die Wut sammeln

1.7K 324 21
                                    

Die Wut brannte unaufhörlich in seiner Brust. Wie ein Schatten verfolgte sie ihn auf Schritt und Tritt und so sehr er sich auch bemühte; es gab kein Entkommen.

Schweigend saß er auf dem nassen Dach des Vans und rauchte, während Gismo die Essensvorräte checkte.

"Also wir haben wabbeligen Toast, ein halbes Glas Marmelade, drei zerquetschte Birnen und drei Karotten.", sagte er sichtlich enttäuscht. Viel war es wirklich nicht, aber für den Nachhauseweg würde es allemal reichen, dachte Tristan.

Wortlos begann Roxanne die Toasts zu schmieren. Nach ihrem nächtlichen Gespräch hatten die beiden kein Wort mehr gewechselt.

Aber Tristan war das egal.

Er kletterte vom Van und griff sich eine der Birnen. "Los Gismo, lass uns ein bisschen die Gegend erkunden.", sagte er.

Das Gebiet war größer, als Tristan vermutet hatte. Fabrikhallen und Werkstätte reihten sich einander und es wimmelte von Ungeziefer.

Ratten und tote Tiere.
Es roch widerlich.

Nach einer Weile trafen die beiden auf einen streunenden Hund, der freudig auf die beiden zu lief. Während Tristan ihn angewidert wegschubste, beugte sich Gismo zu ihm herunter und wollte ihn streicheln.

"Finger weg von meinem Hund, Bastard!", knurrte plötzlich eine Stimme. Erschrocken blickten beide einen zerlumpten Mann an, der mit zitternder Hand eine Waffe auf sie hielt.

"Habt ihr Stoff? Her damit!", röchelte er, aber Gismo rühte sich nicht. Der Hund begann zu knurren.

Tristan fixierte den Penner. Er war defintiv high und hatte keine Ahnung, was er da tat.

"Verpiss dich.", sagte er warnend.

"Sonst was?!"

"Sonst prügel ich die Scheiße aus dir raus!", die Funken entzündeten sich. Das Feuer brach aus und Tristan packte den Mann ohne eine weitere Warnung an den Schultern und trat ihn zu Boden.
Immer wieder schlug er zu.

Selbst, als sein Opfer sich nicht mehr zu rühren schien.

Der Hund kläffte wild.

Es roch nach Blut und Tristan war blind.

Blind vor Wut und Schmerz.

Komm schon, sag dass du deine Mami lieb hast, Tristan.

Wütend schrie er auf und trat erneut zu, als Ivan ihn von hinten packte und zurück zog.

Sag es.

"Hör auf!", der Russe hielt ihn fest.

"Ich bin hier noch nicht fertig!", brüllte er Ivan an.
Aber in Roxannes Blick konnte er sehen, dass es genug war.

Keuchend hielt er inne.
Blut und Schweiß tropften auf den Beton.
Es roch nach Alkohol und Erbrochenen.

Tristan war am Ende.
Das alles war zu viel.

Die Hymne der AussteigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt