What are you?

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Als ich langsam wieder zu mir kam, saß ich zusammengesunken auf einem Stuhl. Das Erst was ist spürte, war mein dröhnender Schädel. Das Blut pochte unaufhörlich hinter meinen Schläfen in den Adern, welche viel zu schmal schienen und mein Hinterkopf war feucht. Dem Geruch nach zu urteilen, war es Blut. Mein Blut. Ich wagte es nicht die Augen zu öffnen, denn ich konnte hören und deutlich spüren, dass ich nicht alleine war. Die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass es ratsam war, erst einmal festzustellen, wie es um sich selbst stand und möglichst viel herauszufinden, ohne sich zuerkennen zugeben.

Außer der Gegenwart eines weiteren Vampirs, spürte ich Kälte, hörte, dass jedes Geräusch hallte, roch abgesehen von meinem Blut, salzige Luft und das etwas im Raum vor sich hin schimmelte. Also war ich vermutlich nicht mehr in meinem Versteck.

Ich konzentrierte mich auf meinen Körper, um festzustellen wie groß der Schaden war. Nach einigen Sekunden stellte ich fest, dass ich unversehrt war, bis auf meinen tierisch schmerzenden Kopf. Abgesehen davon, fühlte ich keine körperlichen Schmerzen, aber dafür spürte ich etwas ganz Anderes: Ich war an einen Suhl gefesselt. Meine Hände waren hinter der Lehne zusammen gebunden und an dem Stuhl fest gemacht. Meine Beine waren an den Stuhlbeinen festgebunden. Das Seil, welches dafür benutzt worden war, schnitt mir in die Handgelenke und es brannte. Vermutlich waren sie mit dem einzigen Gift getränkt, dass eine Wirkung auf mich hatte und sehr selten war. Wer auch immer mich in Gewahrsam hatte, schien zu wissen wer ich war oder hatte zumindest eine Ahnung.

„Aufwachen Dornröschen!", herrschte mich jemand an und schlug mir mit der flachen Hand ins Gesicht.

Autsch! Meine Wange brannte höllisch und meine Kopfschmerzen wurden schlimmer. Da mir keine andere Wahl blieb, öffnete ich langsam die Augen. Es dauerte nicht lange, ehe ich etwas im halb Dunklen sehen konnte: Vor mir stand ein hünenhafter Mann. Er war knapp 1,90m groß, hatte dunkle, kurze Haare und tief braune Augen. Sein rechter Arm war tätowiert, der Rest seiner Haut war, aus Grund des mangelnden Sonnenlichts, recht blass. Das Tattoo zog sich bis an seinen Hals rauf und verschwand ansonsten unter seinem schwarzen T-Shirt, welches zu den schwarzen Drillichhosen und den Kampfstiefeln passte. Ein Krieger. Na toll. Ich konnte hervorragend kämpfen, aber so wie er aussah, war er weit besser genährt als ich. Das würde hässlich werden. Denn soviel standfest: Dieser Vampir würde nicht einfach aufgeben. Er würde mir den Arsch aufreißen und einen Kampf, bis zum Tode, mit mir ausfechten.

„Ich habe nie verstanden, warum jemand einen weiblichen Vampir will. Und ganz ehrlich: Ich weis es immer noch nicht", stellte er kühl fest.

„Da haben wir was gemeinsam", fauchte ich ihn an.

Klatsch, die nächste Ohrfeige. Was zur Hölle sollte das? Ich schüttelte leicht meinen schmerzenden Kopf. Ein Fehler wie sich herausstellte. Mir wurde kurz schwarz vor Augen und ein leichter Schwindelanfall überkam mich. Etwas was einem normalen, ausreichend gestärktem Vampir nie passieren würde, mir aber leider schon. Zumindest in meiner augenblicklichen Verfassung.

„Es war nicht schwer dich zu überfallen. Wie konntest du nur hunderte von Jahren davonkommen?"

Ich antwortete nicht. Meine Wange brannte noch vom letzten Mal.

Klatsch. Au! Verdammt!

„Sag mal, kannst du dich mal entscheiden?", herrschte ich ihn an und sah ich wütend an.

„Vorsicht! Hüte deine Zunge! Also? Ich habe dich etwas gefragt", erwiderte er und zeigte drohend mit dem Zeigefinger auf mich.

„Keine Ahnung. Das frage ich mich manchmal selbst", murmelte ich.

Er hob wieder die Hand. In Erwartung des Schmerzes, drehte ich den Kopf zur Seite und kniff die Augen zusammen. Aber er blieb aus. Scheinbar war es ihm die Mühe nicht wert. Mein Gesicht dankte es ihm. Ich blickte zu ihm hoch und sah ihn herausfordernd an. Er starrte mich eine Weile ausdruckslos an. Dann wandte sich der finstere Kerl von mir ab und ging zu einem Tisch. Erst jetzt ließ ich meinen Blick umher wandern und stellte fest, dass wir wirklich nicht in meinem Versteck waren. Wir waren in einer Lagerhalle, welche ich, aufgrund des Geruchs, am Meer vermutete und nur wenig Beleuchtet war. Vermutlich konnte er helles Licht genauso wenig leiden wie ich.

Während er beschäftigt war und mir den Rücken zugedreht hatte, versuchte ich meine Hände zu befreien. Aber all das Rucken und Zerren brachte nichts. Das Seil schnitt nur tiefer in meine Haut und verätzte sie dabei leicht. Es heilte schnell, aber jedes Mal, wenn ich mich bewegte, verletzte ich mich erneut.

„Versuchs erst gar nicht", sagte er mit tiefer, dröhnender Stimme, welche von den Blechwänden zurückgeworfen wurde.

Ich hielt inne. Der Fremde drehte sich wieder zu mir um, doch dieses Mal hatte er ein Messer in der Hand. Es war ziemlich lang, sah scharf aus und war definitiv aus Silber. Silber. Ausgerechnet. Denn leider war ich, soweit mir bekannt war, die Einzige, die auf Silber allergisch reagierte. Zumindest bei den Vampiren. Eine Tatsache, die schon des Öfteren so seine Probleme mit sich gebracht hatte.

„Mal sehen, wie dir das gefällt", sagte er mit fiesem Unterton und tippte mit dem Finger ein paar Mal auf die Spitze der Klinge.

„Vielleicht fragst du mich erst etwas, bevor du mich Folterst, um eine Antwort zu bekommen", wies ich ihn auf die fehlende Logik hin.

„Wer hat gesagt, dass ich Fragen habe? Was ich wissen will, finde ich auch so heraus."

Er kam auf mich zu und stellte sich hinter mich. Ihn nicht sehen zu können, war nicht unbedingt beruhigend. Ich hörte wie er sich bewegte: Der Stoff, welcher über seine Haut rieb, seine schweren Schritte. Roch dass er sich erst vor kurzem genährt hatte, wusste aber nicht was genau er tat.

Auf einmal spürte ich seinen heißen Atem in meinem Nacken. Er legte meine langen, dunklen Haare nach vorne, welche nun den Blick auf meinen Rücken und meinen Nacken freigaben. Ich hatte nur ein schwarzes Top an, weshalb meine Schulterblätter und ein Teil meines Rückens zu sehen war. Ich folgerte daraus, dass er soeben mein eigenes Tattoo entdeckt hatte. Es schlängelt sich um meine Wirbelsäule, ging weiter nach unten, bis zu meinen Füßen und breitete sich über Schultern und Nacken aus.

Der Krieger fuhr mit der Klinge die tiefroten Linien in meinem Nacken nach. Ich hielt den Atem an. Die Klinge wanderte weiter zu meinen Schulterblättern. Angespannt schluckte ich, wagte es aber nicht mich zu bewegen. Er würde mich schneiden. Ich wusste es. Doch als der Schnitt kam, war ich dennoch überrascht. Der Schnitt zwischen dem Schulterblatt und der Wirbelsäule war tief und brannte höllisch. Mein Kiefer knirschte, als ich die Zähne zusammen biss, um nicht zu schreien. Als er die Reaktion meines Körpers auf das Silber sah, hielt er erstaunt inne. Er trat wieder vor mich. Sein Gesicht war wutverzerrt als er mich anschrie:

„Was bist du?!"

I want your deathWhere stories live. Discover now