17.

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• Caroline Pennell - Say It In The Silence •

»Hey, ich bin Nora.« Ich lächle und winke einmal unsicher in die Runde, aber niemand beachtet mich so wirklich. Niedergeschlagen lasse ich meine Hand wieder sinken und schmolle vor mich hin.

Nach dem Streit mit Yashar kann ich mich nicht an meinem üblichen Tisch in der Mensa blicken lassen, zumal ich nicht einmal wüsste wieso ich das tun sollte, da mich außer Yashar sowieso niemand aus seiner Clique leiden kann.

Aus diesem Grund stehe ich jetzt etwas unbeholfen vor Atlas' Freunden. Ich weiß nicht, ob diese Leute wirklich seine Freunde sind oder einfach ein paar Mitschüler, mit denen er in der Pause abhängt, denn sie scheinen sich nicht wirklich für uns zu interessieren, als wir ihren Tisch erreichen. Naja, alle bis auf dieses mysteriöse Mädchen mit dem schwarzen Bob. Sie sieht auf und mustert mich geringschätzig, bevor sie Atlas einen finsteren Blick zuwirft. »Was macht die denn hier?«

Wütend balle ich die Hände zu Fäusten.

»Die hatte eigentlich vor, sich mit an den Tisch zu setzten, zu essen und eine freundliche Konversation zu führen«, antworte ich eine Spur bissiger als geplant, bevor Atlas auch nur den Mund aufmachen kann.

Das Mädchen mit dem Waschbär-Make-Up hebt die Brauen und sieht mich an. Sie hat so viele Piercings im Gesicht und an den Ohren, dass ich gar nicht weiß, wo ich hinsehen soll. »Achja, und wieso sollte sie das tun?«

Mein Mund klappt auf. Was für ein Problem hat dieses Mädchen eigentlich? Sie kennt mich nicht und ich sie nicht. Wieso tut sie also so, als hätte ich ihr jemals etwas getan?

»Wieso sollte sie das nicht tun?«, frage ich patzig zurück und verschränke die Arme vor der Brust. So langsam fühle ich mich echt dämlich dabei, über mich in der dritten Person zu reden.

Ich schaue zu den anderen am Tisch, aber keiner von denen nimmt Notiz von uns. Wütend sehe ich wieder das Mädchen an. Der abfällige Blick in ihrem Gesicht trägt nicht gerade zu meiner Beruhigung bei. Ich umgreife das Tablett in meinen Händen fester. »Hör zu, ich weiß echt nicht was dein Problem ist-«

Bevor ich mich erst so richtig aufregen und in Rage reden kann, hält Atlas mich zurück. Er legt seine Hand auf meine Schulter. »Beruhige dich, Nora. Esther zieht dich nur auf.«

Verwirrt blinzle ich und sehe zwischen ihm und dem Waschbär-Mädchen hin und her. »Was?«

»Esther steht drauf, andere Leute zu provozieren. Sie wollte dich nur ein bisschen verarschen.« Ich beobachte Atlas, der das Mädchen - Esther - ansieht und grinst und genau das versetzt mir einen Stich ins Herz. So lächerlich es auch klingen mag, aber, wenn ich könnte, würde ich ihm verbieten jedes andere Mädchen auch nur anzusehen.

Aber natürlich kann ich nicht vermeiden, dass die Mädchen ihn ansehen oder ihm schmachtende Blicke zuwerfen. Atlas ist hübsch, das ist er schon immer gewesen. Selbst als Kind ist er wunderschön gewesen mit seinen großen, blauen Augen, die wie Diamanten gestrahlt haben und den dichten, dunklen Wimpern; mit seiner schmalen, geraden Nase und den vollen Lippen.

Die Erwachsenen konnten es niemals lassen, ihn anzusehen, ihm in die Wange zu kneifen und ihm zu sagen, was für ein hübsches Kind er doch ist. Wenn man als Mädchen so daneben steht und das alles mitbekommt, kann das schon ganz schön am eigenen Ego kratzen. Das könnt ihr mir glauben.

Esther fängt an zu lachen und rutscht rüber. »Kommt, setzt euch.«

Ich setze mich auf den Stuhl ihr gegenüber, wünsche mir aber sofort, ich hätte es nicht getan, denn sie mustert mich ungeniert, während ich versuche zu essen. Es fällt mir schwer zu essen, wenn ich dabei beobachtet werde.

Behind Blue Eyes [PAUSIERT]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt