dem Wahnsinn folgen

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Du hättest auf mich hören sollen.

Das Wasser wurde immer kälter, je tiefer er sank.

Er fühlte sich schwerelos. Weder Zeit, noch der Raum schienen in diesem Moment zu existieren.

Die Finsternis umfing ihn wie eine alte Freundin.

Du hättest ihm von Anfang an die Grenze zeigen müssen, dann hättest du jetzt nicht seine Faust im Gesicht.

Der Vogel klang aufgebracht. Vorwurfsvoll, weil Ivan schwach war. Weil er sich niemals traute, sich gegen Tristan zu stellen.

Oh ja, Ivan schämte sich.

Aber nicht, weil Tristan ihn geschlagen hatte, nein. Er schämte sich, weil Roxanne es gesehen hatte.

Weil sie seine Hilflosigkeit gesehen hatte.

Ihre Stimme hallte durch die Finsternis, das Wasser dämpfte sie, aber Ivan konnte ihre Panik trotzdem hören.

"Ivan!"

Schwächling. Hör doch endlich mal auf mich. Dann würde es deinem Gesicht auch deutlich besser gehen.

Sein Körper bebte unter dem Druck des Wasser und Ivan wünschte sich, dass er endlich ertrank.

Er hielt es nicht mehr aus.

Der Scham, die Wut des Vogels und seine zerrüttete Seele.

Er war bereit zu gehen.

Und der Schmerz ließ nach.

Ivan ließ sich treiben, schwerelos. Und endlich war er sich sicher, das gefunden zu haben, wovon Gismo immer gesprochen hatte.

Frieden.

Er begann zu lächeln, während die Stimme des Vogels verhallte.

Gib auf.

Ivan war frei.

.
.
.

"Ivan, wach auf!"

Sssh, ich bin ja jetzt da.

Die Hymne der AussteigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt