Kapitel 31

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Es war, als würde die Zeit so viel langsamer verrinnen als zuvor, aber dennoch war mein Freund unerreichbar für mich. Ich konnte nicht fassen, dass das hier tatsächlich gerade passierte. Wie hatte ich auch so dumm sein können und Tyrus allein lassen! Ich hatte es gewusst und trotzdem war ich so unvorsichtig gewesen! Das Schwert senkte sich unaufhaltsam und selbst mit Magie hätte ich es von dieser Entfernung nicht rechtzeitig geschafft. Verdammt! Ich konnte nichts tun!

Dann ging alles unglaublich schnell. Eine Wasserschicht, die innerhalb von Millisekunden gefror, bildete sich zwischen Tyrus und dem Schwert. Als das Schwert auf die Eisfläche traf, wurde es abgebremst, aber erreichte dennoch Tyrus Rücken. Die Verletzung war tief, aber nicht lebensgefährlich, wenn man sie sofort versorgte. Am liebsten hätte ich vor Freude angefangen zu weinen.

Blake, der Tyrus das Leben gerettet hatte, warf seinen Dolch und schlitzte damit dem generischen Soldat die Kehle auf. Wir hatten die Zukunft in dem Moment geändert,  in dem wir Blake in das Lager gebracht hatten. Mir war zum Weinen und Lachen zugleich zumute. Aber über meine Freude und das Verhindern, dass Tyrus starb, hatte ich den zweiten Teil der Vision vergessen.

Viel zu spät bemerkte ich die Person hinter mir, ebenso wie ihre Handkante mich seitlich am Hals traf. Von der einen auf die andere Sekunde wurde alles schwarz. Das letzte was ich mitbekam war, wie ich nach vorn in ein blaues Licht fiel. Ein Portal.

~*~

Ich stöhnte. Mein Schädel fühlte sich an als würde er platzen und meine Hände kribbelten. Langsam bewegte ich meine Finger, um die Durchblutung zu fördern. Erst jetzt bemerkte ich, dass etwas um meine Handgelenke gelegt war. Ich öffnete langsam die Augen, um meine Befürchtungen zu überprüfen. Im ersten Moment war alles etwas verschwommen, aber danach klärte sich mein Blick auf.

Um meine Handgelenke waren Fesseln gelegt, die aussehen als wären sie aus Glas. Von diesen ging eine Kette aus, die in der Wand verankert war. Meine Füße waren nicht gefesselt, sodass ich mich problemlos hinsetzen konnte.

Der Raum in dem ich mich befand wurde nur schwach durch eine kleine staubige Fensterscheibe beleuchtet. Das Licht erfasste gerade so das alte Holzregal gegenüber. Abgesehen davon befanden sich hier keine Möbel. Die Luft war trocken und staubig, als hätte man seit Fünfzig Jahren nicht mehr gelüftet. Nun ja, bestimmt war dieses Haus auch so lange nicht mehr betreten worden.

Ich hatte keinen blassen Schimmer wo ich mich befand, was sicherlich auch die Intention des Entführers gewesen ist. Das Problem ist nur, dass er mich auch 50 Meter vom Lager eingesperrt haben könnte und ich würde es nicht bemerken. Ich hatte einfach noch nicht genug Orte gesehen, um meine Umgebung wenigstens einzugrenzen. Außerdem sah es nicht so aus, als würde ich mich an einem Ort befinden an dem man mich hören würde, falls ich schrie.

Meine einzige Möglichkeit bestand darin, die Fesseln zu schmelzen, falls mir das überhaupt gelang, und dann auszubrechen. Vielleicht war in der Nähe irgendetwas an dem ich mich orientieren konnte? Auch wenn es sehr unwahrscheinlich war, konnte ich die Hoffnung nicht aufgeben. Immerhin schien ich nicht lang ohnmächtig gewesen zu sein, denn es war definitiv noch hell. Also ist es vermutlich noch Vormittag.

Ich atmete tief durch und versuchte meine Magie in meine Handgelenke zu leiten. Zum Glück konnte ich Feuer beherrschen, denn alles andere wäre nicht von Nutzen. Ich musste nur aufpassen, dass ich den staubtrockenen Holzboden nicht in Brand steckte. Aber egal wie heiß ich meine Handgelenke werden ließ, es funktionierte nicht! Das durfte doch nicht wahr sein! Und ich hatte mich gewundert, warum die Fesseln aussahen als wären sie aus Glas. Bestimmt war das ein besonderer Stoff, der eine abnormale Schmelztemperatur hatte. Verdammt!

Aber aufgeben konnte ich auch nicht! Ich musste es weiter versuchen.

"Ich denke du hast mittlerweile bemerkt, dass die Fesseln magieresistent sind", sagte plötzlich jemand.

Meine Konzentration hatte ich vollkommen auf meine Magie gerichtet, sodass ich weder gemerkt hatte wie schnell die Zeit vergangen war, noch dass jemand den Raum betreten hatte. Ich hatte noch nie zuvor so viel Kraft und Magie verwendet. Meine Sicht war leicht verschwommen und die Kopfschmerzen hatten sich verschlimmert. Kein Wunder, dass die Stimme leicht verzerrt klang. Langsam hob ich meinen Kopf.

Aus dem hinteren, unbeleuchteten Teil des Raumes trat eine Person hervor. Die Person in dem schwarzen Mantel. Ich hatte schon eine Ahnung gehabt, dass er es sein würde, der mich entführt hat, weshalb ich nicht allzu überrascht war. Nur war die Frage, was er von mir wollte.

Ich wollte gerade den Mund öffnen als mir plötzlich schlecht wurde. Mit einer Hand stützte ich mich auf dem Boden ab, um nicht zusammen zu brechen. Die Ketten klirrten und schienen mich zu verhöhnen, dass ich an ihnen so viel Magie verschwendet hatte. Ich fühlte mich so miserabel wie noch nie.

"Was...was willst du...von mir?", keuchte ich. "Wer...bist du?"

"So viele Fragen...", sagte er und kam einen weiteren Schritt auf mich zu. Die Arroganz strahlte förmlich von seinem Körper ab und ließ mich wünschen, ihm richtig eine reinhauen zu können. Hass war das richtige Wort für meine Empfindung. Wie konnte man so viele Leben auf dem Gewissen haben und dennoch so...so... Ich fand keine Worte für, dass was ich ausdrücken wollte.

"Aber ich glaube, du weißt besser als jeder andere, wer ich bin. Ich würde sogar behaupten, dass du mich besser kennst als jeder andere. Wobei...", er stoppte, "Du kennst mich nicht, du kennst nur die hübsche Maske, die ich für dich erschaffen habe."

"W-was?", fragte ich. Mein Gehirn schien viel zu langsam und ich verstand einfach nicht was er da sagte. Wie sollte ich ihn besser als jeden anderen kennen? Ich war ihm noch nie begegnet. Oder? Meine Sinne wurden wieder klarer, aber es reichte nicht, um die Stimme zu erkennen. Momentan konnte ich nicht einmal sagen, ob er tatsächlich männlich war.

"Ach, so hilflos wie eh und je", lachte er, "Irgendwie bemitleidenswert."

Das war unmöglich! Wollte er mich verunsichern oder sagte er tatsächlich die Wahrheit? Aber wie? Ich drehte durch. Hinter dieser Kapuze konnte so gut wie jeder stecken. 

"Ich glaube, es ist Zeit das Versteckspiel zu beenden. Vielleicht hast du mich ja schon vergessen, nachdem du neue Freundschaften geschlossen hast", meinte er abwertend.

Dann griff er mit der Hand nach der Kapuze und zog sie sich in den Nacken. Mittlerweile hatte ich mit allem gerechnet, aber nicht damit.

Die Gefühle von Hass und Liebe trafen in mir aufeinander und lösten Tränen in meinen Augen aus.

Das konnte nicht die Wahrheit sein. Das durfte nicht die Wahrheit sein.

Hallo ihr Lieben :)

Ich melde mich auch mal wieder unter einem der Kapitel.

Wer versteckt sich hinter dem Mantel?

Irgendwelche Vermutungen wie alles miteinander zusammenhängt?

LG Fantynia❤

Die Tochter der SterneWhere stories live. Discover now