'The foray

21.2K 433 16
                                    

Wer ich bin ist zu diesem Zeitpunkt nicht wichtig. Wichtig ist nur was ich bin. Ich bin eine Vampirin. Die Einzige meiner Art, denn außer mir, gibt es nur männliche Vampire. Warum ich die einzige Frau bin? Ich weiß es nicht. Das wüsste ich selbst gerne. Genau wie tausende andere Vampire auf der ganzen Welt, weshalb ich auf der Flucht bin. Und das seit hunderten von Jahren. Zu diesem Zeitpunkt versteckte ich mich in Seattle. Ich mochte die Stadt. Sie ist ein geschäftiger Ort, pulsierend und voller Leben. Allerdings war ich nicht die Einzige, die sich gerne dort aufhielt. Denn einige andere Vampire, fanden das leider auch.

Vielleicht war ich damals zu leichtsinnig, vielleicht hätte ich einfach auf meine Instinkte hören sollen. Dann wäre das alles nicht passiert und ich würde noch immer alleine durch die Welt ziehen, unbehelligt von all den Problemen, die jene Nacht mit sich brachte.

Als ich in dieser Nacht durch die belebten Straßen von Seattle schlich, war ich nervös. Was ich vorhatte würde vermutlich ein Kinderspiel werden, trotzdem befürchtete ich einen anderen Vampir anzutreffen. Ich gehörte, was meinen Blut Konsum betraf und die Art und Weise was und wie ich mich nährte, zwar zu einer Minderheit, trotzdem kam es vor, das zwei Vampire den selben Gedanken hatten und Zeitgleich ins Krankenhaus gingen um sich Nahrung zu beschaffen. Meistens musste ich dann den Rückzug antreten, da ich es mir nicht leisten konnte entdeckt zu werden. Aber manchmal, wenn es gar nicht anders ging, umging ich meinen Artgenossen einfach und hoffte, dass er mich nicht bemerkte. Doch trotz aller Vorsicht, kam es hin und wieder vor, dass ich auf einen Vampir traf. Bis jetzt war ich immer als Gewinner aus solchen Treffen hervorgegangen, aber das konnte sich schneller aendern, als mir lieb war.

Ein lautes Hupen, ließ mich aus meinen Gedanken schrecken. Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass ich mitten auf einer Kreuzung stand, umzingelt von Autos, welche mit hoher Geschwindigkeit an mir vorbei fuhren. Ich war einfach über rot gelaufen, ohne es überhaupt zu registrieren. Fluchend schlängelte ich mich durch die Wagen, auf die andere Seite und fing mir dabei ein weiteres Hupen und einige unschöne Beleidigungen ein. Ich quittierte alles mit einem Schulterzucken, bis jemand rief:

„Du blödes, verrücktes Miststück! Pass gefälligst auf wo du hinrennst!", was dann doch etwas zu viel war.

Abrupt blieb ich stehen und drehte mich zu dem Taxifahrer um, der mich mit wütendem Gesichtsausdruck ansah. Ich beugte mich zu ihm runter und fauchte ihn, durch sein geöffnetes Fenster, mit gebleckten Zähnen, an. Erschrocken zuckte er zusammen und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Über mich selbst verärgert, sah ich mich um. Zum Glück hatte niemand mitbekommen, dass ich mich nicht unbedingt wie ein normaler Mensch verhalten hatte. Andererseits war Seattle nicht unbedingt das Pflaster für die normalsten Menschen der Welt. Trotzdem war mein Handeln gefährlich gewesen. Wenn die falschen Leute es mitbekamen, konnte mich das in Teufelsküche bringen.

Ich schlug meinen Mantelkragen hoch und zog die Schultern zusammen. Mit gesenktem Blick lief ich weiter. Am Hospital angekommen, mogelte ich mich durch die Notaufnahme. Hier war so viel los, das eine einzige Frau nicht auffiel. Gerade kamen mehrere Krankenwagen an. Die Türen flogen auf und der Geruch von Blut schlug mir augenblicklich entgegen. Ich schluckte. Eigentlich hatte ich meinen Durst unter Kontrolle, aber ich hatte mich seit Wochen nicht genährt, weshalb es mit meiner Selbstbeherrschung nicht weither war. Langsam ging es mir das an die Nieren. Es fiel mir immer schwerer meine Sinne abzuschotten, meinen Hunger zu kontrollieren und hin und wieder, so wie gerade eben auf der Straße, ging meine Konzentration flöten. Nichts davon konnte man wirklich gut gebrauchen, wenn man auf der Flucht war. Es war zu gefährlich unachtsam zu sein. Ein falscher Schritt, eine falsche Bewegung und es wäre meine Letzte.

Schnell und mit gesenktem Blick, um meine heller werdenden Augen zu verbergen, ging ich weiter ins Innere des Krankenhauses. Ich hatte mir die Pläne angesehen, nachdem ich sie mir im Stadtarchiv ausgeborgt hatte, weshalb ich genau wusste wo ich hin wollte. Es war zum Glück nicht weit. Das Labor, in dem die Blutkonserven gelagert wurden war klein und meist unterbesetzt. Zumindest hatte ich das von einem Vampir gehört, der sich etwas lauter als es gut für ihn war, mit seinem Kameraden in einer Kneipe unterhielt. Für mich kam diese Information wie gerufen und war mit ein Grund, warum ich mir dieses Hospital ausgesucht hatte.

Als ich durch den Wartebereich der Notaufnahme ging fühlte ich auf einmal ein Prickeln im Nacken. Besorgt sah ich mich um. Wenn jetzt schon ein Vampir auf mich aufmerksam geworden war, konnte ich meine Besorgung vergessen. Aber so intensiv ich auch suchte, ich entdeckte niemanden. Es ärgerte mich, da ich mir sicher war, dass jemand mich beobachtete, aber vielleicht spielten mir meine Sinne auch bloß einen Streich.

Also ging ich, angespannter als zuvor, weiter. Am Labor angekommen, sah ich mich um und drückte langsam die Klinke herunter, als ich sicher sein konnte, dass niemand mich bemerken würde. Ich öffnete die Tür einen Spalt weit, um herein schlüpfen zu können. Sobald ich drin war, ließ ich die Tür leise wieder zufallen. Aufmerksam sondierte ich die Lage: Es waren nur zwei Laboranten da. Und Beide hielten sich im vorderen Teil auf. Bei den Konserven war niemand. Zum Glück war die Beleuchtung recht spärlich, was mir genügend Deckung verschaffte.

Leise bewegte ich mich in den Schatten auf den Kühlschrank mit den Konserven zu, die beiden Menschen immer im Blick. Vorsichtig öffnete ich die Tür. Ohne einen Laut holte ich 10 Konserven verschiedenster Blutgruppen heraus. Ich war nicht wählerisch. Im Gunde schmeckte auch alles gleich. Trotzdem gab es einige Vampire, die nicht alles tranken. Ich konnte mir einen solchen Luxus weder leisten, noch brauchte ich ihn.

Ich steckte sie alle in meine Tasche, in welcher zwei Kühlakkus lagen. Als ich alles hatte und die Tür wieder schloss, spürte ich erneut das Prickeln. Sofort drückte ich mich an die Wand, in den dunkelsten Schatten den ich fand. Aber das war niemand! ‚Ich bilde mir das alles nur ein', versuchte ich mich selbst zu beruhigen.

Ich war einfach schon zu lange auf der Flucht. Das und das ständige Alleinsein, machte mich paranoid. Widerwillig löste ich mich aus meiner Ecke und schlich zur Tür zurück. Die Laboranten hatten nichts bemerkt. Schnell stahl ich mich erst aus dem Labor und anschließend aus dem Krankenhaus.

Zwei Nebenstraßen weiter, musste ich kurz innehalten. Die Aufregung hatte mir auf den Magen geschlagen. Die Blutkonserven wurden auf einmal schwerer. Das Blut rief regelrecht nach mir. Aber ich konnte es nicht riskieren hier etwas zu trinken. Die Gefahr dabei entdeckt zu werden, war zu groß.

Nachdem ich mich kurz an die Hauswand einer schäbigen Absteige gelehnt hatte und tief durchgeatmet hatte, lief ich weiter zu meinem Versteck. Dort angekommen, zögerte ich nicht lange. Ich setzte mich mitten auf den Boden, holte eine Konserve raus, öffnete sie und fing an gierig daraus zu trinken. Meine Augen veränderten sich. Das gewohnte blau wurde heller, fast weiß. Meine Fänge traten hervor und füllten meinen Mund. Aber es war egal. Ich war allein. Als der Beutel leer war, knüllte ich ihn frustriert zusammen und warf ihn in die nächste Ecke. Mehr könnte ich mir heute Abend nicht erlauben. Ich musste mit dem wenigen was ich hatte Haushalten. Wenn ich mehr trank, musste ich mir zu schnell Neues besorgen. Außerdem würde es mich zu stark machen und meine Fähigkeiten würden wieder zu präsent werden. Beides lag nicht in meinem Interesse, weshalb ich tief ein- und ausatmete, um mich zu beruhigen und meine Verwandlung zurück zuschrauben.

Plötzlich spürte ich wieder dieses Prickeln, aber stärker als zuvor. Bevor ich mich umsehen konnte, wurde ich plötzlich von hinten niedergeschlagen. Es war ein enorm heftiger Schlag, weshalb alles augenblicklich schwarz wurde.

Verdammt!

I want your deathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt