Je suis sans voix

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Alexander

Was ist wenn sie ihm irgendetwas schlimmes antun? Was ist wenn Kieran nie wieder kommt? Oder sie vielleicht mich als nächstes holen? Meine Augen wandern zu Magnus der mir gegenüber sitzt. Ihm darf nichts passieren. Er muss mir erhalten bleiben. Ich brauche ihn in meinem Leben. Nein, eigentlich brauche ich ihn zum Leben. Er ist mein Leben, mein Herzschlag, meine Luft zum atmen, das Blut in meinen Venen, meine Seele und mein limbische System, welches mir ermöglicht zu träumen und ein Teil des Gehirns bildet. Er ist mein Wasser und mein Salz. Er ist mein Ein und Alles.

Wir hatten Mark mit zu Magnus genommen, wo ich uns allen einen Tee gekocht hatte. Erstgenannter hatte die Kraft zu weinen verloren. Stumm saß er da und starrte mit einem leeren Blick auf die dunkelbraune Tischplatte. "Wie ist das passiert? Man hat doch keine Sirenen gehört?" fragte nun Magnus, der die ganze Zeit versuchte ruhig zu bleiben. Doch an dem beben der Unterlippe sah ich das er genau so nervös war wie ich.

"Ich..ich weiß es nicht. Kieran hat in der Bibliothek nach einem Buch gefragt, welches er übersetzen sollte. Wir haben noch so getan das wir uns nicht kennen, als plötzlich diese Männer herein stürmen.." Fest schluckt er. "..Sie haben ihn mit heraus gezehrt." Ich schüttle mit den Kopf. Irgendetwas stimmt hier nicht. "Mark könnte euch irgendjemand gesehen haben?" frage ich vorsichtig. Erschrocken sieht er mich an. Wenigstens reagiert er noch. "Nein, in den letzten Tagen haben wir uns in seine Wohnung versteckt. Wir waren vorsichtig. Niemand hätte etwas merken können. Nur ihr habt es mitbekommen." Es klingt eher wie eine Erkenntnis. Ich erinnere mich an die Blicke, die sie sich zugeworfen haben. "Das liegt auch nur an meiner Menschenkenntnis." versuche ich ihn zu beruhigen.

Magnus lächelt zaghaft mir entgegen bevor er sich wieder an seinen Schützling wendet. "Haben die Männer denn irgendetwas gesagt?" Mark scheint ernsthaft zu überlegen. "Ja.." flüstert er leise, als sei es ihm erst jetzt bewusst geworden. "Zur Aufklärung." Ich runzelte die Stirn. Wurde Kieran überhaupt wegen dieser Beziehung mitgenommen oder steckte etwas ganz anderes dahinter?

"Möchtest du dich erstmal etwas hinlegen?" fragt Magnus dann vorsichtig und deutet dann auf die Couch. Mark schleppt sich ohne etwas zu sagen dort hin und lässt uns damit allein. Hinter sich schließt er noch die Tür.

"Was machen sie nur dort in Alicante mit den Menschen? Bis jetzt ist kaum jemand zurück gekehrt." Natürlich weiß es mein Freund auch nicht genau. Aber vielleicht hat er mehr gehört als ich.

"Sie zerstören Menschen, in dem sie das kaputt machen was sie am meisten lieben. Sei es bei dem Mann die Frau oder bei einer Mutter das Kind. Sie greifen dich nie direkt an. Es ist eher so etwas was du nicht kommen siehst. Bis du alles verloren hast was dir wichtig ist. Diese Menschen ergeben deine Seele, dein Herz und wenn du diese verlierst, dann hast du dich am ende selbst verloren und damit haben sie alles erreicht was sie wollten."

Ich hoffe das es Kieran, in welcher Lage er sich auch befindet, gut geht. Ich sehe auf als Magnus nach meiner Hand greift. "Alexander..." In seinen Augen sehe ich die Angst, die er nicht an die Oberfläche lassen möchte. Genau so wie die Liebe zu mir, die er gar nicht zeigen darf und es trotzdem in diesem Moment für mich sichtbar macht. Ich gebe ihm einen kleinen Ruck und sofort versteht er. Langsam steht Magnus auf und setzt sich dann seitlich auf mein Schoß. "Wir wissen nicht warum sie ihn geholt haben." Er versucht sich selbst zu beruhigen.

Ich lehne meine Stirn an seine und wir beide ließen es gemeinsam zu, das die Stille die Herrschaft übernahm. Nur um einen Moment Frieden zu spüren.

Ich legte meine Hand an seine warme Wange. Kurz sahen wir uns in die Augen bevor wir unsere Lippen zusammen führten. Der Kuss war alles andere als lustverzehrt. Eher ein Versprechen was die Ewigkeit überdauern wird, das diese Liebe leben würde. Egal was passiert. Er war so bittersüß. Es raubte mir den Atem.

"Wir sind alle Menschen, nicht wahr? Jedes menschliche Leben ist das gleiche wert und es wert, gerettet zu werden." hauche ich dann leise. Die Augen immer noch geschlossen. Ich wusste das man niemanden in Alicante einfach so retten konnte, aber ich wollte an diesem Traum fest halten, wo alles so einfach war. "Ja." gab Magnus wieder und verband danach unsere Lippen wieder miteinander.

Und während diese beiden, die Trümmern der Hoffnung überwachten, sah es in Alicante ganz anders aus. Der junge Mann der sonst in der Bibliothek arbeitete und versuchte sein größtes Glück geheim zu halten, kniete mit gefesselten Gliedmaßen vor dem Herrscher. Valentine Morgenstern hatte nichts sympathisches an sich. Seine Glatze glänzte in dem schwachen Licht. Seine Kleidung war komplett schwarz. Nur ein roter Kreis auf der linken Brust zierte das Oberteil was er trug. Seine Beine hatte er überschlagen und grinste hämisch in Kieran's Richtung.

Er wirkte arrogant, siegessicher und dennoch klein. Mit aller Macht versuchte er seine Haltung einzunehmen, in der er nich angreifbar wirkte. Nichts schien darauf hinzudeuten, das er vielleicht für den nächsten Krieg verantwortlich ist. Oft hatte sich der junge Mann gefragt, was in seiner Kindheit vorgefallen war, das man so enden konnte wie Valentine Morgenstern. Er musste selbst so gelitten haben, das er jetzt Spaß daran fand wenn andere litten. Vielleicht wollte er sich auch rächen und suchte jetzt in der kompletten Menschheit seinen schuldigen. Vielleicht war er aber auch nur grausam. Kieran hatte schon fast Mitleid mit diesem Mann, der seine aufgeplatzten und eiterten Narben auf dem Herzen nicht verstecken konnte.

"So so das ist dieser Kieran. Er arbeitet im Betrieb von Mr. John?" Kieran traute sich nicht mal zu nicken. Was hatte sein Chef nur getan? Würde er jemals wieder hier heraus kommen? "Erzählen sie mir etwas über diesen Mann. War irgendetwas auffällig?" Er schüttelte automatisch den Kopf. "Nicht? Das ist ja schade. Und die anderen Übersetzer, fällt da jemand aus der Reihe?" Wieder nur ein Kopfschütteln. Der junge Mann wollte nicht an diese eine Beobachtung denken. "Er hat keine Informationen zu irgendwelchen Straftaten? Sieht das sein kleiner Freund vielleicht anders? Wie hieß er nochmal gleich Markus?" Ihm wurde schlecht. Der kalte Schweiß stand ihm auf der Stirn. "Ach nein es war Mark. Natürlich. Wie dumm von mir. Sollen wir ihn hier her holen lassen? Wir haben ganz tolle Foltermethoden..." Bevor Valentine Morgenstern weiter sprechen konnte unterbrach der junge Mann diesen, nicht bereit das Leben seines Freundes zu opfern.

Je suis sans voix [französisch] - Ich bin sprachlos

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