den Druck fühlen

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Roxanne konnte den Druck fühlen. Gnadenlos waren alle Augen auf sie gerichtet, wie die des Volkes, die eine Hexe brennen sehen wollten.

Sie schloss die Augen. Der Kloß in ihrem Hals nahm ihr die Luft zum Atmen. Ihr ganzer verfluchter Körper stellte sich in diesem Moment gegen sie. Es schien so, als hätte sich nun alles gegen sie verschworen.

Sie öffnete ihre Augen. Stolz war ihr Blick, Roxanne hatte nichts zu verbergen. Aber all dieses Schönreden half auch nicht weiter, egal wie sie auf ihren Körper einredete. 

Er würde ihr nicht gehorchen.

Sie hassten ihren Körper dafür, dass er nicht gehorchte.

Sie hasste ihre Lunge dafür, dass sie nicht richtig atmete. 

Und sie hasste sich selbst dafür, dass sie nicht essen konnte.

Der Toast war längst kalt und lag unberührt auf dem bleichen Teller. Nur ein Biss, es war doch so einfach. Menschen stopften sich tagtäglich so viel ungesundes Zeug hinein und sie konnte nicht einmal dieses dumme Stück Brot essen?

Lächerlich.

Es war so lächerlich.

Aber es war schon lange kein Witz mehr, dass Roxanne nur noch aus Haut und Knochen bestand. Wütend fegte sie den Teller vom Tisch. Das Geräusch von splitternden Scherben zerschnitt die Stille.

Da war niemand, der die Scherben aufkehren würde.

Nur sie.

Sie, zusammen mit ihrer inneren Leere und dem Hunger gegen den Rest der Welt.

Nichts weiter. 

Die Hymne der AussteigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt