mir ins Gesicht und ich fiel immer wieder hin, wobei ich mir Hände und Knie aufgschürfte. Den Schmerz spürte ich aber nicht. Irgendwann hielt ich an und drehte mich im Kreis. Ich wusste weder wo ich war, noch wie lang ich gelaufen bin. Es war mir auch egal.

Warum passierte so etwas ausgerechnet mir? Hätte es nicht jemand anderen erwischen können? Mein ganzes Leben schien eine einzige Lüge zu sein! Was kam als nächstes? Ein Drache, der den Wald abfackelt? Jetzt dachte ich schon nur noch Schwachsinn!

Erschöpft ließ ich mich an einem Baum hinab gleiten. Das Moos unter mir war angenehm weich. Erst jetzt kam es mir in den Sinn, dass es total dämlich gewesen ist einfach in den Wald zu rennen, vor allem weil ich mich hier nicht auskannte. Ganz toll gemacht, Kio! Stöhnend ließ ich meinen Kopf gegen den Baumstamm sinken. 

Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr, tat es aber einfach als den Wind ab, der sich in den Bäumen bewegte. Jedoch bewege sich erneut etwas und dieses Mal schaute ich genauer hin. Zwischen den Bäumen schlich ein graues etwas umher. Dieses Etwas war ziemlich groß. Vielleicht hätte ich Namila fragen sollen, ob es hier irgendwelche gefährliche Tiere gab.

Leicht panisch presste ich mich näher an den Baum und versucht keinen Mucks zu machen. Währenddessen durchforstete ich mein Gehirn nach Tieren die groß waren und ein graues Fell besaßen, jedoch fiel mir auf die Schnelle kein Tier ein, das auf diese Beschreibung passte. Ein Ast knackte und mein Puls beschleunigte sich. Mein Herz schien mir aus der Brust springen zu wollen, um dann panisch schreiend durch den Wald davon zu rennen.

Plötzlich betrat das Tier die kleine Lichtung, an deren Rand ich saß. Ich hielt die Luft an, doch als ich sah, was die Lichtung betrat hätte ich beinahe gelacht. Nicht, dass ein riesiger, sicherlich ehemals weißer, Wolf ungefährlich wäre, aber da ich mir im Kopf schon die schlimmsten Gestalten ausgemalt hatte, wirkte der Wolf gar nicht mehr so schlimm. Nachdem ich ihn genauer betrachtet hatte, fiel mir auf, dass er ein Bein nachzog. War er etwa verletzt? Dass er sich einfach mitten auf der Lichtung erschöpft niederlegte, unterstützte meine Theorie.

Ohne nachzudenken stand ich leise auf und bewegte mich auf das Tier zu. Das Fell bewegte sich unter dem schnellem Atem und ein leises Schnaufen war zu hören. Obwohl der Wolf mich schon längst bemerkt oder gerochen haben müsste, bewegte er sich nicht, lediglich seine Ohren zuckten. Er musste wirklich erschöpft sein.

Als ich nah genug an seinem Körper war, um ihn zu berühren, streckte ich vorsichtig die Hand aus. Ohne ihn aus den Augen zu lassen berührte ich hauchzart die feinen Haare. Da nichts passierte, legte ich die ganze Hand auf den Körper. Er zuckte leicht aber sonst blieb er ruhig. Das ehemals weiche Fell fühlte sich struppig an und hier und da hatten sich Äste oder Blätter darin verfangen.

Nachdem ich mich versichert hatte, dass er mir nichts tun würde, widmete ich mich seinem Bein. Er hatte das rechte Bein nachgezogen, was sich nun oben befand, weil der Wolf auf der linken Seite lag. Äußerlich sah alles in Ordnung aus und auch sonst konnte ich nicht erkennen, dass etwas verdreht war. Vielleicht hatte er etwas in der Pfote stecken?

Die Tochter der Sterneحيث تعيش القصص. اكتشف الآن