Vergissmeinnicht

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Alexander

Einmal im Leben lernt man einen Menschen kennen, bei dem man genau weiss, dass man immer Gefühle für ihn haben wird. Denn sie verweben sich mit deinem Herzen. Sie können keine Maschen ziehen.

Schnell drehe ich mich um. Ich möchte ihm folgen. Doch ich schaff es nicht einen einzigen Schritt zu machen. Magnus steht einige Meter von mir entfernt. Seine Augen sind auf mich gerichtet.

Allerdings war sein Blick verschleiert. Seine Arme hingen schlaff an den Seiten herunter. Es war ein Moment, wo ich nur einen kleinen Teil seiner Verletzlichkeit sah.

Langsam ging ich auf ihn zu. Jede Bewegung schien an ihm vorbei zu gehen. "Magnus?" hauche ich. Wir atmen die selbe schwere Stadtluft ein. Ein zucken was durch ihn hindurch fährt, wie ein Blitz, lässt ihn aufsehen. "Warum verletzt ihr euch selbst?"

"Weil es sonst andere tun. Ich möchte bei euch sein. Das ist so einfach und gleichzeitig kompliziert." Er hebt seinen Blick und trifft so direkt auf meine Augen. "Jedes mal wenn ich an euch gedacht habe, dann war da ein lächeln. Aber mein Herz hat geschmerzt." Ich greife nach seiner Hand. Die Worte die er spricht sind Himmel und Hölle zu gleich.

Ich verstehe ihn, denn mir geht es ähnlich. Aber ich schulde meinen Träumen noch leben. Ich muss ihn kennen lernen, ihn fühlen und ihn verstehen. Ich kann nicht anders. "Ich habe höllische Angst euch zu wollen. Aber hier stehe ich und will euch trotzdem."

Kurz drückt er meine Hand. "Das vergeht, Alexander. Auch wenn es sich vielleicht nicht so anfühlt." Dieses mal ist er es, der mir einen kleinen Handkuss gibt. "Und trotzdem bin ich so egoistisch." Er schüttelt leicht mit dem Kopf. "Versprecht mir was die Blumen, am Wegesrand bevor das Licht seine Schatten wirft, aussagen."

Ich runzle leicht die Stirn. "Wenn ich könnte würde ich euch alles versprechen." Zartsinnig lächelt er. "Macht es gut, Alexander." Er lässt meine, durch ihn angewärmte Hand los. Ich bringe kein Wort mehr über meine Lippen. Sondern schaue ihm einfach nur zu, wie er den Weg allein zurück geht.

Mein Blick ist verklärt als ich meine Hand an meine Nase und gleichzeitig Mund hebe. Ich habe Hoffnung seinen Geruch wieder einzufangen und seine Lippen nochmal zu spüren. Es ist nur ein Hauch, den ich mir einbilde, der mir bis auf die wenigen Erinnerungen übrig bleibt.

Ich laufe nach einer kleinen Ewigkeit los. Halte jedoch an der von Magnus beschriebenen Stelle an. Traurig lächle ich, als ich die hellblauen Vergissmeinnicht sehe. Blau steht für Treue und Sehnsucht. "Niemals Magnus." Als würde es mich ihm näher bringen fahre ich mit meinen Fingerspitzen über eine Blühte.

Allein mit meinen Gedanken gehe ich selbst zurück. Das schönste am träumen ist doch, das Dinge passieren, die sonst verboten sind. Das alles so leicht war.

Wie so oft blieb ich am Jahrtausend Platz stehen. Ich schloss meine Augen und sah unwillkürlich Magnus. Wie ich mit ihm tanzte. Gemeinsam lachten wir und sahen uns ganz ohne Scham an. Die Musik würde ein fröhliches Lied spielen und wir würden uns in der Nacht verlieben. Die Leute würden mit uns zusammen anstoßen. Anstoßen auf Freiheit und das Glück zu haben, lieben zu können.

Stimmen rissen mich aus der Vorstellung, die wahrscheinlich nie Wirklichkeit wird. Aber trotzdem behalte ich sie wie Erinnerungen in meinem Herzen. "Morgenstern soll einen weiteren Schritt in die Richtung alleinige Herrschaft gemacht haben." versuchte die Frau, die mir unbekannt war, so emotionslos wie möglich ihrer Begleiterin mitzuteilen. Ich hörte allerdings die Angst, die man in ganz Idris hören konnte, wenn dieser Name fiel.

Valentine Morgenstern war eigentlich ein unscheinbarer Mann neben dem großen Herrscher Sebastian Verlac. Aber er hatte immer mehr Strafen eingeführt. Jetzt war er wahrscheinlich fast soweit allein zu herrschen. Er war kriegssüchtig. In Alicante wo diese Herren lebten, gab es bereits mehrere Proteste. Die meisten hatten dort ihr Leben gelassen. Denn die beiden waren hart. Auf ein paar Menschen leben kam es da nicht an.

Noch nachdenklicher ging ich weiter. Ich hoffte, das ich zu Hause meine Ruhe bekam. Oder wenigstens etwas Ablenkung.

Als ich vor den Wohnblock, in dem ich wohnte ankam, hörte ich bereits die lauten Stimmen von innen. Neugierig trat ich hinein und lauschte ruhig.

"Was wollt ihr eigentlich hier?" Es war die Stimme von Robert, sie war laut und wütend. "Sollte man seinen Feind nicht auch ab und an besuchen?"

Verwirrt schüttelte ich meinen Kopf. Das war vollkommener Unsinn, was die mir unbekannte Stimme da sagte.

Aber allein an dem Wort 'Feind' wusste ich wer es war. Asmodeus Bane. Diese Feindschaft hat so viel ich wusste bei den Urgroßvätern angefangen, wobei ich nicht wusste was der Auslöser war. Wahrscheinlich wussten die beiden das selber nicht. Es erschien immer, als würden sie Karten spielen und der, der verliert verlangt eine Revanche. Damit geht alles von vorn los. Ihr Leben wäre viel einfacher, wenn sie sich beide ignorierten.

"Jetzt habt ihr uns besucht und könnt jetzt auch wieder gehen." Robert hatte keinen laden Geduldsfaden. Wenn er denn überhaupt einen besitzt. "Wir sehen uns am Stammtisch, Robert Lightwood." Der Boden, der die Schritte abfederte knarrte.

Mr. Bane blieb stehen als er mich sah. Hämisch grinste er, sagte allerdings nichts. "Guten Tag." grüßte ich ihn aus reiner Höflichkeit. Schließlich hatte ich keinen Streit mit ihm. Auch mein Vater trat jetzt in den engen Flur und sah mich dabei kritisch an.

"Warum grüßt du ihn, Alexander Gideon." Ich hielt mich selbst davon ab meine Augen zu verdrehen. "Die Feindschaft oder eher der jahrelange Streit passiert zwischen euch. Ich habe damit nichts zu tun." Aufgebracht wirft Robert die Hände nach oben und lässt sie gleich darauf wieder fallen.

Seitdem ich klein bin, wurde mir immer wieder ein Vortrag gehalten, das ich nicht höflich zu der Familie Bane sein soll. Ich soll sie hassen. Aber wie gesagt, ich hatte meinen eigenen Kopf. Ich wusste nicht warum ich jemanden anfechten soll, den ich nicht mal kenne.

"Euer Sohn ähnelt meinem. Auch er hätte gegrüßt." Fast schon nett lächelte mich jetzt der Mann an, den auch ich erst jetzt näher ansehe. Seine schwarzen Haare sind dicht. Er ist groß und irgendetwas in seinem Gesicht kommt mir bekannt vor.

"Könnt ihr jetzt bitte gehen, ich muss mich mit meinem Sohn unterhalten." Ich trete auf die erste Stufe der Treppe um Mr. Bane Platz zu machen. Aufmunternd klopft er mir auf die Schulter und sagt dann noch. "Sei nicht so streng Robert. Er ist ein hübscher Junge." Damit verlässt er grinsend den Wohnblock.

Ich sehe zu meinem Vater. "Was habe ich dir all die Jahre gesagt. Wir hassen die Familie. Jeden. Die Frau, den Sohn und wer sonst noch zu dieser Plage gehört." Dieses mal verdrehe ich wirklich die Augen. "Wie gesagt, ich kenne diese Familie nicht und wahrscheinlich du auch nicht. Woher nimmst du dir dann das Recht, sie zu hassen."

Noch bevor er etwas erwidern kann, gehe ich die Treppen hoch in mein Zimmer. Mein Vater war schon immer streng. Etwas anderes gehörte sich auch nicht. Aber er verlangte unmögliche Sachen. Ich kenne niemanden den ich wirklich 'hasse'. Mit manchen Menschen harmoniert es einfach nicht und das ist doch auch ok. Doch dann sollte man auch voller stolz seinen eigenen Weg gehen.

Entweder ich mag den Menschen oder er interessiert mich nicht. Man sollte keine Zeit mit etwas so Kräfte zehrendes wie 'Hassen' verbringen.

Das träumen sollte mir diese Nacht besonders schwer fallen.

Vergissmeinnicht [deutsch] - der zarte Frühjahrblüher steht für den Wunsch nicht vergessen zu werden

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