...oder Beta?

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Melanie war wütend. Kaum war die Große Jagd zuende, wollte ihr Vater sie wieder weg schicken. Waren sie im Rudel überhaupt noch willkommen? Ok, es waren nicht nur sie und ihr Bruder, sondern auch die  kleine Schwester von Delta, Ben oder Benjamin, der leider Sohn der Betas war, der junge Omega Lukas und seine Schwester Nina, die er nie allein ließ. Und einige andere, die Melanie aber nicht näher kannte. Kinder von irgendwelchen Jägern, die Chancen hatten, Meliorns Alpha, Beta, oder ein hochrangiger Jäger zu werden, nachdem Delta verbannt wurde.
Melanie hatte kein Problem damit, eine Weile vom Rudel weg zu sein, es störte sie mehr, dass sie nicht im Wald blieben, sondern in irgendein Trainingslager geschickt wurden. Sie hatte keine Lust, sich wochenlang mit irgendwelchen Wichtigtuern rumzuschlagen, nur weil ihr Vater ein Spezialtraining angeordnet hatte, für alle, die Aussicht auf einen hohen Rang hatten. Klar, weil sie jetzt 10 Jahre alt waren (was ca 18 normal-menschlichen Jahren entspricht), konnten sie rein rechtlich das Rudel übernehmen, aber wer würde schon Kinder als Alphas oder Betas haben wollen? Das ganze war vollkommen überflüssig in Melanies Augen, doch wie konnte sie ihrem Vater als Alpha widersprechen? Richtig, gar nicht. Niemand konnte das, außer Alphas von anderen Rudeln.
Das alles hatte zwar nichts mit dem jungen Wolf zu tun, mit dem sie gerade kämpfte, aber er durfte es ausbaden. Was legte er sich auch mit einer Alpha an? Dachte er etwa, nur weil sie ein Mädchen war, wäre sie schwächer als er? Nein, er konnte mit ihr nicht mithalten, denn sie stand ihrem Bruder in nichts nach, auch wenn ihrem Vater das nicht gefiel. Deswegen ja auch dieses Trainingslager, seiner Meinung nach war Meliorn als Alpha zu schwach, wenn er seine. Zwillingsschwester nicht übertreffen konnte. Und wenn er Extratraining bekam, nutzte Melanie eben die jungen Werwölfe als Boxsack, auch wenn sie lieber mit den Großen kämpfen würde, aber niemand davon war dumm genug, die Tocher des Alphas anzugreifen. Die einzigen, mit denen sie neben ihrem Bruder messen konnte, denen sie nicht weit überlegen war, waren Lena und John -und der Unsichtbare, aber vor dem hatte Melanie viel zu viel Angst, auch wenn sie das nie zugeben würde.

"Hey Melli!"
Melanie schreckte aus ihren Grübeleien hoch. 
"Nenn mich nicht so!"
"Dann hör auf, mich 'Johnny' zu nennen", bemerkte John mit spöttischem Unterton. Lena ging dazwischen, bevor die beiden wieder anfangen konnten,  zu streiten.
"Ruhe, alle beide! Weswegen uns mit dir treffen, Melanie, ist aus dem Grund, dass wir dich herausfordern wollten, dich und deinen Bruder. Hier auf dieser Wiese, sobald ihr aus diesem komischen Trainingslager zurück seid. Was meinst du?"
"Wollt ihr unbedingt verlieren, dass ihr uns beide zusammen herausfordert? Du weißt dass wir gleich stark sind, Lena, und zusammen mit meinem Bruder werden wir euch vernichtend schlagen. Wir halten zusammen, ihr habt nicht den Hauch einer Chance gegen uns!"
"Das glaubst aber auch nur du! Ich könnte euch beide alleine besiegen, aber Lena wollte unbedingt ein 2-vs.-2-Duell, und da sie auf die Idee gekommen ist, kann ich sie schlecht aufschließen."
"Also steht unser Duell?", halte Lena nach.
"Ist abgemacht. Mal schauen ob jemand in diesem Lager mich bei Laune halten kann, bis wir gegen euch kämpfen. Ich muss los, Meliorn deckt mich zwar, aber ewig wird das nicht funktionieren, schließlich wollen wir heute noch los."
"Bis dann, kleiner Alpha. Und vergiss nicht, wenn ihr zurück seid, sehen wir uns in Duell wieder. Go fight!"

Zurück in Nähe des Lagers...

"Hey, Mel!"
Melanie verdrehte die Augen, machte jedoch keine Anstalten langsamer zu werden, geschweige denn, sich zu dem Störenfried umzudrehen. "Mann, jetzt warte dich mal!", rief er ihr nach und holte sie ein.
Melanie wirbelte herum.
"Erstens, nenn mich nicht 'Mann'! Zweitens, ich heiße Melanie, nicht Mel oder Melli oder sonst wie!! Und drittens, komm zur Sache und wenn du nichts zu sagen hast verzieh dich Ben!"
"Du gehst doch auch ins Trainingslager oder? Wie kommst, dass du mit deinem Bruder fährst und nicht mit mir?"
"Könnte daran liegen, dass ich eine Alpha bin und kein überhebliche Beta wir du!"
Du nennst mich überheblich? Dein Rang ist nichts wert, dein Bruder wird Alpha und dann bist du bestenfalls noch ein Beta und wirst meine Frau!", sagte er mit einem dreckigen Grinsen.
"Nie im Leben werde ich deine Frau sein! Woher willst du überhaupt wissen, was passiert? Vielleicht wird das Rufel auch aufgeteilt, oder ich gründe mein eigenes Rudel. Und selbst wenn ich Beta werden sollte, werden mein Bruder und ich alles daran setzen, dass du nicht der zweite Beta  bist. Unterschätze uns nicht!"
"Überheblich wie immer. Du und dein Bruder habt ein Geburtsrecht, ebenso wie ich. Nur das deins nichtig ist, weil dein Bruder in der Erbfolge über dir steht. Solange er nicht beweisen kann, dass ich nicht vertrauenswürdig bin, oder irgendwer außerhalb des Rudels Anspruch auf den Rang erhebt, kann ich mein Geburtsrecht geltend machen, ebenso wie dein Bruder sein Recht, Alpha zu werden. Finde dich damit ab, meine Frau zu werden!"
"Du gehst zu weit! Mein Vater wird dich dafür umbringen, wie du mit mir redest!"
"Ach wirklich? Auch ein Alpha ist an die Gesetze der Pratoten gebunden, Mel!
Dann bringe ich dich eben selbst um. Notwehr natürlich,  weil du zuerst angegriffen hast. Dass du dabei stirbst,  war ein Unfall. Und glaube mir, genau so wird es aussehen. Echte Duelle sind zwar verboten, aber Notwehr ist kein Duell."
"Und wieso sollten sie dir glauben? Es gibt keine Zeugen, abgesehen davon, dass du sowieso keine Chance hast."
"Ach nein?!"
"Nein!"
"Willst du es ausprobieren, Bastard?"
"Im Gegensatz zu dir bin ich kein Bastard. Meine Mutter ist ein reinrassigen Beta, kein Delta, der sich an den erstbesten Alpha schmeißt!"
"Hast du meine Mutter grade indirekt als Hure beleidigt?", knurrte Melanie, bevor sie sich verwandelte.
"Ja, denn nichts anderes ist sie!", konterte Ben, bevor auch er sich verwandelte, doch da griff Melanie schon an. In dem gleichen Moment stürzte sich ein stattlicher, schwarzer Wolf zwischen sie. Melanie bremste abrupt ab, und wich winselnd zurück. Majestätisch stand sah er ihr noch einen Moment entgegen, bevor er sich knurrend zu Ben umdrehte, der sich heimlich aus dem Staub machen wollte. Er erstarrte, während Melanie sich zurück verwandelte. Auch Benjamin und der schwarze Wolf, Melanies Vater, nahmen kurz darauf ihre menschliche Gestalt an. Er sah seine Tochter kurz böse an, welche seinem Blick betreten auswich, und packte danach Ben, der schon wieder versucht hatte, zu entkommen. Er machte alles nur noch schlimmer.
"Lass mich los, du verdammter Mistkerl!"
Melanie erstarrte schockiert. Hatte er jetzt vollkommen den Verstand verloren? Auch Melanies Vater schien überrascht, doch fasste sich schnell, drehte Ben mit einer fließenden Bewegung den Arm auf den Rücken, und stieß ihn vorwärts. So legten sie das letzte Stück zum Rudel zurück, während Melanie ihnen schweigend folgte. Sie wusste, dass ihr Vater sie nicht einfach so davon kommen lassen würde, doch sie musste es nicht noch schlimmer machen. Sie bemerkte erst, dass sie schon da waren, als sie vor den Betas, Bens Eltern, anhielten.
Benjamins Mutter konnte man den Zwiespalt ansehen, sich entweder für ihren Sohn oder ihren Alpha zu entscheiden, doch sein Vater sah ihn nur kurz an und fragte dann mit neutraler Stimme:
"Was hat er aufgefressen?"
"Meine älteste Tochter beleidigt und bedroht, sich gegen mich aufgelehnt und meine Frau beleidigt. Ich musste eingreifen, meine Tochter hätte ihn sonst zerrissen, aber um sie kümmere ich mich. Wenn dein Sohn mal Beta unter meinem Sohn werfen soll mein Freund,  muss er lernen, andere Alphas zu respektieren - auch wenn es noch Jungtiere sind. Und vor allem sollte er lernen, seinen eigenen Alpha zu respektieren, schließlich wäre er als Beta sein engster Vertrauter, aber wem erzähle ich das. Vielleicht habt ihr ihn zu lange bei den Jägern gelassen, dass kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls kann ich nicht zulassen, das jemand, der seinen Alpha nicht respektiert, sein Geburtsrecht auf den Beta-Rang behält. Er hat 24 Stunden Zeit, sich zu entschuldigen. Nur bei mir, nicht meiner Tochter, schließlich hat sie ihn versucht anzugreifen. Ihr dürft gehen."

MelanieWhere stories live. Discover now