Hinter den Kulissen

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Sally redete mir ein, dass sie immer für mich da sein würde, auch wenn sie soetwas von Toby niemals erwartet hätte. Ich auch nicht, dachte ich mir. Denn wäre mir eine Wahrsagerin über den Weg gelaufen und hätte mir das provezeit , hätte ich mein Geld zurück verlangt und sie als Betrügerin abgestempelt. "Soll ich heute Nacht hier bleiben?" fragte Sally behutsam, so wie wenn man eine leichtzerbrechliche Vase an einen anderen Platz stellen will. Ich sah von meinen tränengetränkten Händen auf, direkt in ihre tiefblauen Augen in denen sich Mitgefühl spiegelte. Sie reichte mir ein Taschentuch, da ich mit großer Wahrscheinlichkeit aussah wie Dracula in seinen besten Jahren. "Das wäre super lieb." presste ich mit zittriger Stimme herraus. Ich wusste ja nicht wozu Toby noch im Stande war und weil ich ihn ja anscheinend die ganzen Jahre nicht wirklich gekannt hatte, saß die Angst in mir. Da waren sie wieder. Die Masken. War Toby deshalb immer so schweigsam gewesen? Weil so eine tiefe Wut in ihm schlummerte ? War das alles nur Gassade gewesen? Aber das konnte ich mir nicht vorstellen. Er war kein schlechter Mensch! Ich habe immer eine starke Liebe in ihm gespürt, die mich jeder Zeit erfüllt hatte. Dann fiel mir auf, dass ich fast nichts von seiner Vergangenheit wusste, geschweigedenn über seine Familie. Ich kannte seine Schwester. Sie hatte mich damals total nett aufgenommen und wir verstanden uns super. Aber von seinen Eltern wusste ich nichts. Gab es etwa etwas, was ihn so komplett verändert hatte? Aber mir war das alles nicht aufgefallen, nochnichtmal auf die Idee war ich gekommen. Ich sah mir den Brief erneut an und strich mit den Fingern über das knittrige Papier. Es war leicht wellig an ein paar Stellen und einige Wörter waren nurnoch wage zu erkennen. Hatte er etwa geweint als er das geschrieben hat?Da fiel mir auf dass ich ihn noch nie weinen sehen hatte. Es war komisch, dass mir das alles erst jetzt auffiel. Jetzt wo er weg war und wütend. Am meinsten wahrscheinlich auf mich. Sally stand auf und ging in die Küche. "Willst du was essen?" fragte sie fürsorglich. "Eigendlich habe ich keinen Appetit. " sagte ich abwesend. "Komm schon! Du musst doch groß und stark werden." versuchte sie mich zu überreden. Ich gab nach, es würde so oder so nichts bringen. Außerdem konnten mir ein paar Zentimeter an Körperhöhe auch nicht schaden, dachte ich und musste schmunzeln. Ich nahm mir eine Decke vom Stapel und kuschelte mich auf die Couch. Noch ein letztes Mal schaute ich mir den Brief an, verbannte ihn dann aber erstmal in die Tiefen meines Papierkrams.

My ♥ belongs to youWhere stories live. Discover now