08.

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• Roo Panes - Lullaby Love •

»Das kann ich«, sage ich, lasse ihn los und stelle mich vor ihn hin. »Lass uns von Anfang an beginnen, so tun, als würden wir uns erst jetzt kennenlernen.« Ich halte ihm mit einem breiten Grinsen meine Hand hin. »Hey, ich bin Nora.«

Atlas mustert mich eine Sekunde lang. In seinen Augen sehe ich kurz etwas aufblitzen - Misstrauen oder Skepsis. Er senkt den Blick, starrt meine ausgestreckte Hand an, als würde er überlegen, ob er sie nehmen oder sich einfach umdrehen und gehen sollte. Oder er überlegt wie er mich am schnellsten wieder los wird.

Es vergehen die gefühlt längsten Sekunden meines Lebens, jede Sekunde zieht sich wie ein Kaugummi, bevor er den Blick wieder hebt, mir in die Augen sieht und endlich - endlich endlich endlich - schleicht sich ein leises Lächeln auf seine Lippen. Er nimmt meine Hand. »Hey Nora, ich bin Atlas.«

Der leichte Druck und die Wärme seiner Hand fühlen sich an wie ein enormer Sieg und als er sie schließlich wieder loslässt, fange ich an wie eine Blöde vor mich hinzugrinsen.

»Atlas.« Ich tue so, als wäre ich überrascht. »Ein außergewöhnlicher, aber sehr schöner Name. Woher kommt er?«

Er verdreht die Augen, aber es zuckt um seine Mundwinkel. »Ich muss nach Hause, Nora.«

»Kein Problem. Ich muss auch in die Richtung. Ich wohne auch hier in der Nähe. Siehst du die Straße dahinten? In der wohne ich. Drittes Haus von rechts. Und du, Atlas, wo wohnst du?«

»Das reicht, Nora. Neuanfang, ich hab's schon verstanden.« Und dann, einfach so, legt er seine Hand auf meinen Kopf und wirft mir ein Lächeln von der Seite zu. Mein Herz setzt für eine Sekunde aus, vielleicht auch für zwei oder drei oder für mehrere Stunden, ich weiß es nicht, ich weiß gar nichts mehr. Alles, was ich sehe, ist dieses strahlende Lächeln, das zu diesem strahlenden Jungen gehört, der mir, nach allem was ich getan - oder nicht getan - habe, eine zweite Chance gibt.

Ich ziehe scharf die Luft ein. Zum ersten Mal fällt mir auf, wie sehr ich ihn eigentlich vermisst habe, wie sehr ich seine Berührungen und sein Lachen vermisst habe. Er gehört einfach zu mir. Atlas und Nora, das ist wie Mickey und Minnie Mouse, Pizza mit Knoblauchsoße, Karl Lagerfeld und seine Sonnenbrille - versteht ihr? Einfach unzertrennlich.

Atlas hat sich vielleicht Äußerlich verändert, und vielleicht gibt es inzwischen Dinge, die wir nicht voneinander wissen, aber tief in seinem Herzen steckt immer noch der Atlas, den ich mal geliebt habe. Da bin ich mir ganz sicher.

Ich lächle und schubse ihn sanft zur Seite, als wir langsam nebeneinander herlaufen. »Also, Atlas, was hörst du gerne für Musik? Was ist dein Sternzeichen? Oh, und isst du lieber Pizza oder Döner?«

Natürlich weiß ich, welche Musik er gerne hört, dass er Schütze ist und nichts lieber in sich hineinstopft, als eine leckere Pizza, aber ich weiß genauso gut, was ihn aufregt und das gehört definitiv dazu. Ich ärgere ihn einfach viel zu gerne.

Er verdreht die Augen. »Kann ich meine Antwort von vorhin nochmal überdenken?«

»Nein. Ihre Antwort wurde abgegeben und automatisch in unserer Datenbank gespeichert«, sage ich mit der besten Computerstimme, die ich imitieren kann. Ich tippe mit dem Finger gegen meine Schläfe. »Und was da abgespeichert wurde, kommt auch nie wieder raus. Naja, jedenfalls nichts, was nicht mit Schule zutun hat.« Ich laufe grinsend neben ihm her und obwohl mein Mund schon wehtut vom vielen Grinsen, kann ich einfach nicht aufhören. So glücklich wie in diesem Augenblick war ich schon lange nicht mehr.

»Also schön, hör zu. Ich erzähle dir jetzt alles, was du über mich wissen musst, Atlas«, sage ich und obwohl ich nach vorne schaue, kann ich fast schon vor mir sehen, wie er die Augen verdreht. Wahrscheinlich stellt er sich gerade vor, wie er mir einfach ein Stück Stoff in den Mund steckt und mich in den nächstbesten Gulli wirft, aber das ist mir egal.

Behind Blue Eyes [PAUSIERT]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt