02.

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• Fleurie - Hurricane •

Ich habe gewusst, dass Atlas mich nicht ausstehen kann, aber heute - zum ersten mal seit Jahren - habe ich seinen Hass zu spüren bekommen. Es tat weh, ihn so zu sehen - seine blauen Augen mit Abneigung gefüllt und seine Haltung abweisend. Er konnte mir kaum in die Augen sehen, geschweige denn mit mir reden.

Zugegeben, es war komisch ihm so gegenüber zu stehen, aber im Gegensatz zu ihm, habe ich wenigstens mein Bestes gegeben, um die Situation nicht noch seltsamer zu machen, als sie es ohnehin schon war.

Naja, auf der anderen Seite habe ich auch keinen Grund, wütend auf ihn zu sein, er aber schon. Also ist seine Reaktion damit wohl gerechtfertigt. Oder?

Hör auf, Nora! Hör einfach auf damit, dir so viele Gedanken um ihn zu machen! Es ist vorbei. Atlas und Nora - das ist Geschichte. Es sollte mir egal sein, was er tut oder denkt. Genau, es sollte mir nicht nur egal sein, es ist mir auch egal. Total egal. Schnurzpiepegal. Egaler geht es gar nicht.

Ich habe es geschafft, die Erinnerung an ihn so lange zu verdrängen. Jedes Mal, wenn ich wieder an ihn denken musste, wenn mich irgendetwas an ihn erinnert hat - und das war so ziemlich alles -, habe ich versucht, mich mit anderen Dingen (oder Menschen) abzulenken. Und eigentlich hat das ziemlich gut geklappt. Naja, bis ich ihm halt eben gegenüberstand.

Ich kann nicht glauben, wie sehr er sich verändert hat. Seine Augen sind auf einmal so kalt und hart, ganz anders als früher. Sie waren schon immer so eisig-blau, aber damals wirkten sie trotz ihrer Farbe lebensfroh und freundlich, heute sehe ich nur Misstrauen und Feindseligkeit in ihnen.

Aber es sind nicht nur seine Augen. Er ist so groß geworden und seine Schultern so breit. Es ist, als hätte er in den letzten zwei Jahren einen Wachstumsschub durchlaufen. Wie groß er jetzt wohl ist? Mindestens ein Meter achtzig.

Und trotz der vielen, kleinen Veränderungen - mal abgesehen von seiner neuen Haarfarbe und dem Körperschmuck -, ist er immer noch Atlas. Er ist immer noch der selbe Junge von damals.

»Wieso bist du dieses Mal zu spät gekommen?«, fragt Mila mich, als ich völlig verschwitzt in die Umkleide komme und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

Sie mustert mich neugierig, dabei kann sie sich eigentlich schon denken wieso ich zu spät gekommen bin. Es ist doch sowieso immer der selbe Grund und das weiß sie ganz genau.

Dass sie mich hasst, könnte sie nicht noch deutlicher zum Ausdruck bringen, außer vielleicht mit einem Leuchtschild, das sie auf dem Kopf trägt, mit der Aufschrift: ›Ich hasse Nora Meyer!‹.

»Yashar«, antworte ich bloß knapp, und fange an, mir meine verschwitzen Sportsachen auszuziehen.

Mila wirft Lenja einen Blick zu, was ich weiß, ohne sie ansehen zu müssen.

Die beiden sind sowas wie meine Freunde. Naja, oberflächlich betrachtet. Sie können mich nicht ausstehen, das konnten sie noch nie und das musste ich irgendwann schmerzlichst hinnehmen, aber sie gehören zu Yashars Freunden und ich gehöre nunmal zu Yashar, weshalb ich mit den beiden und eigentlich dem ganzen Rest der Truppe klarkommen muss.

Ich habe irgendwann aufgehört, so zu tun als würde ich sie oder ihre Freundinnen mögen. Der einzige Grund, wieso ich ihr noch nicht an die Gurgel gesprungen bin, ist Yashar. Ihm zuliebe reiße ich mich jeden Tag zusammen und versuche wenigstens neutral zu sein, wenn ich es schon nicht schaffe, nett zu ihnen zu sein.

»Hast du Nowak vorhin gesehen?«

»Du meinst, nachdem er die Strafrunden laufen musste? Ja!« Lenja fängt an zu kichern. »Er sah aus, als würde er jeden Augenblick zusammenklappen! Was für ein Versager!«

Behind Blue Eyes [PAUSIERT]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt