Grüße von Gracie Stark, die immer noch das Fundbüro für verlorene Nerven sucht

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Das erste Kapitel werfe ich euch jetzt einfach gleich hinterher 😉

Ergänzung aus future me aus 2023: Wow, ist das lang her, dass ich Gracies Geschichte begonnen habe. Ich bin überwältigt, wie viele Leser Iron Kid hat, wie viele tolle Menschen sich von den Büchern begeistern lassen!
Einer dieser tollen Menschen ist Book_W0rm84. Sie hat für Gracie und Scarlett aesthetics erstellt, die ihre Essenzen perfekt einfangen! Danke dir noch einmal!

 Sie hat für Gracie und Scarlett aesthetics erstellt, die ihre Essenzen perfekt einfangen! Danke dir noch einmal!

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***

Grüne Augen.
Menschen mit grünen Augen gelten als kreativ und vertrauenswürdig, als schwer einschätzbar und ausgeglichen – und, das absurdeste, bescheiden.
Ich war gar nichts davon.
Aber grüne Augen hatte ich.
Zusammen mit einer erheblichen Schwäche dafür.

So ziemlich alle, die mir etwas bedeuteten, hatten diese Augenfarbe.
Gut, das waren vielleicht nicht viele, aber sie alle hatten einen unglaublich stechenden Blick drauf.
Ich dachte an die sanftmütigen Seelenspiegel meiner besten Freundin, voller Emotionen und unglaublich verständnisvoll.
Und ich dachte an den stechenden Blick meines Katers, der zwar schrecklich eigensinnig war, aber niemals von meiner Seite weichen würde.
Das würden sie beide nicht.
Ich dachte an Augen, die auf den Grund meiner Seele blicken konnten und mich verstanden.

~Mai 2016

Klick-Klick. Klick-Klick. Klick-Klick.
In einem äußerst nervtötenden Staccato ließ ich die Mine meines Kulis ein- und ausfahren.
Das Geräusch durchbrach die Stille im Klassenzimmer wie ein Kugelhagel – nicht, dass diese Klasse im Normalfall still war, aber gerade schrieben sie die letzte Abiturprüfung dieses Jahres und waren wohl nicht erfreut über die Unterbrechung ihrer Konzentration.

Zwei Reihen vor mir drehte sich ein dunkelhaariger Typ – ich hatte seinen Namen vergessen – genervt um. Ich grinste nur.
Er war einer der Streber, um ein cooles Ansehen bemüht, aber tatsächlich schmierte er den Lehrern nur ständig Honig um's Maul.
Auch mich hatten sie anfangs für einen Streber gehalten – was an der dicken mattblauen Nerdbrille lag – aber das Image hatte ich schnell verloren.
Ich war genauso faul wie intelligent. Und stolz drauf.

„Miss Duncan, wären Sie so freundlich, die Arbeitsphase Ihrer Mitschüler nicht zu unterbrechen? Sie wollen doch den Erfolg Ihrer Kollegen nicht mindern", mahnte jetzt Mrs. Foster, die die Aufsicht hatte. Kurz scannte ich ihre dürre Gestalt – sie war an die sechzig, kleidete sich aber wie siebzehn – und lächelte sanft. „Weder bin ich freundlich noch die Arbeit dieser Idioten erfolgreich."

Versteht mich nicht falsch: Ich mochte Menschen prinzipiell und hatte auch einige gute Freunde, aber die waren eine Stufe unter mir – die Elfte hatte ich kürzlich übersprungen.
Wenn sie von mir verlangten, dass ich mich für Personen engagierte, für die Logik ein Fremdwort war, hatten sie sich geschnitten. Die Direktorin hatte mich für die Prüfungen in die Idiotenklasse gesteckt, weil ich „schwierig im Umgang" und „nicht teamfähig" war. Bitte, das hatte sie davon.
Auch die alte Krähe schluckte trocken und stemmte die Hände in ihre nicht vorhandene Taille. „Sie verhalten sich genau wie das Kind, dessen Aussehen Sie besitzen."
Genervt fuhr ich mir durch meine braunen Locken. Vielleicht war ich sogar für mein Alter ungewöhnlich klein, aber meine Hirnkapazität - und, ich geb's ja zu, das Selbstbewusstsein auch - waren dafür umso größer. „Nur gut, dass Menschen nach ihrer inneren Größe beurteilt werden sollten."
 „Spielen Sie sich hier nicht so auf. Auch Sie gehören nicht zur Weltspitze."

Mein Lächeln wurde schmallippiger. „Das muss ich nicht." Die ‚Weltspitze' hatte einen IQ von 270, da kam ich mit 170 nicht heran. Aber es reichte, um andere für mich denken zu lassen.
Und damit meine ich nicht die Jugendlichen, die hier über ihren Aufgaben schwitzten.

Ich wurde aus meinen abschweifenden Gedanken gerissen, als Mrs. Foster mir das Aufgabenblatt vor der Nase wegschnappte und fauchte: „Dann können Sie ja auch gehen."
Ziel erreicht.

Nein, auch mir war es nicht möglich, ein Physikabitur in zwanzig Minuten zu schreiben.
Wie gesagt, für mich dachten andere.
„Danke, Oscar", lächelte ich jetzt ehrlich, als ich beschwingt über den leeren Schulflur lief.
„Für dich immer, Gracie."
Oscar – oder, ausgesprochen, Organised System: Calculating And Researching – war meine heißgeliebte KI. Durch einen winzigen Chip war er in erwähnte Brille implantiert, deshalb auch die dicken Bügel. Ich hatte ihn mit meiner Uhr und meinem Handy verbunden, so war er immer bei mir. Die nötige Energie lieferte der Arc-Reaktor, der ein Geschenk zu meinem zehnten Geburtstag war. Ja, auch schon bemerkt: Mein Vater war Tony Stark. Auch wenn niemand das wusste; und erst recht niemand wusste, dass ich es wusste.

Aber, seien wir doch mal ehrlich: Der Typ war jeden zweiten Tag in den Abendnachrichten, und der war sehr wohl ein Genie. Und Playboy. Und Milliardär und Philanthrop.
Jedenfalls sollte es für dessen Tochter nicht unmöglich sein, zwei und zwei zusammenzuzählen und seine Identität herauszufinden.

Wir hielten lockeren Telefonkontakt, und es war erstaunlich erheiternd, mit ihm zu diskutieren.
Beliebte Themen waren unsere KIs, Menschen in unseren Umkreisen mit erheblichen Verständnisproblemen und Kultfilme wie Herr der Ringe oder Star Wars. Ich hasste Star Wars.

***

Sowohl in der Gegenwart als auch Zuhause angekommen warf ich meinen Rucksack in die nächste Ecke und schnappte mir einen Joghurt aus dem Kühlschrank.

Seymour, mein schwarzer Kater, strich mir um die Beine und blinzelte mich ruhig aus seinen grünen Augen an. Für die ich übrigens eine furchtbare Schwäche hatte – was theoretisch nicht gut wäre, wenn Seymour einen Bettelblick hätte. Aber er war eine würdevolle Katze. Er bettelte nicht.

Seymour maunzte genervt und tappte voran in mein Wohnzimmer – das  überraschenderweise nicht leer war.
„Scarlett", erkannte ich nach einem kurzen Schock. Meine beste Freundin warf ihre Haare über die Schultern und sah mir entgegen. „Bin ich froh, dass du da bist. Länger hätte ich es mit Scar allein nicht ausgehalten."
Sie nannte meinen Kater generell nur bei diesem Namen, nach dem Bösewicht aus dem König der Löwen – Scarlett war ein wenig abergläubisch und fand es furchtbar gruselig, dass „Scar" niemals schnurrte.
Wenn man es so sah, bestand meine Umwelt aus ziemlich vielen Narben... Oscar, Scarlett und nun auch meine Katze...

„Und, wie lief Physik?"
Ich verdrehte die Augen. „Ich hab's total verhauen. Ich wusste gar nichts."
Sie zog nur die Brauen hoch und gab keinen Kommentar ab.
„Schon klar, dich kann ich nicht täuschen... Ich erwarte volle Punktzahl. Aber furchtbar war es trotzdem – nur Idioten in diesem Kurs!"
Sie lächelte lässig. „Jetzt bist du ja frei – ein Grund zum Feiern. Roxanne schmeißt ab zehn Uhr eine Party, wir sind eingeladen."
Wieder verdrehte ich die Augen – irgendwann würden sie noch so stehen bleiben. „Schon klar, jeder ist eingeladen. Mal schauen... Ich bin momentan nicht in der Stimmung für Menschenmassen."
„Verständlich." Sie warf mir einen mitfühlenden Blick zu, stand aber sofort auf, weil sie wusste, dass ich das nicht abkonnte. „Wenn du mich brauchst, ruf mich an."

Ich zog die Einsamkeit jetzt vor. Es war erst zwei Wochen her, dass meine Mutter gestorben war, und obwohl wir nie das beste Verhältnis hatten, war ich natürlich getroffen.
Krebs. Und Depressionen.
Die Sorgerechtsfrage war noch nicht geklärt – als Vierzehnjährige hatte ich kein sonderlich großes Mitspracherecht. Ja, vierzehn – ich war mit fünfeinhalb bereits eingeschult worden, hatte die dritte, sechste und elfte Klasse übersprungen und – tada! Da wären wir.

***

Anmerkungen? Verbesserungsvorschläge?
Ich freue mich über jegliche Regung 😉

Habt ihr Wünsche zur Kapitellänge und Updategeschwindigkeit? Ich bin da gerade komplett variabel, Corona-frei und so...
Bleibt gesund!

Iron KidWhere stories live. Discover now