den Mut sammeln

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Das Haus schien zu atmen. Sobald Ivan über die alten Dielen ging, wirbelte Staub auf. Fasziniert sah er zu, wie die feinen Körner aufstiegen und sich in der Luft verloren.

Von draußen konnte er das Meer hören. Es schlug kräftig gegen die Felsen. Eine schöne Melodie, um einzuschlafen.

Gismo hatte es sich auf der schmalen Wendeltreppe gemütlich gemacht und zupfte gedankenverloren auf seinem Banjo.
Sie waren nun zum zweiten Mal hier und es fühlte sich immer mehr wie eine Heimat an.

Ivan lächelte. Manchmal hatte er das Gefühl, dass Gismo der Einzige war, der ihn verstand.

Aus dem Augenwinkel sah er Roxannes rote Locken. Langsam schritt sie durch den Raum und in diesem Moment schien sie so zerbrechlich wie nie.

Und dennoch war sie wunderschön.

Das würde sie immer sein. Egal, was passierte. Für Ivan war sie alles. Alles was er wollte.

Los.

"Was glaubst du, wie alt sind diese Bilder hier?", fragte Roxanne, als er neben sie trat.

"Ich weiß nicht.", brachte er heraus und hätte sich am Liebsten selbst geohrfeigt.

Sie grinste ihn an, als sie sah, dass er rot wurde. "So still und dennoch hast du so etwas Aussagekräftiges an dir.", sagte sie leise.

Sein Herz pochte wie wild. So nahe war er ihr noch nie.

Roxanne sah ihn erwartungsvoll an.

Jetzt.

"Roxanne... ich...", er stockte. Natürlich stockte er jetzt.

Alle Augen dieser Welt waren auf ihn gerichtet.

Er atmete tief durch.

"Ich liebe dich.", es war nur ein Hauch. Ein winziger Hauch.

Aber er reichte aus, dass Tristan ihn hörte.

Eine Sekunde.
Länge dauerte es nicht, dann spürte er die Faust im Gesicht.

Sein Kiefer knackte gefährlich.

"Tristan!", Roxanne schrie so laut, dass Ivans Ohren dröhnten. Alles verschwamm.

Die Wellen krachten gegen die Felsen.

Schwärze.

Die Hymne der AussteigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt