Kapitel 28

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Wärme strömte durch mich hindurch und hüllte mich vollkommen ein. Die Welt rückte in den Hintergrund, es gab nichts was mich in diesem Moment hätte ablenken können. Es zählte einzig und allein Blake, seine Augen, die meine gefangen hielten, sein erschrockener Ausdruck, seine Hand auf meinem Rücken und seine Lippen auf meinen. Blake löste seine Lippen nur wenige Millimeter von meinen, während er mein Handgelenk freigab, um mit seinen Fingern vorsichtig meine Wange zu berühren. Die Stelle kribbelte und selbst als seine Finger weiter wanderten in Richtung meines Nackens ließ das Gefühl nicht nach.

Plötzlich fing Blake an zu lächeln und zog mich noch fester an sich, bevor er mich wieder küsste. Es war wie ein freier Fall, aber dieses Gefühl machte mir keine Angst, denn ich hatte jemanden der mich festhielt. Ich hatte Blake.

"Ist ja schön, dass ihr euch wieder vertragt...Aber muss das gleich so offensiv sein?"

Direkt nachdem Quinn diese Worte gesagt hatte, war er sofort zu Asche zerfallen...

...zumindest in meinen Gedanken.

Blakes Hass konnte ich fast schon spüren als er von mir ab ließ. "Ich bring dich um, du Idiot!", zischte er und wollte mich loslassen. Endlich kam wieder Leben in mich, sodass ich schnell einen Arm um seinen Nacken legen konnte. Blakes Kopf zuckte überrascht zu mir herum. "Nicht loslassen", murmelte ich peinlich berührt, während ich spürte wie mir das Blut in die Wangen schoss. "Du hast meine Beine in Wackelpudding verwandelt." 

Während ich am liebsten im Boden versunken wäre, fing mein Blake einfach nur an zu grinsen und legte seinen zweiten Arm um meine Hüfte.

"Hey! Ich bin auch noch da!", rief Quinn empört.

"Ich weiß", meinte Blake den Blick auf mich gerichtet, "aber das interessiert mich gerade herzlich wenig."

Ich verdrehte leicht die Augen. Die Beiden würden es wohl nie lassen können sich gegenseitig zu stänkern. Aber Quinn hatte Recht. Es gab gerade wichtigere Dinge als meine Beziehung mit Blake, zum Beispiel wie es jetzt weitergehen sollte. Außerdem gab es noch viel zu viele offene Fragen und wir würden nicht mehr lang hier bleiben können. Wer wusste schon, ob Salviar seine Leute hinter uns her geschickt hatte. Sicher war sicher, auch wenn ich den Augenblick gern noch etwas länger genossen hätte.

Während ich überlegt hatte, hatten die beiden Streithähne sich schon wieder Aufgrund eines anderen Themas in die Haare gekriegt. Als wäre man von kleinen Kindern umgeben...

Seufzend trat ich einen Schritt, auf mittlerweile wieder sicheren Beinen, zurück. Blake blickte mich irritiert an, während Quinn sich auf die Wange biss, um nicht zu grinsen. Schadenfreude, schönste Freude.

"Wir haben noch viel zu besprechen und müssen langsam weiter. Es sei denn ihr habt Lust wieder im Kerker zu landen", meinte ich locker, obwohl ich tatsächlich etwas Schiss hatte wieder in einem modrigen Raum unter der Erde zu landen. 

"Zum Glück gibt es noch jemand vernünftigen in dieser Gruppe", sagte Winter, der wie aus dem Nichts neben mir auftauchte. Ich selbst würde mich zwar nicht unbedingt als vernünftig bezeichnen, aber naja. Der Wolf lehnte sich leicht an mein Bein, sodass ich automatisch die Hand ausstreckte, um ihn etwas hinter den Ohren zu kraulen.

"Ja, wir haben so einiges zu besprechen." Blakes Stimme nahm dabei einen leicht düsteren Ton an und er verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich habe da so einiges interessantes über unseren geheimnisvollen Mann herausgefunden."

Nachdem wir wieder aufgebrochen waren, berichtete Blake von seinen Nachforschungen. Er hatte sich meine Worte, während unseres Streites wohl zu Herzen genommen und etwas herumgefragt. Dabei hatte sich herausgestellt, dass dieser Mann erst vor ein paar Wochen aufgetaucht war und zwar kurz nach mir. Es wurde spekuliert, dass er aus der Menschenwelt kam, jedoch gab es dafür keine Beweise. Ebenfalls kannte niemand die Identität oder das Aussehen des Mannes, da dieser sich immer hinter einem Mantel versteckte und sogar eine Maske trug.

Es war nicht ganz klar, wie der Mann es geschafft hatte an Salviar heranzukommen und sein Vertrauter zu werden. Auch hier gab es einige Theorien, wie das er ihn mit Magie manipuliert hätte, er ein übergelaufener Spion war oder jemand der ebenfalls Rache am Feuervolk üben wollte. Die erste Idee hielt ich persönlich für Schwachsinn, aber die anderen klangen sogar ziemlich plausibel.

Dennoch war es eigenartig, dass er kurz nach mir aufgetaucht ist und völlig unbekannt war. Aber vielleicht war das auch nur Zufall? Es konnte immerhin nicht alles mit mir zusammenhängen.

Winter konnte ebenfalls nicht viel in Erfahrung bringen, jedoch hatte er in einem unbeobachteten Moment einen Blick auf die Leiche werfen können. Salviars Bruder hatte einige kleine Verbrennungen, aber die Todesursache war wohl, dass jemand sein Herz mit dem Schwert durchbohrt hatte. Daraufhin warf Quinn ein, dass es doch viel einfacher gewesen wäre die Leiche komplett zu verbrennen. Immerhin war das für jemanden, der das Element Feuer beherrschte nicht schwer. Außerdem kam er zu dem Schluss, dass die Verbrennungen im Nachhinein zugefügt worden, da Salviars Bruder keine große Elementarkraft besaß und viel zu leicht überwältigt werden konnte, auch ohne Magie.

Einige Gerüchte, die unter den Dienern im Umlauf waren, besprachen wir ebenfalls, aber es war nicht Leicht oder gar fast unmöglich Fakt von Fiktion zu trennen. Zu dem gab es viel zu viele Meinungen, die auch mal komplett in die entgegengesetzte Richtung gingen.

Erst gegen Abend unterbrachen wir unsere Diskussion und schlugen unser Nachtlager auf. Die vor uns liegende Fläche war nur leider sehr ungeschützt und das einzige, was uns verbarg, war das hüfthohe Gras und Gestrüpp. Obwohl immer einer von uns Nachtwache hielt, war es nicht leicht für mich, einzuschlafen. Die Nervosität fraß sich durch meine Knochen und mein Kopf kam ebenfalls nicht zu Ruhe. Immer wieder wälzte ich die Fakten hin und her, doch so wirklich brachte es mir nichts. 

Blake, der zur ersten Nachtwache eingeteilt war, bemerkte wohl, dass ich mich viel zu oft drehte, um zu schlafen. Er kam zu mir herüber und stupste mich leicht an. "Kannst du nicht schlafen?"

"Hmm", murmelte ich und seufzte. Wahrscheinlich war mein Schlafrhythmus durch die Zeit im Gefängnis auch etwas durcheinander geraten, aber es war eindeutig die Sorge, die mich wieder eingeholt hatte und mir den Schlaf raubte. Auch die Vision von Tyrus ließ mich nicht los. Vielleicht war es falsch, zum Lager zu reiten? Aber was sollten wir sonst tun?

Ich hatte schon wieder fast Blakes Anwesenheit vergessen, als dieser plötzlich meinen Kopf anhob und auf seine ineinander verschränkte Beine legte. "Das alles macht dir ziemlich zu schaffen oder?" Er löste den Haargummi, sodass meine Haare aus dem Pferdeschwanz fielen.

"Ja. Ein Krieg ist eine ziemlich große Sache, vor allem wenn die Ursache dafür eine Intrige ist", antwortete ich leise und drehte meinen Kopf, um Blakes Gesicht sehen zu können. In der Dunkelheit schienen seine Augen leicht zu leuchten, vor allem die türkise Ecke stach ziemlich hervor. Mit seinen Fingern fuhr er mir immer mal wieder durch die Haare und löste kleine Knoten, etwas das ich wirklich mochte. Das leichte Ziehen war sehr angenehm und entspannte mich, ebenso wie das Sprechen über meine Sorgen.

"Als Wächter des Friedens ist es sicher nicht einfach zu sehen, wie ein Land kurz vor dem Krieg steht", meinte er. "Aber gerade kannst du nichts dagegen tun. Versuch dich einfach etwas zu entspannen und runter zu kommen."

Danach war das Thema erstmal beendet und wir sprachen leise über ein paar angenehme Dinge. Ich erfuhr noch einiges über Blake, das ich bisher nicht gewusst hatte. Nach und nach wurden meine Lider immer schwerer, bis ich schließlich in das Land der Träume abdriftete.

Die Tochter der SterneWhere stories live. Discover now